Hijóle, die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Information: Wahrheit, Geschäfte oder Sensationslust
Fijáte 459 vom 28. April 2010, Artikel 4, Seite 5
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Hijóle, die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Information: Wahrheit, Geschäfte oder Sensationslust
Es heisst, dass wir in einer Epoche der perfekten Kommunikation leben. Die Gründe aber, die dafür vorgebracht werden, stützen sich auf den technologischen Fortschritt und versteckte Rhetorik. In Wirklichkeit sind die Massenmedien kapitalistische Firmen, deren reelles und einziges Ziel der Gewinn ist. Ausserdem funktionieren sie aufgrund zweier geheimer Pakte: Den ersten haben sie mit den inserierenden Firmen, die gut bezahlen, und den zweiten mit der breiten Masse, die nicht nur die Nachrichten, sondern auch die Produkte, welche die Inserenten anbieten, kauft. Nun haben diese beiden Partner, InserentInnen und Öffentlichkeit, ihre Interessen und Geschmäcker. Die Firmen sind daran interessiert, sich im sozialen Medium zu verankern, um ihre Produkte zu verkaufen, an Naturrohstoffvorkommen heranzukommen oder an Arbeitskräfte. Der breiten Masse gefällt es mehr, ihre Neugier zu befriedigen, als Wahrheiten zu entdecken. Sie zieht es vor, Nachrichten in kleinen Schlücken zu schlürfen, von der häuslichen Bequemlichkeit aus (Nachrichten, welche die Medien mit erotischen Bildern anreichert), als von den Dornen der Wirklichkeit gestochen zu werden. Schon Noam Chomsky sagte, dass in dem kapitalistischen Handel mit der Information die InserentInnen eine unumstrittene Macht besitzen aus dem einfachen Grund, weil sie zahlen. Sie haben nicht nur die Macht zu bestimmen, was die Medien sagen oder verheimlichen, sondern auch wie etwas gesagt wird: in welchen Zeiträumen und Kontexten, mit welchen Bildern, mit welchen Adjektiven, mit welcher ideologischen Orientierung und mit welchem emotionellen Ton. Das mit der emotionellen Natur der Nachrichten ist nicht ohne Bedeutung. Wir Menschen sehen die Dinge immer im Zusammenhang mit Gefühlen und nicht bloss mit Vernunft. Ausserdem neigen wir dazu, einige Gefühle zu schätzen und andere abzulehnen, gewisse Emotionen sind nur schwer zu ertragen. Der Krieg gegen aufständische Gruppen und Guerilla ist ein gutes Beispiel: Wir ertragen die fürchterlich schmerzhaften Szenen nicht lange, wir müssen auf andere Themen und Bilder wechseln. Dies zum Teil deshalb, weil wir nichts tun können, um zu verhindern, was wir uns anschauen. Es existieren andere, nicht so starke Gefühle, die wir ebenso ablehnen; es sind jene, welche unser privates Leben durcheinander bringen (unser Geld, unsere Arbeit, unser Heim, unsere Gesundheit, unser Leben und das unserer Liebsten). Wir lieben diese konservativen Emotionen, auch wenn dies bedeutet, dass wir uns von Zeit zu Zeit schuldig fühlen: Wir Eltern sind daran schuld, dass es Jugendbanden gibt ... Es ist bekannt, dass die Marketingexperten für diese Schuldgefühle ihre Heilmittel haben, die sie uns periodisch auftischen. Man betrachte die dominierenden Reden während der Weihnachtszeit oder zu Ostern: Wir sind schuldig, ja, aber wir sind auch grosszügig (Weihnachten); oder: Jesus, der für unsere Sünden starb, wird uns immer vergeben (Ostern) - dies als Beispiele um nicht andere Möglichkeiten der Heilung zu nennen wie Hungersnöte, Trockenzeiten, Überflutungen, Hurrikans ... - Zeiten, in denen wir dazu eingeladen sind, unser Selbstwertgefühl durch Grosszügigkeit zu verbessern. Wir, die Öffentlichkeit, lieben diese Emotionen mit allem, was dazu gehört, inklusive Masochismus, damit wir uns nicht mit jenen anderen furchterregenden Gefühlen, die unser Leben destabilisieren, auseinander setzen müssen. Es kommt auch vor, dass diese Gefühle nicht nur unbequem sind, sondern zu Widerstand führen, der sich hauptsächlich gegen bekannte Persönlichkeiten, hohe BeamtInnen und Institutionen richtet, welche die wirklichen, entsetzlichen Verbrechen von grosser Reichweite begehen. In unserer Welt könnten wir auf der Stelle monströse und wirklich grauenhafte Szenarien aufzählen, die mit dem Waffenhandel, der Vorgehensweise der grossen Erdöl-, Lebensmittel- und Pharmaindustrien zu tun haben, mit der Drogenpolitik ... Eine Frage als Beispiel: Das Attentat auf die Twin Towers, den Tower Seven und das Pentagon lösten sofort wilde Spekulationen aus (kontrollierte Zerstörung durch die Substanz Nanothermit zu militärischen Zwecken? Was geschah mit dem Flugzeug, das, wie berichtet wurde, auf das Pentagon stürzte?). Trotzdem scheint es, dass die Medien versuchten, die Verdächtigungen nicht an die Oberfläche dringen zu lassen, indem ständig die gleichen, unschönen Bilder wiederholt wurden. Und letztendlich, welche wirkliche Information haben die Leute zu diesem Fall bekommen? Oder eine andere Frage: Vor und nach dem Erdbeben in Haiti wurden von der US-Armee verdächtige Aktivitäten durchgeführt. Die Präsidenten von Venezuela und Russland schreiben diesen Kataklysmus gar einer militärischen Aktion der USA und deren zivilen und militärischen Forschungsprogramm High Frequency Active Auroral Research Program (HAARP) zu. Es erschienen wissenschaftliche Berichte im Internet, die die US-amerikanische Fähigkeit beschreiben, elektromagnetische Wellen von Millionen von Watt gegen die Ionosphäre zu leiten mit dem Ziel, Resonanzen in bestimmten, tiefen Erdschichten zu provozieren, die in gezielten Regionen liegen und Erdbeben hervorrufen. Ist dies nur eine weitere unbedeutende Angelegenheit? Wieso fordert die Öffentlichkeit keine Aufklärung? Ist es vielleicht, weil sie es gar nicht wissen will? Nach oben |
Und in Guatemala, wieso erzählen die Medien so farbenprächtig von der sogenannten allgemeinen Gewalt, tun dies aber nicht mit der repressiven Gewalt durch den Staat und die - noch dazu ausländischen - Firmen? Was hat man in den Medien von den 29 Aggressionen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen (UnweltschützerInnen, BäuerInnen, Frauenrechtlerinnen), die im Januar und Februar begangen wurden, gehört? Sprachen die Medien davon, dass die Firma OLMECA sich ein riesiges Gebiet in Sayaxché (Petén) angeeignet hat und dabei vierzig Gemeinden vertrieben wurden? Warum machte das Journalistengremium nicht den Krach des Jahres, als elf JournalistInnen in El Petén bedroht wurden, nachdem sie Nachrichten zu Straflosigkeit, Ressourcenverschmutzung und Drogenhandel veröffentlichten? (Oder gibt es die Interamerikanische Pressevereinigung SIP nur, um Kampagnen gegen Chávez und Castro auf Anordnung der CIA zu veranstalten?) Was und wie informierten die Medien über die mehr als zwanzig ermordeten BäuerInnen in El Estor, hervorgerufen durch die Konflikte mit der Guatemaltekischen Nickel Firma (CGN) und jenen Firmen, die Ölpalme anbauen? Inwieweit wurden die Forderungen der ExpertInnen der Internationalen Arbeitsorganisation an die Öffentlichkeit getragen, welche die Niederlegung der Bergbauaktivität der Mine Marlin in San Marcos und der Zementfabrik in San Juan Sacatepéquez verlangen? Welche Bedeutung gab die Presse dem Beschluss des Verfassungsgerichtes vom Dezember 2009, der die Volksabstimmungen, die in diesen beiden Regionen durchgeführt wurden, als bindend erklärte und den Präsidenten dazu aufforderte, dies zu respektieren und das Recht auf Consulta, anerkannt durch internationale Instrumente, durchzusetzen? Es ist offensichtlich, dass das Gesetz über den Zugang zu Information von oben nicht gemocht wird. Aber auch die Massenmedien, die diese Informationen sehr gut veröffentlichen könnten, haben Verpflichtungen zu erfüllen, einerseits mit den Aktionären und Inserenten, andererseits mit der breiten Masse, die kauft. Und die breite Masse bevorzugt, leider, weiterhin die Sensationen vor dem Widerstand. |
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