Fijáte 408 vom 23. April 2008, Artikel 2, Seite 3
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Der Umgang mit dem bäuerlichen "Terrorismus" in Livingston Izabal, 09. April. Im Februar hatten einige Gemeinden gegen die lokale Landproblematik demonstriert. Dabei war einer ihrer Anführer, Ramiro Choc, ungeachtet rechtlicher Bestimmungen und ohne solche Handhabe festgenommen worden. Chocs AnhängerInnen nahmen schliesslich erst für 33 Stunden 29 PolizistInnen und kurz später vier belgische TouristInnen und ihre zwei Begleiter als Geiseln, die unter einem Grossaufgebot von Polizei und Militär befreit wurden, da die Autoritäten in keiner Weise auf die Forderung nach Chocs Freilassung reagierten. ¡Fijáte! berichtete. (No. 406) Laut Innenministerium, Polizei und Präsident Colóm seien im Vorfeld drei Bauern festgenommen worden, die gegen die Geiseln ausgetauscht worden seien. Die Staatsanwaltschaft negiert diesen Schritt. Am nächsten Tag stellte das Menschenrechtsprokurat (PDH) fest, dass der 29jährige Mario Caal Bolóm bei der Befreiungsaktion ums Leben gekommen war. Laut AugenzeugInnen war er im Zusammenhang dieser Festnahme- und Austauschaktion aus drei Metern Entfernung von einer Tränengasbombe am Oberkörper getroffen und von Mitgliedern der polizeilichen Spezialkräfte zusammengeschlagen worden. Die Autopsie bestätigt, dass Caal einen schweren Schlag mit Quetschungsfolge des Bauchraums erlitten hat, bei dem zahlreiche Rippen gebrochen, Lunge sowie Magen beschädigt wurden und eine massive Blutung aufgetreten sei. Auch konstatierte die PDH, dass Caals Leiche 19 Stunden am Tatort lag, ohne dass die zuständige Staatsanwaltschaft auftauchte. Der verantwortliche Funktionär redete sich heraus, er habe Angst um seine Sicherheit gehabt. An einem der nächsten Tage kam er dann begleitet von 50 Sicherheitskräften und Durchsuchungsbefehlen, um sieben der Geiselnahme und des Terrorismus beschuldigte BäuerInnen dingfest zu machen. Sie würden durch die illegale Besetzung von Ländereien die Region destabilisieren. Schliesslich hat die PDH Caals Körper der Forensik übergeben. Das Prokurat sprach von Anfang an von einer aussergerichtlicher Hinrichtung des Bauern und vernimmt derzeit 70 der an der Befreiungsaktion beteiligten Sicherheitskräfte und ZeugInnen. Ausserdem verurteilte sie die Festnahme der drei Austauschhäftlinge als illegal, da sie nicht nur ohne richterlichen Beschluss sondern auch ausserhalb der rechtlichen Zeitvorgaben vorgenommen wurden. Grundsätzlich sei der Einsatz der Sicherheitskräfte überhaupt nicht nötig gewesen und von daher gar nicht zu rechtfertigen, hatten die BäuerInnen die Freilassung der BelgierInnen doch längst angeboten gehabt. Daniel Pascual vom BäuerInnenkomitee CUC erklärte, zwar nicht mit den von den Livingstoner BäuerInnen durchgeführten Geiselnahmen einverstanden zu sein, gleichzeitig könne er sie in ihrer Verzweiflung verstehen. Solch krasse Aktionen seien wohl notwendig, damit die Regierung überhaupt reagiert, denn der Weg des Dialogs sei erwiesenermassen völlig abgenutzt. Nach oben |
Während alle Autoritäten abstreiten, der Tod Caals stehe in Zusammenhang mit der Befreiung der Geiseln durch die Polizisten und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen die Berichte über den Einsatz einfordern, wurde eine Entscheidung angekündigt, die zwar in der Presse nicht in Verbindung mit dem Konflikt in Livingston gebracht wird, jedoch aufhorchen lässt: Das Verteidigungsministerium ist bereits dabei, neben Verwaltungskräften 500 Kaibile, also Elite-Soldaten, deren Ruf sie als erstklassig zum Töten ausgebildet klassifiziert, von ihrem Stammsitz in Poptún, Petén, in die Kaserne nach Puerto Barrios, Departement Izabal, zu verlegen. Auch wenn diese Massnahme als Folge des Drogenmassakers in Zacapa (¡Fijáte! 407) präsentiert wird, überschneiden sich doch auffällig die Begrifflichkeiten, wenn die Autoritäten die die Freilassung ihres compañero einfordernden BäuerInnen beharrlich als TerroristInnen bezeichnen und der Verteidigungssprecher das Departement Izabal für die Präsenz der Kaibile als strategisch hinsichtlich des Kampfes gegen den Drogenhandel aber auch gegen den Terrorismus bewertet. |
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