Die Wahlmaschinerie der FRG läuft auf vollen Touren
Fijáte 271 vom 23. Okt. 2002, Artikel 3, Seite 4
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Die Wahlmaschinerie der FRG läuft auf vollen Touren
Guatemala, 11.Okt. Die FRG hat einen weiteren Schritt im Rahmen ihrer Wahlstrategie getan, die darin besteht, ihre eigenen Leute bzw. AnhängerInnen auf Schlüsselpositionen zu setzen, von denen aus diverse staatliche Institutionen kontrolliert und somit der Erfolg ihres Regierungsprojektes garantiert werden kann. Dieses Mal war die staatliche Rechnungsprüfungsstelle an der Reihe, an deren Führungsstelle die Regierungspartei mit Hilfe eines mehr als dubiosen Verfahrens nun ihren von vornherein auserwählten Kandidaten, Oscar Dubón Palma, begrüssen kann. Da half wohl auch keine noch so ausführliche Gesetzgebung, um den Prozess der Ernennung zu regeln. Nach dieser hat der/die RechnungsprüferIn neben "technisch-professionellen, politisch-geschäftstüchtigen und ethnisch-moralischen Qualitäten" auch einen Arbeitsplan vorzuweisen. Doch alles, was über Dubón bekannt gegeben wird, ist, dass er von Rios Montt unterstützt wird und er in seinem Amt vorhat, jeglichem Druck standzuhalten und der Korruption auf allen Ebenen zu begegnen. Kein Wort über seinen beruflichen Hintergrund oder gar dem Job, dem er bislang nachgegangen ist. Auch die übrigen, notwendigen Formalitäten wurden im Falle Dubóns offensichtlich nur vordergründig erfüllt. So wurden vom Ernennungskomitee, das aus zehn AkademikerInnen und WirtschaftlerInnen zusammengesetzt ist, eine Reihe von Unregelmässigkeiten begangen: Angefangen bei der Politisierung der Auswahl KanditatInnen, bis hin zum Verbergen von Informationen über den Prozess und die AnwärterInnen. Von den 35 BewerberInnen musste das erwähnte Komitee sechs auswählen, aus denen sich schliesslich die 113 Abgeordneten im Kongress ihreN Favoriten/in aussuchen konnten. Doch die Aufstellung aller sechs entsprach wohl lediglich einer Farce, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Der letztendlich auserkorene Oscar Dubón war sich von Anfang an seines Sieges sicher. Da wundert es auch nicht, dass das angekündigte öffentliche Forum, an dem alle sechs KandidatInnen ihre Fähigkeiten und Arbeitspläne hätten vorstellen sollten, ohne die Beteiligung der Hauptpersonen stattfand. Ein guter Schachzug, um den Schein der Demokratie aufrechtzuerhalten. Die schliessliche Wahlaktion im Kongress unterstrich diese tragische Komödie zusätzlich: Angesichts der allzu offensichtlichen Intrige enthielten sich alle Abgeordneten der Opposition ihrer Stimme, so dass Oscar Dubón im Endeffekt mit einer absoluten Mehrheit (62 Stimmen) gewählt wurde, die allein aus den Stimmen der FRG und denen der halbstaatlichen Parteien, die der Regierung den Rücken stärken, bestand. Dies entsprach einmal mehr der Erfahrung der Opposition, dass die FRG nur dann ihre Zustimmung sucht, wenn sie mit qualitativer Mehrheit, also 75 Stimmen, wählen oder verabschieden muss, während sie die "GegnerInnen" links liegen lässt, sobald sie selbst genug Stimmen zusammenbekommt, um zu tun, was sie will. Erst in diesem Monat ist eine neue Norm in das Grundgesetz der Rechnungsprüfungsstelle eingeführt worden, die, zusätzlich zur Verfassung das Tun und Lassen dieser Einrichtung regelt. Das neue Gesetz stellt eine deutliche Veränderung zur vorherigen Regelung dar und öffnet neue Möglichkeiten, die Institution auf einen ernsthafteren und professionellen Boden zu stellen. Einige wichtige Elemente lohnt es zu erwähnen, wobei sich die Frage stellt, wie denn wohl das vorherige Gesetz ohne diese Komponenten ausgesehen haben möge. Die Rechnungsprüfungsstelle geniesst neuerdings funktionelle, technische und verwaltungstechnische Unabhängigkeit, sie ist für die Art und Weise der staatlichen Ausgaben verantwortlich, ihre Funktion erweitert sich auf die Steuerprüfung von öffentlichen Bauten, sie verfügt über ein neues Sanktionierungssystem und soll schliesslich ihre Methoden und Verfahren der Rechnungsprüfung auf den neuesten Stand bringen. Nach oben |
Für die Umsetzung dieser Neuerungen bedarf es einer Reihe institutioneller Umstrukturierungen, Reformen interner Regelungen und Prozesse sowie einer Verbesserung der Koordination inner- und ausserhalb der Einrichtung. Dem neuen Chef Dubón bleiben vier Jahre, um dies zu tun und die in den letzten Jahren stark in Verruf geratene Institution - zu wessen Gunsten und Gefallen ist wohl geklärt - zu erneuern. Um gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen wurden von "oben" erfolgreiche Mittel eingesetzt, um den bisherigen Direktor der Superintendanz der Steuerverwaltung (SAT), René Pérez, zur Kündigung anzuhalten, dem vorgeworfen wird, diese Institution bis kurz vors Scheitern gebracht zu haben. Man kann es nicht anders als Spott gegenüber den GuatemaltekInnen bezeichnen, dass dieser Posten - wohl als Belohnung für seine guten Taten als nun ausscheidender Direktor der Rechnungsprüfungsstelle - Marco Tulio Abadío anvertraut werden soll. Als Rechnungsprüfer hatte Abadío wohl die Toleranzgrenze etwas überreizt, doch offensichtlich so treue Arbeit geleistet, dass die FRG nicht auf ihn verzichten will und der Unternehmenssektor mit Recht bereits befürchtet, dass er eine Kampagne des Steuerterrorismus einführen wird. Es besteht kein Zweifel, dass die Superintendanz, die der Regierungspartei so nahe steht, sich in ein starkes Druckmittel verwandelt, das exzessiv gegen Unternehmen und Individuen eingesetzt wird, die dem Regime nicht gefallen, und die jetzt schon unter dem masslosen Machtappetit der Partei des "blauen Händchens" leiden. Abadió selbst - noch gar nicht offiziell nominiert - spricht bereits enthusiastisch von den Wundern, die er als Direktor des SAT vollbringen wird. Anstelle des befürchteten Terrors, wird es ihm seiner Ansicht nach gelingen, mit Hilfe des Dialogs viel mehr Geld für die Superintendanz beschaffen. Und natürlich bedarf es, mit seinen eigenen Worten, "einer ordentlichen Portion Mut" - die er selbstverständlich mitbringt - "die Korruption sowohl im öffentlichen als auch privaten Sektor anzuzeigen". Abadío scheint so scharf auf den Posten zu sein, dass er eine Reise nach Spanien ausfallen liess, um einer Einladung zum Gespräch mit Präsident Portillo zu folgen. |
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