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"Hier also leiste ich als Frau meinen Beitrag zur Entwicklung meines Volkes..."

Fijáte 330 vom 16. März 2005, Artikel 1, Seite 1

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"Hier also leiste ich als Frau meinen Beitrag zur Entwicklung meines Volkes..."

Wir indigenen Völker sind noch nie konsultiert worden und werden auch nicht informiert. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Bevölkerung und Organisationen versuchen, sich die Informationen selbst zu beschaffen, obwohl dazu eigentlich der Staat verpflichtet ist. Wir haben also herausgefunden, dass es im Land viele Konzessionen für den Abbau von Bergwerkminen gibt, die die Mineralvorkommen völlig ausbeuten und dabei Chemikalien verwenden, die alles Leben auslöschen und die gesamte Natur verschmutzen und zerstören. Aber wir Indígenas leben von der Mutter Natur. Deswegen sind wir empört, traurig, gar wütend, wenn irgendwelche AusländerInnen kommen und sie ausbeuten. Das ist der Grund dafür, dass die BewohnerInnen von Sololá zusammengekommen sind und manifestierten: ,,Wir sind dagegen, dass unsere Mutter Natur zerstört wird." Anfangs hatten wir erfahren, dass ein Zylinder nach VGHuehuetenangoNF transportiert werden sollte, wo angeblich eine Brücke gebaut werden sollte. Es wurde uns nicht gesagt, dass er für den VGMinenabbauNF in VGSan MarcosNF gedacht war. Der Brückenbau hätte uns nicht gestört, aber es sollte die Fussgängerbrücke in Los Encuentros abmontiert werden, weil der Zylinder nicht darunter herpasste. Das führte zum Konflikt. Und die Leute hier sind sehr spontan. Sie sagen: ,,Das ist nicht in Ordnung, wir werden die Aktion aufhalten!" Es gibt niemanden, der ihnen sagt, was sie machen sollen. Die Leute denken selbst nach und analysieren die Situation. Das Resultat war also die Blockierung des Zylinders. Die Bevölkerung erwartete, dass die Regierung uns eine Erklärung geben würde, wenn der Zylinder passierte, warum es Minenlizenzen in Sololá gibt, und egal, ob es sich um die Exploration oder den Abbau handelt, wo diese stattfinden sollten. Aber da kam nichts. Darum sind wir auf den Gouverneur von Sololá zugegangen, um ihn um einen Dialog zu bitten. Wir haben uns mit ihm getroffen und ihm einen Stapel von Petitionen überreicht, die er in Empfang genommen hat. Aber bis heute wissen wir nicht, ob er sie mit zum Präsidenten genommen hat, denn er hat uns keine Informationen mehr zukommen lassen. Am 11. Januar besetzten die Polizei und die Armee die VGPanamericanaNF hier in der Region, was die AnwohnerInnen verwunderte, denn nach den VGFriedensverträgenNF wurde die Zone demilitarisiert und die meisten Militärbasen im ganzen Land aufgelöst. Die jetzige Invasion provozierte Ärger in der Bevölkerung, die hinging, um zu fragen, was da vor sich ginge und warum. Plötzlich wurde geschossen und Tränengas geworfen. Es gab viele Verletzte. Viele sind sogar ernsthaft verletzt worden und ein Mann aus Los Encuentros ist gestorben. (Während bislang stets davon die Rede war, dass dieser Mann aus Neugier auf die Strasse gelaufen und auf dem Rückweg bzw. beim Weglaufen von hinten in den Rücken geschossen worden war, stellt der Bürgermeister von Sololá, Esteban Toc Tzay, der als Vermittler zur Stelle gerufen worden war, die Behauptung auf, er selbst habe aus einiger Entfernung gesehen, dass der Mann bewaffnet gewesen sei und auf die Polizei geschossen hätte. Gleichzeitig belegen VGFernsehbilderNF von der Szene, dass die den Zylinder zu Fuss eskortierenden Polizeikräfte auf dem Streckenabschnitt von Los Encuentros ziellos in die Hänge schossen. die Red.) Die Regierung sagt, dass es an der Bevölkerung selbst gelegen habe. Sie wirft uns nun vor, dass wir VGWaffenNF hätten ­ was nie der Fall war. Wir verfügen überhaupt nicht über das Geld, uns welche zu kaufen ­ und wir brauchen sie ja auch gar nicht, denn wir sind weder PolizistInnen, noch VGMilitärNF, noch Kriminelle. Aus Anlass der Vorkommnisse hat der Herr Gouverneur Klage eingereicht und ganz bestimmte Leute als Verantwortliche aufgeführt, mit Namen, Arbeitsstelle und Verwandtschaftsbeziehungen. Nun, am 11. Februar haben wir uns dann mit dem Vizepräsidenten Stein getroffen. Dem haben wir die ganze Ge-

schichte erzählt. Er hatte jedoch so seine Zweifel, da die Medien die These verbreitet hatten, dass das alles von uns geplant gewesen sei. Zudem meinte er, dass er hinsichtlich der Anklagen nichts machen könne, da die verantwortliche Instanz unabhängig sei und die Staatsanwaltschaft und das Innenministerium den Rechtsermittlungen folgen würden. Hinsichtlich der Minenlizenzen teilte uns der Vizepräsident mit, dass eine Konzession bereits zurückgezogen wurde, während die andere mit Namen Palästina in der Gegend von Santa Clara la Laguna, San Juan und San Pedro, noch besteht. Beide liegen im Departement Sololá. Frage: Welches ist denn der Stand der Dinge in Bezug auf die Anzeigen gegen Sie und ihre KollegInnen? D. V.: Diesbezüglich ist uns nichts Neues bekannt. Die Staatsanwaltschaft rührt sich nicht und informiert uns auch nicht, ob der Fall weiterverfolgt wird. Aber allem Anschein nach hat der Gouverneur keine Beweise, die er vorlegen könnte. Er lässt sich nicht blicken und geht auch nicht ans Telefon, wenn wir ihn anrufen. Frage: Waren Sie denn überhaupt am 11. Januar persönlich am ,,Ort den Geschehens"? D. V.: Nun, ich war auf dem Weg zu meiner Schule und musste da vorbei. Und just sehe ich mich der Polizei gegenüber. Ein paar BewohnerInnen klärten mich über den Vorfall auf und fragten, was zu tun wäre. Aber man konnte nichts machen. Es war keine Autorität zugegen und niemand, mit dem wir hätten reden können. Ich habe mich dann zurückgezogen, ich war so empört und bin zur Indigenen Bürgermeisterei gekommen. Aber es waren viele Personen vor Ort, die die Geschehnisse verfolgten. Laut Angaben des Menschenrechtsprokurats (PDH) waren 2´050 PolizistInnen und 300 Militärs im Einsatz. Das war so ein grosser Zylinder! Unglaublich! Vielen Dank für das Gespräch!


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