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Ríos Montt gerät unter Druck

Fijáte 208 vom 12. April 2000, Artikel 1, Seite 1

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Ríos Montt gerät unter Druck

Der frühere spanische Botschafter in Guatemala, Máximo Cajal y LopezNF versicherte, er freue sich darauf, zu den Geschehnissen während des Brandes der spanischen Botschaft 1980 vor Gericht aussagen zu dürfen. Er sagte, unabhänig davon, wer die Botschaft angezündet habe, stehe fest, dass die Polizei den Befehl hatte, niemanden, auch ihn nicht, lebend herauszulassen.

Zwischenstaatliche Beziehungen gestört?

So wie die Klage Menchú's schon im Dezember eine grosse Polemik, Angriffe und gegenseitige Anschuldigungen im In- und Ausland ausgelöst hatte, geht es jetzt auch weiter: An einem Tag stand in einigen Zeitungen, die guatemaltekische Regierung breche die Zusammenarbeit mit Spanien zur Verbesserung der VGzivilen NationalpolizeiNF ab, anderntags hiess es, die guatemaltekisch-spanische Beziehung sei völlig normal. Der spanische Aussenminister dementierte denn auch die Gerüchte, laut denen die Polizeihilfe Spaniens an Guatemala durch die Klage Rigoberta Menchú's gestoppt werde.

Auch die Wahrscheinlichkeit einer Verhaftung Ríos Montt's in den USA oder in Frankreich ist relativ gering: In den USA haben auch andere guatemaltekische Menschenrechtsverletzer, wie z.B. der ebenfalls angeklagte, ehemalige Innenminister Donaldo Alvarez Ruíz, Unterschlupf gefunden. Und auch wenn Jaques Chirac ein persönlicher Freund Rigobertas ist, wird Frankreich kaum die Rolle übernehmen wollen, die England im Fall Pinochets gespielt hat.

Innerstaatliche Beziehungen gestört!

Die ersten Reaktionen auf den Entscheid des Obersten Spanischen Gerichts deuten in Richtung Polarisierung: Die Anschuldigungen gegen Rigoberta Menchú seitens eines nordamerikanischen Anthropologen, der behauptet, sie habe ihre Lebensgeschichte, durch die sie den Friedensnobelpreis gewonnen hat, erfunden, wurden sofort wieder aufgenommen. Auch sind Anschuldigungen gegen die VGURNGNF bezüglich eigener VGMenschenrechtsverletzungenNF plötzlich wieder ein Thema.

Die aktuelle Situation wird zweifellos zu Meinungsverschiedenheiten und Schlammschlachten innerhalb der guatemaltekischen Gesellschaft führen, speziell zwischen den VerteidigerInnen der Angeschuldigten und den BefürworterInnen der Anklage. Dies wird unweigerlich auch zu Auseinandersetzungen innerhalb der Regierung führen.

Die Pressesprecherin der Regierung, Fernanda Castejón, gab bekannt, dass sich die Regierung nicht in die Angelegenheit einmischen werde. Die Position der Regierung sei es schon immer gewesen, die drei Staatsgewalten (Exekutive, Legislative und Judikative) unabhängig voneinander arbeiten zu lassen, was sie auch in diesem Fall zu tun gedenke.

Der Entscheid des spanischen Gerichts ist ein harter Schlag für die VGRepublikanische Front GuatemalasNF (FRG) und bringt die Regierungspartei in eine schwierige Lage. Einerseits versprach Portillo bei der Amtsübernahme, den Empfehlungen der Wahrheitskommission (CEH) nachzukommen und der Straffreiheit ein Ende zu setzen, andererseits schliesst sich der Kreis um seinen eigenen Parteigänger und Kongresspräsidenten Ríos Montt immer enger. Dessen bisherige AnhängerInnen - unter ihnen der Vizepräsident VGFrancisco ReyesNF und der Aussenminister Gabriel Orellana - werden ihn wohl weiterhin durch dick und dünn verteidigen, wie sie das seit den achtziger Jahren gemacht haben. Der General kann auch auf die Unterstützung des militärischen Flügels der FRG zählen sowie auf die Kader des VGGeheimdienstesNF, der sog. CofradíaNF.

Die VGPartei des Nationalen FortschrittsNF (PAN) forderte die Bildung einer Kommission innerhalb des Kongresses, die abklären soll, ob es Möglichkeiten gibt, Ríos Montt vorübergehend von seinem Amt zu suspendieren. Der Abgeordnete der VGAllianz Neue NationNF (ANN), VGAlfonso Bauer PaizNF, würde zwar eine solche Massnahme begrüssen, glaubt jedoch nicht daran, dass eine solche Kommission überhaupt gebildet werden kann, solange Ríos Montt Kongresspräsident ist.

Wie sich Präsident Portillo selber zur Klage gegen seinen Kollegen stellt, darüber gibt es bisher nur Spekulationen. Es wird jedoch eher daran gezweifelt, dass er sich gegen Ríos Montt stellen wird und deshalb die Polarisierung einmal mehr nach dem klassischen Muster ablaufen wird: Der Staat wird die Angeklagten in Schutz nehmen und von seinen Angestellten Loyalität verlangen. Für lokale PolitikerInnen wird es einfacher sein, die Position "kein Kommentar" einzunehmen. Schwieriger wird es für Leute in diplomatischen Positionen sein, von denen erwartet wird, die Politik der Regierung nach Aussen zu vertreten.

Die Linke

Auch die Linke innerhalb der Regierung ist herausgefordert. Eigentlich mussten sie ja bereits mit einer Anklage Ríos Montt's rechnen, als sie das Angebot VGPortillosNF annahmen, in seiner Regierung mitzumachen. Diejenigen, die aus der Menschenrechtsbewegung kommen und die Militärregimes immer schon kritisiert haben (z.B. VGEdgar GutiérrezNF, ehemals Mitarbeiter des VGErzbischöflichen MenschenrechtsbürosNF (ODHA) und heutiger Sekretär für Spezielle Angelegenheiten, oder VGOtilia Lux de CotíNF, ehemaliges Mitglied der Wahrheitskommission und heutige Kulturministerin) werden in einer schwierigen Situation stecken, wenn es zu einer Anklage Ríos Montt's in Spanien kommt. Es wird die Feuerprobe sein, um herauszufinden, was die linken AnhängerInnen Portillos innerhalb der Regierung erreichen können. Werden sie sich öffentlich für eine Verurteilung des Generals aussprechen, werden sie einen noch schwierigeren Stand innerhalb der Regierung haben. Werden sie sich mit Kommentaren zum Thema zurückhalten, sind die Verrats-Vorwürfe ihrer ehemaligen GenossInnen berechtigt. Ihr einziger bisheriger Kommentar war, dass die internationale Konjunktur die Stellung Ríos Montt's schwäche und den 'Portillisten' Aufwind gebe.

Fazit

Ríos Montt: "Die Diskussion um die Klage Rigobertas gegen mich, wird die guatemaltekische Gesellschaft spalten".

Rigoberta Menchú: "Die guatemaltekische Bevölkerung ist bereits gespalten".


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