Chronik eines angekündigten Urteils
Fijáte 271 vom 23. Okt. 2002, Artikel 7, Seite 5
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Chronik eines angekündigten Urteils
Guatemala, 8. Okt. Das vierte Appellationsgericht entschied, dass das Verfahren im Fall Gerardi gegen die drei Verurteilten Militärs und den Priester Mario Orantes vor einem andern Gericht noch einmal aufgerollt werden muss. Das am 7. Juni 2001 gesprochene Urteil (30 bzw. 20 Jahre Gefängnis) wurde annulliert, der Freispruch der Haushälterin Gerardis bestätigt. Die Verurteilten werden bis zum nächsten Gerichtstermin, der noch nicht festgelegt ist, in Haft bleiben. Begründet wurde die Widerrufung damit, dass die damaligen RichterInnen die früheren Aussagen eines Zeugen, Ruben Chanay Sontay, nicht als Beweismittel berücksichtigten, sondern einzig seine Aussagen während des Prozesses selber. Diese jedoch widersprechen seinen früheren Aussagen. Der Entscheid des Appellationsgerichts begünstigt auch andere hohe Militärs und Mitglieder des obersten Generalstabs (EMP), gegen die im ursprünglichen Urteil Untersuchungen wegen Mittäter- oder Mitwisserschaft angeordnet worden sind. Diese Untersuchungen werden vorläufig auf Eis gelegt. Die Menschenrechtsabteilung der katholischen Kirche (ODHA), die als Klägerin auftritt, verurteilt die Aufhebung des Urteils als verantwortungslos und übereilt. Deshalb wird sie beim obersten Gerichtshof einen Anfechtungsantrag stellen, durch den das ursprüngliche Urteil wieder Gültigkeit erhalten soll. Auch die Staatsanwaltschaft will den Entscheid des Appellationsgerichts anfechten, da er verfassungswidrig sei. Nach oben |
Eduardo Cojulún Sánchez, einer der Richter, die das Urteil vom 7. Juni 2001 sprachen, sagte gegenüber Prensa Libre: "Ich bin nicht einverstanden mit der Aufhebung des Urteils. Dass wir uns getraut haben, dieses überhaupt zu fällen, ist, weil wir überzeugende Beweise hatten. Alle RichterInnen, die das Urteil mitverantworten, sind anerkannte Fachpersonen. Uns unsere Fähigkeiten abzusprechen, kann für das Justizwesen verheerende Folgen haben." |
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