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Die Sololatéc@s lassen sich nicht kaufen (Teil I)

Fijáte 269 vom 25. Sept. 2002, Artikel 1, Seite 1

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Die Sololatéc@s lassen sich nicht kaufen (Teil I)

Um ehrlich zu sein, ist es ein biss- chen anstrengend. Die Leute sind nicht dazu "erzogen", an der Politik teilzunehmen. Auf der anderen Seite ist Sololá einer der Verwaltungsbezirke, der massiv an den Wahlen teilgenommen hat. Und beinahe wage ich zu behaupten, dass sich die SololatekInnen nicht mehr von den traditionellen Parteien manipulieren lassen.

Früher war es sehr schwierig, dieses Schema aufzubrechen. Aber seit dem vergangenen Jahr wurden die Ladin@s in der Verwaltung durch Indígenas abgelöst, und das erste Mal in der Geschichte haben wir einen indigenen Bürgermeister. Das ist für uns ziemlich positiv, wurden wir doch bislang immer von Ladin@s regiert, die eine Minderheit in der Bevölkerung von Sololá darstellen, der Grossteil hier sind nun einmal Indígenas.

Jedoch war es wirklich schwierig für den jetzigen Bürgermeister, an sein Ziel zu gelangen, und sowohl die Rolle als auch die Verantwortung zu übernehmen. Aber es war natürlich eine Herausforderung, er musste seine Fähigkeiten beweisen und die allgemeine Situation verbessern. Und das hat er tatsächlich geschafft, man kann eine grosse Zufriedenheit wahrnehmen. Ausserdem macht diese Verwaltungsregierung einen ehrlichen Eindruck in Bezug auf die Verwaltung öffentlicher Mittel.

Frage: Das Meinungsforschungsinstitut Vox Latina hat vor einigen Wochen eine Umfrage über die Beliebtheit VGPortillosNF in der Öffentlichkeit durchgeführt (siehe ¡Fijáte! 265). Trifft die allgemeine Ablehnung des Präsidenten durch die Bevölkerung auch auf die SololatekInnen zu?

Alfonso: Auf jeden Fall. Gerade hier gab es eine totale Zurückweisung der FRG. Man ist sich hier sehr klar darüber, dass sich in der jetzigen Regierung viele befinden, die die Menschenrechte verletzt haben, und Sololá ist schliesslich eines der Departements, das ziemlich stark vom bewaffneten Konflikt betroffen war. Und es ist auch eins der Departements, das sowohl die VGZivilpatrouillenNF (PAC) als auch die VGMilitärsNF abgelehnt hat und immer noch ablehnt.

Nach der Unterschreibung der VGFriedensabkommenNF und vor allem des letzten Vertrags über den stabilen und dauerhaften Frieden, wurde die Auflösung der Militärzone Nr.14 erreicht, die sich hier in Sololá befand. In diesem Fall war die Beteiligung gerade der indigenen Bevölkerung in der Zurückweisung der Armee deutlich sichtbar.

Hier hat die FRG eindeutig nicht so gute Karten wie in anderen Verwaltungsbezirken.

Frage: Portillos Antwort auf das Ergebnis der Umfrage war die Behauptung, dass die Bevölkerung auf dem Land durch die Verteilung von Düngemitteln, verbessertem Saatgut, Schulfrühstücken und dem Bau von Strassen befriedigt sei. Wie sieht die Realität hier "auf dem Land" in Sololá mit diesen "Geschenken" aus?

Alfonso: Die Bevölkerung nimmt ganz klar wahr, dass es sich dabei um ein politisches Spiel handelt und sie durch solche Spendenaktionen lediglich für die nächsten Wahlen gekauft werden sollen.

Die Verteilung von Dünger ist spärlich, es kommt nicht das und nicht soviel, wie gebraucht würde. Dabei ist die Situation ziemlich schwierig, wenn man bedenkt, das der Grossteil der SololatekInnen von der Landwirtschaft leben. Zweifellos müssten sie hier richtig viel Dünger hinschicken, um auch nur ansatzweise die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken.

Auch in anderen Bereichen von sogenannten "Projekten" passiert wenig, in den Gemeinden sieht man so gut wie gar nichts davon.

Einzige Ausnahme ist die Strasse von Concepción nach Sololá, die sie derzeit asphaltieren. Aber das ist noch eine Vereinbarung mit der vorherigen Regierung. Das Abkommen bestand darin, dass, wenn die BewohnerInnen der Dörfer an der Wegstrecke der Errichtung einer Haftanstalt in Concepción zustimmten, sie im Gegenzug "ihre asphaltierte Strasse" bekommen würden, die bis dahin lediglich ein Schotterweg war. Dabei war es noch ein harter Kampf, bis endlich mit der Asphaltierung begonnen worden ist. Das letzte, was ich gehört habe ist, dass dennoch gewisse Unzufriedenheit herrscht, denn das jetzt verwendete Material sei Asphalt zweiter Klasse, was nicht den Erwartungen der Bevölkerung entspricht. Die Strasse wird nicht lange halten und schon bald wieder aufbrechen.

Während dessen behauptet die Regierung natürlich stolz, dass sie ihr Versprechen einlöst. Aber die Bevölkerung lässt sich nicht hintergehen. Immer wieder beschweren sie sich, dass die gross angekündigten Projekte nicht ausgeführt und die bestehenden sozialen Fonds nicht in ihrem Sinn angelegt werden. Da ist es natürlich kein Wunder, dass die Regierungspartei deutlich abgelehnt wird.

Frage: Du hast bereits die Friedensabkommen erwähnt. In diesen ist auch die Rede von der Beteiligung der GuatemaltekInnen am politischen Leben. Welche Möglichkeiten gibt es dafür wirklich in Sololá bzw. welche werden von den Menschen angenommen?

Alfonso: Wie in allen anderen Departements gibt es auch hier die sogenannten Mesa de Concertación, eine Art Runder Tisch unter der Leitung der Begleitkommission der Friedensabkommen, an dem alle sozialen Gruppen sowie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen teilnehmen. Wobei ich sagen muss, dass dieser Organismus noch nicht wirklich funktioniert und auch seine Rolle nicht angemessen erfüllt hat. Bislang haben sie nur wenig erreicht. Seit den Friedensverträgen haben sich viele Organisationen aufgelöst, da sie den Sinn ihres Kampfes erreicht zu haben glaubten und ihn damit sozusagen verloren hatten.

Generell leiden in Sololá alle möglichen Regierungsvereinbarungen unter einer Art organisatorischer Krise.

Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass mit dem Runden Tisch im Department einiges möglich ist, wenn vor allem die Leute im Vorstand es schaffen, die Nichterfüllung der Friedenabkommen aufs Tapet zu bringen und sich dafür einzusetzen, dass sich daran etwas ändert. In dem Runden Tisch sehe ich eine mögliche Instanz für diese Aufgabe.

(Fortsetzung im nächsten ¡Fijáte!)


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