Nationalistische Töne zwischen Belize und Guatemala
Fijáte 270 vom 9. Okt. 2002, Artikel 10, Seite 6
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Nationalistische Töne zwischen Belize und Guatemala
Guatemala, 26. Sept. Mit dem Ziel, den seit 1859 andauernden Grenzstreit zwischen Belize und Guatemala ein für alle Mal beizulegen, baten die beiden Länder im März 2000 die Organisation Amerikanischer Staaten (OEA), einen Lösungsvorschlag auszuarbeiten. Hauptstreitpunkt ist die Forderung Guatemalas um die "Rückgabe" von rund zwölf km2 Land, das von Belize als "seines" beansprucht wird. Hauptleidtragende des Konfliktes sind guatemaltekische BäuerInnen, die in dem zum Niemandsland erklärten 2 km breiten Grenzstreifen leben und immer wieder von belizischen Soldaten schikaniert und vertrieben werden. Die beiden Vermittler, Shirdath Ramphal für Belize und Paul Reichler für Guatemala, überreichten dem Generalsekretär der OEA, César Gaviria Ende August ihre Schlussberichte und die daraus abgeleiteten Empfehlungen, die aber vorerst noch nicht öffentlich gemacht wurden, da noch "ein paar Details zu klären seien". Während der folgenden drei Wochen kursierten in der Presse der beiden Länder die wildesten Spekulationen. Während gemässigtere Diplomatenstimmen von einer "definitiven, friedlichen und würdevollen" Lösung sprachen, schlug Said Musa, Präsident von Belize, härtere Töne an: "Unser Territorium ist nicht verhandelbar und unsere Grenzen sind sakrosankt" äusserte er sich gegenüber der Presse, worauf der guatemaltekische Präsident Portillo konterte: "Wenn es sein muss, ziehen wir den Fall vor ein internationales Gericht". Einzig die im Grenzstreifen lebenden BäuerInnen zeigten sich zufrieden darüber, dass es endlich in Richtung einer Lösung des Problems geht und die englische Botschaft versprach im Namen der internationalen Gemeinschaft rund 200 Mio. US$ zur Umsetzung der Vereinbarungen, falls sich die beiden Regierungen über den Vorschlag einigen können. Die Stimmungsmache im Vorfeld war so gross, dass es sich in Guatemala niemand mehr erlauben konnte, den Vorschlag als positiv zu beurteilen, als er dann endlich der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Zwar wurde die guatemaltekische Forderung nach Rückgabe der 12 km2 Land nicht berücksichtigt, doch schlugen die Vermittler folgendes vor: a) Die zukünftige Grenze wird anhand der provisorisch festgelegten Grenzzone definiert. b) Guatemala bekommt auf einer Fläche von 2000 Seemeilen im Quadrat im Golf von Honduras das exklusive Nutzungsrecht aller Ressourcen über und unter Wasser, sowie das Fisch- und Schiffahrtsrecht im gesamten Golf von Honduras. c) Guatemala, Belize und Honduras verwalten gemeinsam die Naturparks auf den fünf Inseln Cayos de Zopotillo, im Golf von Honduras. d) Schutz der auf belizischem Territorium von GuatemaltekInnen bewohnten Gemeinde Santa Rosa. Belize garantiert die Beibehaltung der bestehenden Strukturen und Institutionen oder, falls gewünscht, können die BewohnerInnen auf ein anderes Terrain in Belize umsiedeln. Nach oben |
In einem Interview mit der Tageszeitung Siglo XXI empfiehlt der Vermittler für Guatemala, Paul Reichler, den Vorschlag anzunehmen. "Den Fall vor ein internationales Gericht zu bringen, dauert 10 Jahre und kostet 10 Mio. US$". Ausserdem sei die legale Basis, auf der Guatemala seine Landforderung stütze, sehr schwach, sagte Reichler gegenüber Siglo XXI. Doch die PolitikerInnen und AnalytikerInnen in Guatemala haben ihre Meinung gemacht und kritisieren den Lösungsvorschlag. Während der belizische Präsident Musa sich anlässlich des Unabhängigkeitstags positiv über den Vorschlag äusserte (schliesslich muss sein Land weder Territorium abgeben noch werden die Grenzen verrückt) und ihn seinem Volk in der bevorstehenden Volksabstimmung zur Annahme empfahl, hat sich Präsident Portillo noch nicht definitiv dazu geäussert, ob er den Fall vor ein internationales Gericht ziehen will. Zu einer Volksabstimmung in den beiden Ländern soll es kommen, sobald sich die jeweiligen Regierungen mit den Vorschlägen der Vermittlungskommission einverstanden erklärt haben. Dazu haben sie 75 Tage Zeit, in denen wohl noch einige Verhandlungen geführt werden. Ein Datum für eine eventuelle Abstimmung festzulegen, wird dann wohl den nächsten Streitpunkt bilden. Sinnvoll wäre, dass sie in beiden Ländern am selben Tag stattfindet und logisch wäre auch, sie gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Dies ist in Guatemala im November 2003 der Fall, während Belize darauf besteht, die Präsidentschaftswahlen bis spätestens Ende August 2003 durchzuführen. |
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