Aufruhr in verschiedenen Gefängnissen
Fijáte 190 vom 28. Juli 1999, Artikel 8, Seite 5
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Aufruhr in verschiedenen Gefängnissen
Guatemala, 15. Juli. Vier Insassen des Hochsicherheitsgefängnisses von Esquintla wurden innerhalb des Gefängnissen ermordet. Die vier gehörten einer Gruppe von insgesamt 99 Häftlingen an, die vor kurzem in dieses Gefängnis verlegt worden sind. An ihren Körpern wurden Folterspuren und Messerstiche festgestellt. Die vier Häftlinge wurden ins Sicherheitsgefängnis "Canada" nach Esquintla verlegt, nachdem sie am Mord von zwei weiteren Gefangenen in einem Gefängnis in der Hauptstadt für schuldig erklärt und (zusätzlich zu ihren sonstigen Strafen) zu weiteren 33 Jahren verurteilt worden sind. Die Angehörigen der 99 verlegten Häftlinge protestierten vor dem höchsten Gerichtshof gegen die Haftbedingungen in den Gefängnissen und machten die Behörden ausserdem verantwortlich für den Tod eines weiteren Insassen, der mangels medizinischer Betreuung starb. Der Anwalt der Angehörigen, Mario Menchú, kritisierte weiter, die Haftanstalten verfügten nicht über die nötige Infrastruktur, um die Bedürfnisse der Insassen abzudecken. Laut Fernando Solís des Zentralamerikanischen Institutes für Politische Studien (INCEP), werden die Gefängnisse von mafiaähnlichen Gruppen kontrolliert. Ebenso könne der Mord an den vier Häftlingen aber auch die Folge von einer "sozialen Säuberung " sein, an der die Mafia, die Behörden selber oder beide beteiligt waren. Die Tatsache, dass die vier in sog. sicheren Zellen waren, lässt auf eine Mitbeteiligung der Behörden schliessen. Im Falle der Mafia wäre es eher das Resultat einer internen Auseinandersetzung. Unabhängig davon, welche der beiden Varianten zutrifft, weist das Strafsystem laut Solís gravierende Mängel auf, angefangen bei der angekündigten, offenen Wahl der KandidatInnen für ein RichterInnenamt. Dies zu versprechen sei reine Wahlpropaganda, schlussendlich sei es der Kongress, der diese Posten verteile. Einen Tag zuvor gab es einen Aufstand unter den Häftlingen des Gefängnisses in Cobán. Rund 200 Insassen protestierten gegen den neuen Direktor der Anstalt und forderten eine Beschleunigung ihrer Verhandlungen. Viele von ihnen sässen schon über fünf Jahre in Haft, ohne dass ihnen jemals der Prozess gemacht worden sei. Nach oben |
Laut einer Studie aus dem Jahr 1996 gehören 60% der Insassen der guatemaltekischen Gefängnisse der ärmsten Bevölkerungsschicht an. 30% hat die Primarschule nicht beendet und 25% kann weder lesen noch schreiben. 85% ist unter vierzig Jahre alt. In diesem Zusammenhang spricht die Studie von einer "Kriminalisierung der Armut", die unbedingt bekämpft werden müsse. |
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