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Das Ende der Tortilla?

Fijáte 263 vom 3. Juli 2002, Artikel 1, Seite 1

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Das Ende der Tortilla?

Ein weiteres Projekt von GRUMA in Guatemala, ist die industrielle Tortillaherstellung. Dazu sollen traditionelle "Tortilleras" zusammengeschlossen werden, es sollen ihnen Tortillamaschinen zur Verfügung gestellt und Prozente beim Kauf von Maismehl gewährt werden. Noch sind es vereinzelte Projekte, die bisher erst in der Hauptstadt und grösseren Städten wie VGQuetzaltenangoNF gefruchtet haben, die jedoch längerfristig eine "Revolution" der Tortillaproduktion nach sich ziehen könnten, eine Arbeit, die vorläufig in erster Linie von (Frauen-)Hand gemacht wird.

Die zunehmende Produktion und der zunehmende Verkauf von Maismehl in Guatemala macht auch die BäuerInnen besorgt.

VGJuan TineyNF von der Nationalen Indígena- und BäuerInnenkoordination VGCONICNF erzählt von vielen Tortillerías, die nicht mehr mit der frisch gemahlenen Maismasse (nixtamal) arbeiten, sondern nur noch mit Maismehl. Dies bedeutet, dass die 'kleinen' BäuerInnen ihren Mais nicht mehr an die Tortillerías verkaufen können. Der Rückgang der Absatzmöglichkeiten geht logischerweise mit einer Preissenkung einher.

Laut Tiney wird der von Maseca in Guatemala verarbeitete Mais aus Mexiko importiert oder den VGGrossgrundbesitzernNF an der guatemaltekischen Südküste abgekauft.

Mario Godínez von Ceiba, einer Organisation die mit MaisbäuerInnen in VGChimaltenangoNF arbeitet, erzählt, dass sich Maseca beim Kauf von Mais sehr vorsichtig verhält und meist Zwischenhändler losschickt, um mit den BäuerInnen zu verhandeln. Diese Zwischenhändler suchen dann meist einen ganz bestimmten Maistyp und verschmähen den Mais criollo, der von den BäuerInnen selbst aus den Körnern der letztjährigen Ernte gezogen wurde. Viele ProduzentInnen sind gezwungen, sich dem Diktat des Marktes zu biegen und hybriden Mais anzupflanzen, dessen Körnern 'steril' sind und aus denen keine weitere Ernte gezogen werden kann. Die BäuerInnen sehen sich gezwungen, entweder auf dieses 'Geschäft' einzusteigen oder ihr Land zu verkaufen und sich andere Einnahmequellen zu suchen.

Der Mais hat aufgehört, eine gute Einnahmequelle zu sein und die Region hat aufgehört, für ihren Mais bekannt zu sein.

Die Rückeroberung des Mais

Der Einmarsch der durch die VGGlobalisierungNF bedingten Effekte in die Gemeinden, das Verändern der marktwirtschaftlichen Regeln und die Verdrängung von kleinen ProduzentInnen vom Markt, haben regionale Organisationen dazu getrieben, ein Umdenken zu fordern. Ein Umdenken in der Nahrungsmittel- und Handelspolitik, das einen Schutz und eine Hilfe vorsieht für diejenigen, die gezwungen sind, dieses 'Spiel' mitzumachen, ohne dass sie jemals etwas davon profitieren würden.

Der mexikanische Anthropologe Armando Bartra besteht darauf, dass die Anbau- und Ernährungsmethoden wieder aufgenommen werden, die erwiesenenrmassen am meisten Arbeit und Einkommen für die Landbevölkerung generieren: Die traditionelle BäuerInnenwirtschaft mit Feld, Garten und Hof. Der Anbau von Mais sei kulturell verwurzelt, ausserdem würde er als Nahrungsmittel 70% des Kalorienbedarfs einer Familie decken, auf dem Feld und im Garten könne ein grosser Teil wilder und domestizierter Biodiversität bewahrt werden.

Er sei sich bewusst, dass Mais der Rohstoff für globalisierte Produkte wie Tortilla sei, die heute auch in den USA, Europa, Asien und VGAustralienNF gegessen werde, räumte Bartra ein. Von einer gerechte Entwicklung könne man aber nur sprechen, wenn Strategien entwickelt werden, die einerseits eine drastische Reduktion des Maisimports und anderer Getreide anstrebe und andererseits die bäuerliche Landwirtschaft stärke und erweitere.


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