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Die Laguna del Tigre und ihre Erdölschätze - Verlängerung des Erdölabbauvertrages mit der französischen Firma Perenco

Fijáte 465 vom 28. Juli 2010, Artikel 1, Seite 1

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Die Laguna del Tigre und ihre Erdölschätze - Verlängerung des Erdölabbauvertrages mit der französischen Firma Perenco

Alles zusammen betrachtet, ist eine Vertragsverlängerung mit Perenco nicht unbedingt eine Investition, die den Staat wirtschaftlich begünstigt. Auch geht aus technischen Studien vom MEM hervor, dass die Ölreserven schrumpfen und damit die Produktion zwangsläufig zurückgehen wird, gemäss Angaben des MEM von 3,3 Millionen Tonnen 2010 auf schätzungsweise 1,4 Millionen Tonnen im Jahr 2015.

Die BefürworterInnen

Das MEM, die Firma Perenco, der UnternehmerInnenverband VGCACIF, die Stiftung für Entwicklung (FUNDESA) und einige KolumnenschreiberInnen der Zeitschriften VGSiglo Veintiuno und VGelPeriódico unterstreichen den wirtschaftlichen Aspekt des Vertrages und bezeichnen die "Invasionen" von DorfbewohnerInnen, deren Land- und Viehwirtschaft sowie Waldbrände als Hauptgrund für die Zerstörung des Naturparks Laguna del Tigre. Die Ansiedlung von Gemeinden im Rahmen der Installation der Erdölfabrik wurde in den 90er Jahren als eine Strategie von Basic aufgezeigt, die dazu diente, ihre Aktivitäten in dem Gebiet weiterzuführen und auszubauen. Heute werden die Ansiedlungen als Sündenbock für die Verschmutzung des Laguna del Tigre genutzt, und zwar von eben denen, die den Vertrag verlängern wollen und ohne dabei die Verantwortung anzuerkennen, die sie in diesem Ansiedlungsprozess tragen. Die heutige Strategie ist Bedrohungen von und Druck auf die Gemeinden und auf soziale AnführerInnen, die sich gegen eine Vertragsverlängerung aussprechen.

Auch Präsident Colom hat ähnliche Argumente bei verschiedenen Anlässen benutzt. Da der Zustand der Laguna del Tigre eh schon schlecht sei, könne der Erdölabbau ja auch weitergehen und sogar noch ausgebaut werden, und zwar in Gebieten, die gemäss der Umweltgesetzgebung nicht nutzbar seien.

Die GegenerInnen

Klar äusserten sich gegen eine Verlängerung des Vertrages der CONAP und das MARN sowie die Umweltorganisatioenen und geben u. a. folgende Gründe an:

  • Das Gesetz FONPRETOL verstösst gegen die Verfassung, besonders gegen das Nichtrückwirkungsprinzip. Verträge könnten zwar verlängert werden, aber diese müssten nach dem Inkrafttreten von FONPETROL unterschrieben worden sein. Im Fall von 2-85 und den Ölfeldern Xan bedeutet dies, dass eine neue Ausschreibung vorgenommen und ein neuer Vertrag unterschrieben werden müsste, was aber die Unweltgesetze nicht zulassen, da Erdöl in der Laguna del Tigre nicht abgebaut werden darf. Mit FENPETROL wurde hier eine Möglichkeit geschaffen, die nationale Gesetzgebung zu umgehen.
  • Die Laguna del Tigre ist eines des wichtigsten Wasserreservoirs Guatemalas. Es besitzt unzählige Flüsse und Lagunen, die netzartig miteinander verbunden sind. Da es ein Gebiet beschränkten Zugangs ist, existieren dort noch immer vom Aussterben bedrohte Tierarten. Guatemala hat die Ramser Konvention ratifiziert, ein internationales Abkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für VGWasserNF- und Watvögel. Die Laguna del Tigre gehört zu den sieben guatemaltekischen Gebieten, die von der Konvention registriert wurden.
  • Die VGFreihandelsabkommen mit den USA (DR-CAFTA) sagen aus, dass es unzulässig ist, den Handel auszubauen, wenn dabei staatlich anerkannte Naturschutzgebieten zu Schaden kommen.


Am 7. Juli 2010 wurde laut VGPrensa Libre Anzeige gegen den Ex-Exekutivsekretär der CONAP Sergio Enrique Véliz Rizzo gestellt. Dieser hat angeblich eine Studie über die Laguna del Tigre aus dem Jahr 2007 verfälscht und so dargestellt, dass der Erdölabbau nicht als Bedrohung für die Biosphäre Maya gesehen werden konnte, obwohl zwei Jahre Feldforschung genau diese Schlussfolgerung zogen. Gemäss der ursprünglichen Aussagen der Studie sind die Folgen des Erdölabbaus Umweltverschmutzung, Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten, Abholzung. Der Vertrag mit Perenco umfasst insgesamt 9,9 Hektaren, von denen sich ein Drittel im Biotop Laguna del Tigre-Río Escondido befindet, der Kernzone der Laguna del Tigre. Ebenso liegt ein Drittel der

Erdölquellen in dieser Zone. Die neuen Quellen sollen ebenfalls im Biotop gebohrt werden, was per Gesetz komplett illegal ist. Wenn diese Quellen aber nicht geschaffen werden, kann man davon ausgehen, dass die angeblich wirtschaftlich rentable Produktion für den Staat doch nicht so gewinnbringend sein wird. Auch muss man die Kosten betrachten, die entstehen, um verursachte Umweltschäden zu beheben. Die Vertragsverlängerung wäre also wirtschaftlich gesehen ein Verlustgeschäft für Guatemala.

Das Dilemma der Regierung

Die Regierung befindet sich im Dilemma, ihren Energieplan zu erfüllen. Dieser sieht vor, 200.000 Tonnen Erdöl täglich bis zum Jahr 2022 abzubauen. Neben der Laguna del Tigre existieren 12 weitere Anfragen für Abbaulizenzen, deren Autorisierungen notwendig sind, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Perenco hatte allerdings schon gedroht, seine Investitionen abzuziehen, wenn die Regierung nun 'Nein' zur Vertragsverlängerung gesagt hätte. Der Rückzug der Investitionen würde ebenso die anderen geplanten Projekte beeinflussen.

Des weiteren steckt das Land in einer finanziell schwierigen Situation. Den Vertrag nicht zu verlängern, hätte bedeutet, eine Einkommensquelle zu schliessen. Auch politisch werden Folgen zu spüren sein. So musste Colom mit den Reaktionen verschiedener Personen rechnen, wie z. B. der Ex-Teilhaber von Basic aus den 90er Jahren, die 2001, als Perenco das Unternehmen übernahm, entlassen wurden. Diese stellten sich gegen eine Verlängerung in der Hoffnung, bei Nichtverlängerung dann ihrerseits mit eigenen Plänen zum Zuge zu kommen. So existieren z. B. Gerüchte, dass Mitglieder der Familie des Ex-Präsidenten Berger Teilhaber von Basic waren.

So gesehen war es wohl keine leichte Entscheidung für den Präsidenten - aber sicher eine gegen die Umwelt und den Umweltschutz.


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