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Guatemala erlesen

Fijáte 285 vom 21. Mai 2003, Artikel 9, Seite 6

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Da solch einem Manko nicht zwingend eine Marktlücke entspricht, verdienen die HerausgeberInnen Anerkennung für ihre Risikobereitschaft und alle Beteiligten für die geleistete Arbeit. Das Füllen der erwähnten Lücke macht diesen "zweiten Blick" auf "ein Land voller Widersprüche" unersetzlich. Gerade darum hätte es noch etwas besser ausfallen dürfen. Guatemala ­ Ein Land auf der Suche nach Frieden ­ Politik Geschichte Kultur Begegnungen. Markus Stumpf/ Renate Sova/Manfred Bürstmayr/Corinna Milborn (Hrsg), Brandes & Apsel/Südwind, 2003. Erfrischendes Guatemalapalaver mit Wermutstropfen "Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen" dichtete Matthias Claudius bereits vor über 200 Jahren. Wenn AktivistInnen aus der Soliszene für mehre Monate nach Guatemala aufbrechen, ist mit dem Erlebten locker ein Buch zu füllen. Mary und Thomas, alias Schmidi, erzählen also von ihren Reiseerlebnissen und geben ihre zahlreichen Gespräche mit AktivistInnen aus BauernIndígena- und Menschenrechtsorganisationen, mit ehemaligen BasisaktivistInnen der VGURNGNF und mit heutigen ParteivertreterInnen wieder. Ein Stück weit hilft die Auflistung im Anhang auch jenen durch den Dschungel der bekanntlich unzähligen Abkürzungen, denen diese nicht geläufig oder nicht mehr präsent sind. Wer den einen Ort oder die andere Organisation schon selbst besuchte, wird hin und wieder schmunzeln oder auch den Kopf schütteln und gewiss die eigenen Erinnerungen aufleben lassen. Braucht es mehr für ein Buch? Ob Autor und Autorin über die Befriedigung ihres Erzähldranges hinaus ein bestimmtes Ziel damit verfolgten, oder welchen Anspruch sie selbst an ihr Werk stellen, will nicht recht klar werden. Für Menschen, die sich noch nie mit Guatemala beschäftigt haben, wurden, laut Vorwort, die verschiedenen Zahlen- und Faktentabellen eingefügt. Ob das Buch allerdings besonders geeignet ist, nicht landeskundigen LeserInnen ein Bild der aktuellen Situation in Guatemala zu vermitteln, darf bezweifelt werden. Einzelne Texte stehen im Zeichen der Terroranschläge vom 11. September. Der Zufall, dass unsere Reisenden gerade zu jener Zeit in Guatemala weilten, wäre aber vielleicht besser zu verwerten gewesen. Wo in der Kritik an gewissen antiamerikanischen Äusserungen oder bei der Darstellung der Krise der politischen Linken und der URNG im Besonderen eine politische Kommentierung versucht wird, ist diese eher misslungen: Immer dann, wenn Aussagen guatemaltekischer AktivistInnen an den eigenen Masstäben einer korrekten linken Ideologie gemessen werden, wird es richtig ärgerlich. Und im Verlauf der Lektüre beginnen sich diese Ärgernisse zu häufen. Doch wechseln sie immer wieder ab mit der schlichten Beschreibung einer Szene auf dem Dorfe, einer Begegnung mit Kindern. Hier, wo einem jeder überflüssige Kommentar erspart bleibt und die schlichten Worte der Erzählung für sich selbst sprechen dürfen, tritt ein Stück Authentizität zu Tage, das sehr vieles wieder gut macht. Mary Kreutzer und Thomas Schmidinger: Niederlagen des Friedens. Edition Wahler, Grafenau, 2002.


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