Nein zum Minenabbau trotz ständiger Einschüchterungsakte
Fijáte 379 vom 21. Februar 2007, Artikel 5, Seite 5
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Nein zum Minenabbau trotz ständiger Einschüchterungsakte
Guatemala, 15. Feb. Anfang der Woche haben rund 60´000 BewohnerInnen aus 64 Gemeinden von Concepción Tutuapa, Departement San Marcos, an einer von der Gemeindeverwaltung unterstützten Volksbefragung teilgenommen, dessen Resultat eindeutig ist: die entschiedene Ablehnung jeglicher Aktivitäten rund um den Abbau von Edelmetallen wie Gold und Silber. Damit fordern sie das Energie- und Minenministerium auf, die entsprechende von Präsident Berger ausgestellte Lizenz an das inzwischen berühmt-berüchtigte Minenabbauunternehmen Montana S.A. zurückzuziehen. Zum einen seien die Gemeinden vor Lizenzvergabe nicht ordnungsgemäss nach Konvention 169 der ILO konsultiert worden, zum anderen hätten sie sich schliesslich selbst kundig getan und seien nicht bereit, die vorhersehbaren Folgen wie Umwelt- und Wasserverschmutzung, Gesundheitsschäden und die sich durch den Abbau verbreitende Armut in der Region zu akzeptieren. Einer der Gemeindeführer sagte es ganz deutlich: "Wir wollen nicht die Probleme haben, mit denen die BewohnerInnen von Sipacapa und San Miguel Ixtaguacán (beides Munizipien von San Marcos, die Red.) konfrontiert sind, wo Montana bereits arbeitet." Hier wird das Projekt Marlin betrieben. Bei der Volksbefragung waren BeobachterInnen der Diözese von San Marcos, von internationalen Organisationen sowie MenschenrechtsaktivistInnen zugegen, die einem friedlichen Prozess beiwohnten. Erst letzte Woche hatte eine Gruppe von BäuerInnen den Zugang zur Mine in Ixtaguacán blockiert, doch das Unternehmen hat gleich Anklage erhoben. Nur eine Woche später stürmte die Zivile Nationalpolizei (PNC) zwei Dörfer, um 10 führende Bauern festzunehmen, die sich dem Minenabbau widersetzen. Dabei wurden die Gesuchten im Morgengrauen mit Gewalt aus ihren Häusern geholt und verhaftet. Doch auch hier ist die Lage klar: "Es regiert das Gesetz dessen, der Geld hat", resümiert Carlos Martínez, lokaler Repräsentant des Menschenrechtsprokurats (PDH). Einstimmig forderten auch die Führungspersönlichkeiten und VertreterInnen zahlreicher Gemeinden um San Pedro Necta, Huehuetenango, von den Gemeindeautoritäten die Verabschiedung eines Abkommens, die die Exploration und den Übertageabbau von Minenressourcen in der Region unterbindet, mit dem Argument der Schäden an den Naturressourcen und für die menschliche Gesundheit durch die erwähnten Aktivitäten. Der Koordinator des Rates der Mayavölker Chinab'jul (COPMACH), Víctor Larios Velásquez, berichtet, dass bei dem kürzlichen Treffen mit VertreterInnen der Bürgermeisterei mehr als 2´000 BewohnerInnen anwesend waren und sich der Forderung anschlossen, auf die die Autoritäten eingingen. Zurückzuführen ist die Sorge der Bevölkerung darauf, dass im Dorf Chichimes Spuren von Grabungsarbeiten entdeckt wurden und vermutet wird, dass dort ohne Wissen der AnwohnerInnen Minenvorkommen untersucht wurden. Unterdessen geht die Repression gegen Land- und UmweltaktivistInnen weiter. So wird der italienische Biologe Flaviano Bianchini von Unbekannten bedroht, der als Freiwilliger für die Umweltorganisation Madre Selva aktiv ist und vor kurzem die technische Wasseranalyse im Fluss Tzalá bei Sipacapa durchgeführt hat, die eindeutig Metallspuren im Wasserlauf nachweist und in Zusammenhang mit den Arbeiten der Goldmine Marlin steht. (¡Fijáte! 377) Gegen die Direktorin der Vereinigung FreundInnen des Izabal-Sees, Eloyda Mejía (¡Fijáte! 371) liegt die Anzeige vor, sie würde unrechtmässig Ländereien in El Estor, Izabal, beanspruchen, die vermeintlich der Guatemaltekischen Nickelkompanie (CGN) gehören. In diesem Zusammenhang wurde Mejía bereits mehrere Male aufgefordert, vor den Richtern Aussage zu leisten. Für Mejía selbst ist dies eine Form der Einschüchterung, hat sie doch überhaupt nichts mit den Landräumungen in Izabal zu tun. (¡Fijáte! 377) Indes würde sie weiterhin die negativen Wirkungen öffentlich machen, die der Nickelabbau in der Region und der Transport des Metalls über den Izabal-See mit sich bringen. Nach oben |
Zu diesen Drohungen summieren sich bereits zwei bewaffnete Attentate auf Carlos Albacete und seine Frau Piedad Espinoza, die im Rahmen der Organisation Trópico Verde für die Sensibilisierung der Bevölkerung in der Region des Naturreservats Biosfera Maya hinsichtlich der Notwendigkeit der Anzeigenerstattung von Zerstörungsakten an den natürlichen Ressourcen aktiv sind. Albacete erlitt leichte Verletzungen, seine Partnerin hat aus Sicherheitsgründen das Land verlassen. Allein im Osten des Landes wurden innerhalb einer Woche vier Aktivisten ermordet. Israel Carías Ortiz, der 33jährige Präsident der BäuerInnenorganisation von Chiotes, Zacapa, wurde mutmasslich von einer Gruppe erschossen, die offenbar dagegen ist, dass die LandarbeiterInnen der nationalen Finca Los Achiotes ihre Rechte auf Land einfordern. Die Finca ist eigentlich im Staatsbesitz, aber Grossgrundbesitzer behaupten, dass sie ihr Eigentum sei. Der Mord fand zu einem Zeitpunkt statt, da die Gemeinde in einem Vermittlungsprozess steckt und bereits erreicht hat, dass ihnen die Finca demnächst überschrieben werden soll. Doch nicht nur Carías Ortiz kam bei dem Angriff ums Leben. Er war in Begleitung seiner beiden 9- bzw. 10jährigen Söhne auf dem Weg, um für seine kranke Mutter Medikamente zu besorgen, als ihnen der Weg von einer Gruppe von Personen abgeschnitten wurde, die alle drei unter tödlichen Beschuss nahmen. Carías und sein Vereinskollege Abelardo Roldán, der Mitglied beim BäuerInnenverband CUC ist, hatten schon seit geraumer Zeit von den Finqueros Drohungen erhalten. Auch Vicente Ramírez López wurde in diesen Tagen im Alter von 33 Jahren ermordet. Er war Führungsperson der Nationalen BäuerInnenkoordination CNOC in Chiquimula, zuständig für den Osten des Landes und Vertreter der auf der Finca San José Las Lágrimas angesiedelten BäuerInnenfamilien im Munizip Esquipulas. Erschossen wurde er von zwei Männern, die angaben, den Befehlen des Militärs zu folgen. Für Daniel Pascual von der CNOC ist dies ein weiterer Beweis für das Vorhandensein eines Regierungsplans, die organisierten BäuerInnen aus dem Weg zu räumen. Auf der Finca San José besteht ein Konflikt um nationale Ländereien, die in der unmittelbaren Nähe zu Militärinstallationen liegen. Pascual warnte vor der Gefahr, dass die auf der Finca ansässigen Familien mit Gewalt vertrieben werden können. Die Übergabe von insgesamt rund 1´000 ha dieser Finca an 122 BäuerInnenfamilien wird vom Generalprokurat seit einiger Zeit herausgezögert. Fast zeitgleich und ebenfalls in Chiquimula wurde José Eduardo García entführt und Stunden später tot aufgefunden. Er hatte Demonstrationen gegen den öffentlichen Transport und für die Einforderungen sozialer Rechte organisiert. Schon Mitte Januar wurde der Gewerkschafter Pedro Zamora im Ort Las Morenas, Iztapa, im Departement Escuintla ermordet und dabei sein dreijähriger Sohn verletzt. Zamora gehörte der Gewerkschaft der Hafenarbeiter des Hafens Quetzal an und hatte gemeinsam mit Kollegen seit einiger Zeit Korruptionsvorwürfe gegen das Hafenunternehmen erhoben und die Wiedereinstellung von entlassenen Arbeitenden gefordert. |
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