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Systematische Ermordung von Maya-Priestern

Fijáte 286 vom 4. Juni 2003, Artikel 3, Seite 3

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Systematische Ermordung von Maya-Priestern

Am 16. Dezember 2002 wurden der 72-jährige Maya-Priester Marcos Sical Perez und seine 71-jährige Frau Marcela im Hof ihres Hauses in Pichec, Rabinal, angegriffen. Sical wurde mit 12 Schüssen ins Gesicht getötet, seine Frau mit fünf Schüssen ins Bein schwer verletzt. Auch Sical arbeitete für ADIVIMA und engagierte sich speziell im Fall des Massakers von Río Negro. Marcela und die Tochter der beiden, die den Überfall beobachtete, erkannten die Täter. Einer von ihnen arbeitet im Nachbardorf für ein privates Sicherheitsunternehmen und durchlief in früheren Jahren die Schule der militärischen Spezialtruppe VGKaibilesNF. Eine Anzeige gegen die beiden Täter konnte erst Ende Januar erstattet werden: die Bezirksanwaltschaft war wegen der Weihnachtsferien geschlossen. Die Männer wurden kurz darauf verhaftet. Eine formale Anklage gab es nie, am 13. März waren sie wieder auf freiem Fuss. Am 9. Oktober 2002 wurde der Maya-Priester, Rechtsanwalt und Mitbegründer der Akademie der Maya-Sprachen, Antonio Pop Caal, entführt und wenige Tage darauf tot aufgefunden (siehe ¡Fijáte! 275). Obwohl die Entführer kein Interesse an Verhandlungen und an einem Lösegeld zeigten, wird das Verbrechen von den Behörden als ,,gemeine Kriminalität" behandelt. Die Familie von Pop Caal und guatemaltekische Menschenrechtsorganisationen sind davon überzeugt, dass es sich um einen politisch motivierten Mord handelt. Am 6. September 2002 wurde in VGJoyabajNF, VGQuichéNF, der spirituelle Führer Manuel Garcia de la Cruz brutal gefoltert und ermordet. De la Cruz hatte sich als Mitglied der Witwenorganisation VGCONAVIGUANF für die Exhumierungen in den Gemeinden Joyabaj und Sacapulas eingesetzt und die Hinterbliebenen spirituell begleitet. In seinem Fall wurde niemand verhaftet, die Untersuchungen seitens der Polizei verlaufen schleppend bis gar nicht. Auch wenn all diese Morde sowie die anderen, hier nicht genannten Fälle von Drohung und Einschüchterung von Maya-Priestern offiziell als Einzelfälle und als ,,gewöhnliche Verbrechen" abgehandelt werden, muss man sie in einem breiteren, historischen Kontext analysieren. Gerade in der Zeit der wieder aufkommenden Ex-PAC, der zunehmenden sozialen Kontrolle und Repression während und wegen der anstehenden Wahlen, darf die politische Dimension dieser Morde nicht übersehen werden. In den vorwiegend von Indígenas bewohnten Departements Quiché, VGChimaltenangoNF und den Verapaces, die während des Krieges extrem unter den verbrecherischen Praktiken des Militärs gelitten haben, spielen spirituelle MayaFührer eine wichtige Rolle im Wiederaufbau- und Versöhnungsprozess. Sie zu ermorden bedeutet ­ auch heute noch ­ bewusst zu versuchen, den Widerstand der indigenen Bevölkerung zu brechen.


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