Meinungsäusserungsfreiheit gilt nur für die Presse
Fijáte 302 vom 28. Jan. 2004, Artikel 4, Seite 5
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Meinungsäusserungsfreiheit gilt nur für die Presse
Guatemala. 23. Jan. Ein bislang stets vertagter Gerichtsprozess gegen den Briten Bruce Harris, Regionaldirektor von Casa Alianza, einer internationalen Organisation zur Verteidigung der Rechte von Kindern, wurde nun aufgenommen. Grund für diesen sind Aussagen, die Harris 1997 bei einer Pressekonferenz des Nationalen Generalprokurats gemacht hatte, mit denen er die Rechtsanwältin Susana María Luarca Saracho in vermutliche Verbindung mit illegalen internationalen Adoptionen brachte. Im Auftrag des Generalprokurats hatte Casa Alianza eine Untersuchung in Bezug auf illegale Adoptionen und Kinderhandel durchgeführt, dessen Ergebnisse Harris am besagten 11. September 1997 bekannt gab. Seine Aussagen initiierten einen langen, unsauberen Prozess, während dem die Beschuldigte Luarca Saracho, dazumal Ehefrau des ehemaligen Präsidenten des Höchsten Gerichtshofs (CSJ), Ricardo Umaña, alles versuchte, um Harris dazu zu bringen, seine Behauptung zu widerrufen. Luarca beschuldigt diesen nun der Diffamierung, des Meineides und der Verleumdung. Da in Guatemala ersteres Delikt als Strafsache und nicht zivilrechtliche Angelegenheit gilt, kann es einen Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. Bei dem vor Beginn des Gerichtsprozesses eingeleiteten aussergerichtlichen Klärungsversuch bot Luarca Harris gar die Bezahlung einer ungenannten Geldsumme an. Doch dieser blieb bei seiner Darstellung. "Ich bin nicht bereit, eine Regelung einer Anklage auf Grundlage einer finanziellen Zahlung zu ,,verhandeln", wenn wir von einem Recht sprechen, in diesem Fall dem Recht auf Meinungsäusserungsfreiheit. Rechte sind nicht verhandelbar," so Harris. Der Staat Guatemala ist laut vorheriger Entscheidung des Verfassungsgerichts nämlich der Ansicht, dass Bruce Harris, da er kein Journalist sei, eben nicht über das Recht, sich frei zu äussern verfüge das laut Verfassungsartikel 35 jeder Person zugesprochen wird. Nach oben |
Der Journalist W. E. Gutmann bezeichnet dieses Urteil zudem als Heuchelei, ist doch Guatemala bekannt für seinen brutalen Umgang mit Angehörigen der Presse, die ihre Meinung sagen. Zu guter Letzt kommt die aktuelle Haltung der Justiz in Verruf durch die Tatsache, dass eben jene Klägerin Luarca 1999 aufgrund von öffentlichen Aussagen Bruce Harris´ im Rahmen von Untersuchungen vermeintlicher Diffamationsvorwürfe zur Rückgabe von zwei von ihr illegal zur Adoption vermittelten Babys verpflichtet wurde. Der Ausgang des Prozesses, der von internationalen Organisationen begleitet und beobachtet wird, bleibt abzuwarten. |
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