Die Schulreform, eine schwierige Aufgabe
Fijáte 190 vom 28. Juli 1999, Artikel 1, Seite 1
Original-PDF 190 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte
Die Schulreform, eine schwierige Aufgabe
Der eingereichte Entwurf einer Schulreform ist das Ergebnis der Arbeit eines Ausschusses, in dem 44 soziale Organisationen vertreten sind. Jetzt wurde der Vorschlag der Beratenden Kommission vorgelegt, welche ihm Rechtsgültigkeit verleihen soll. Doch in der Beratenden Kommission gehen die Meinungen über den Vorschlag auseinander. Der folgende, leicht gekürzte Artikel ist am 18. Juni in INFORPRESS erschienen. Aufgrund der Friedensabkommen über die "Identität und Rechte der Indigenen Bevölkerung" und über "sozioökonomische Aspekte und Agrarsituation" wurden zwei Kommissionen damit beauftragt, an einer Schulreform zu arbeiten: Die Paritätische Kommission für eine Schulreform (COPARE), deren Aufgabe es war, den Entwurf auszuarbeiten, und die Beratende Kommission für eine Schulreform (CCRE), deren Aufgabe es ist, die Umsetzung des Vorschlages in einen Nationalen Erziehungsplan und dessen Durchführung zu garantieren. Insgesamt erhielt die Beratende Kommission 44 verschiedene Vorschläge über eine Schulreform, eingereicht von Organisationen des Zivilen Sektors. Daraus hat COPARE einen einzigen Entwurf erarbeitet und ihn der CCRE zur Annahme und Umsetzung vorgelegt. In der CCRE (Beratende Kommission) sitzen 33 Personen, VertreterInnen u.a. der Mayabevölkerung, der Akademie der Mayasprachen, der entwurzelten Bevölkerung, der Vereinigung der Privatschulen, der Bischofskonferenz, der Universitäten, der Handelskammer (CACIF), der Evangelischen Allianz Guatemalas und des Erziehungsministeriums. Am 11. Juni hielt die Koordination der Maya-Organisationen Guatemalas (COPMAGUA) die IV. Versammlung der Ständigen Nationalen Kommission für eine Schulreform (CNPRE) ab. Für die CNPRE ist das wichtigste am eingereichten Vorschlag die "Anerkennung Guatemalas als ein verschiedenethnisches, mehrsprachiges und kulturell vielfältiges Land. Die Annahme des Entwurfs führt zu einem neuen Erziehungsgesetz, der Einsetzung von Erziehungsräten, was eine wichtige Möglichkeit sozialer Beteiligung ist, sowohl auf lokaler, regionaler, wie auch nationaler Ebene." Eine Schwachstelle des Entwurfs für eine Schulreform ist die Möglichkeit der verschiedenen politischen und strategischen Auslegung. Die staatlichen Behörden weisen darauf hin, dass das "Prinzip der Solidarität und Unterstützung" nicht die Privatisierung der Erziehung zum Ziel habe. Verschiedene FührerInnen indigener Organisationen ziehen das jedoch in Zweifel. Während der IV. Versammlung der CNPRE, kritisierten einige Mitglieder, dass im Entwurf verschiedene wichtige Begriffe, wie z.B. Selbstverwaltung, Dezentralisierung, Modernisierung, Unterstützung, nicht genau definiert werden. Andere befürchten, dass die Verantwortung des Staates, die Erziehung zu finanzieren, an die Gemeinden delegiert wird. (Zitat aus dem Vorschlag für eine Schulreform: ...Die Gemeinden verpflichten sich, einen höheren Beitrag "jeglicher Art", zur Unterstützung des Erziehungswesens zu leisten. Der Vorschlag tendiert in Richtung einer Institutionalisierung der Erziehung, die offen ist für die soziale Beteiligung.) Die TeilnehmerInnen der Versammlung der CNPRE argumentieren, dass unter Selbstverwaltung "die Mitsprache der Bevölkerung in schulischen Belangen, jedoch niemals die Eigenfinanzierung oder Mitfinanzierung der Schulen verstanden werden soll." Der Kernpunkt der Diskussion innerhalb der Beratenden Kommission besteht darin, die verfassungsmässige Verpflichtung des Staates herauszustreichen,die darin besteht, der ganzen Bevölkerung Zugang zum Schulunterricht zu ermöglichen, die Schulgesetze zu erneuern, ein akademisches Studium für Lehrberufe zu schaffen, sowie eine einheitliche Erziehungspolitik für öffentliche und private Schulen zu definieren. Und ebenso, die Arbeitsrechte der LehrerInnen, die kommunale, demokratische Mitsprache und die Respektierung der kulturellen Verschiedenheit zu garantieren. Laut einigen VertreterInnen der Beratenden Kommission haben die staatlichen Behörden nicht die Absicht, dem Reformentwurf der Paritätischen Kommission Rechtsgültigkeit zu verleihen. Vielmehr wollten sie direkt zur Ausarbeitung eines "Nationalen Erziehungsplans" übergehen. "Die subtile Absicht der Behörden ist es, den nationalen Erziehungsplan an Stelle der Schulreform zu implementieren. Ursprünglich hiess es, dieser Plan umfasse vier Jahre, jetzt ist schon von zwanzig Jahren die Rede," meinte ein Vertreter der Beratenden Kommission. Ebenso habe die Wahlkampagne einen Einfluss auf die Arbeit aller Paritätischen Kommissionen. Ende November sei der Auftrag der Beratenden Kommission zu Ende, deshalb sei es wichtig, vorher ein weiteres Vorgehen für die Schulreform festzulegen. Nach oben |
Obwohl der Entwurf nicht mit der Unterstützung aller indigenen VertreterInnen innerhalb der Beratenden Kommission rechnen kann und die staatlichen Erziehungsbehörden damit argumentieren, dass kein Geld für die Umsetzung zur Verfügung stehe, besteht COPMAGUA auf eine Umsetzung des Entwurfs. So haben sie eine Umfrage vorgelegt, aus der hervorgeht, dass 88 Gemeinden bereit sind, den Vorschlag umzusetzen. Dazu wäre eine Summe von ca. 1 Million Quetzales nötig. Laut Francisco Cabrera, Vertreter der CNPRE innerhalb der Beratenden Kommission ist es nicht angebracht, dass die sozialen Organisationen die Umsetzung der Schulreform durchführen und finanzieren. Damit würde dem Erziehungsministerium die Verantwortung abgenommen und der Schulreform die Rechtsgültigkeit entzogen. "Das MINEDUC (Erziehungsministerium) soll die Kontrolle über die Durchführung der Schulreform haben. Es hat als einzige genügend Personal, sowie ausreichende technische und finanzielle Mittel", meint Cabrera. Ausserdem sei das Erziehungsministerium auch mit der Ausführung von verschiedenen Projekten und Programmen im Schulsektor beauftragt, sowie der Ausarbeitung des Nationalen Erziehungsplans und der Anstellung des Lehrpersonals. Für die CNPRE sind die dringlichsten Ziele das Miteinbeziehen des Lehrpersonals in den Prozess der Schulreform, die Anpassung der bestehenden Projekte an die vorgeschlagene Reform, sowie die Bildung der Erziehungsräte. Laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (PNUD) ist die geringe staatliche Investition ins Erziehungwesen das Ergebnis einer mangelnden, umfassenden Planung und fehlender Prioritätensetzung. Es würde schlecht budgetiert, die Administration sei in der Hauptstadt zentralisiert und die Kapazität des Erziehungsministerium habe nachgelassen, stellt ein Bericht des PNUD fürs Jahr 1998 fest. Weiter hält der Bericht fest, dass laut Verfassung der Besuch der Primar- und Sekundarschule obligatorisch ist. Die angewandte Erziehungpolitik würde jedoch nur die Primarschule fördern und die Sekundarschule vernachlässigen. Das Ziel des Erziehungsministeriums für die Jahre 1999 und 2000 sei es, drei Jahre Primarschule im ganzen Land zu garantieren. So ist es auch im Abkommen über "Sozioökonomische Aspekte und Agrarsituation" festgehalten: "Der Staatmuss bis ins Jahr 2010 im ganzen Land allen Kindern im Alter von 7 - 12 Jahren mindestens 3 Jahre Primarschule ermöglichen." Von den von der Regierung im Mai dieses Jahres in Stockholm der Konsultativgruppe vorgelegten Projekten, betreffen 51 den Sektor Erziehung. Von den dafür budgetierten 107 Millionen US-Dollar wurden bisher 35 Millionen, d.h. 32% ausbezahlt. Davon entfällt der grösste Teil (25%) auf das Projekt "Erziehungsreform", das Projekt "mehrsprachige und interkulturelle Erziehung" erhält gerade noch 0.06%. |
Original-PDF 190 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte