Trauriger Rekord in Frauenmorden
Fijáte 304 vom 25. Feb. 2004, Artikel 8, Seite 6
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Trauriger Rekord in Frauenmorden
Guatemala, 17. Feb. Eines der Hauptprobleme im Zusammenhang mit der Gewalt, mit der guatemaltekische Frauen konfrontiert sind, sei die herrschende Straflosigkeit, befindet die UNSondergesandte für Gewalt gegen Frauen, Yakin Ertürk, die vom 8. bis 14. Februar das Land besuchte. Innerhalb der letzten drei Jahre sprechen die Statistiken von rund 1´100 Morden an Frauen, davon wurden 353 laut dem Netzwerk Keine Gewalt gegen Frauen im Jahr 2003 begangen über 50 mehr als im Jahr zuvor während 25´500 Klagen wegen familiärer Gewalt bei zuständigen Institutionen eingegangen seien. Die meisten Frauen sind mit Schusswaffen getötet worden. Allein seit Anfang des Jahres wurden 24 tote Frauen registriert. Bei all diesen Angaben handelt es sich um offizielle Zahlen, die Dunkelziffer wird noch deutlich darüber liegen. Ein Bruchteil dieser Morde wurde überhaupt strafrechtlich aufgenommen und aufgeklärt. Diese Zahlen überschreiten bei weitem diejenigen von Mexiko, wo vor allem die Frauenmorde in Ciudad Juárez, an der US-amerikanischen Grenze, Weltberühmtheit erlangten. Die besondere Aufmerksamkeit der Sondergesandten weckten die hohen Raten sexueller und häuslicher Gewalt, was ihrer Meinung nach an der fehlenden Ernsthaftigkeit liege, mit der die verantwortlichen Autoritäten die Problematik angingen. Entsprechend dringend sei es, so Ertürk, die notwendigen Reformen des Strafgesetztes und des Gesetzes gegen sexuelle Verfolgung zu verabschieden. Der Stärkung der Justiz und der Strafermittlung inklusive der Staatsanwaltschaft, deren Kapazität sie hinsichtlich der Aufklärung der Mordebemängelte sei Priorität einzuräumen. Der Mord an vier Frauen allein während ihres Aufenthaltes im Land, die exzessive Gewaltanwendung von Seiten der Verantwortlichen in Zusammenhang mit der Rebellion im Frauengefängnis Santa Teresita (siehe separater Artikel) und Berichte feministischer Organisationen liessen die Yakin Ertürk Guatemala als das Land mit den erschreckendsten Zahlen bezüglich der Gewalt gegen Frauen in der Region einstufen. Marta Godínez, Mitglied des Frauensektors der Zivilgesellschaft bewertet den Besuch von Ertürk als dienlich, um die Problematik der Gewalt gegen Frauen in die öffentliche Debatte zu rükken. Das Thema müsse sich in eine Staatsangelegenheit verwandeln und dürfe nicht Sache der Frauen bleiben, so Godínez. Für die unabhängige Analystin Ana Silvia Monzón ist der Verweis von Ertürk an die Verantwortlichen in der Staatsanwaltschaft (MP) und an die Nationale Zivilpolizei (PNC) von grosser Trans-zendenz, sind Frauen doch schon immer Objekt des Missbrauchs just dieser staatlichen Dependenzen, die den Tätern erlauben, straflos zu bleiben. Das Menschenrechtsprokurat (PDH) spricht von einer "sozialen Säuberung" und verdächtigt in acht von 65 untersuchten Frauenmorden, die im letzten Jahr begangen wurden, eine direkte Beteiligung von Polizeikräften. Sowohl Monzón als auch Frank LaRue, Leiter der Präsidialen Menschenrechtskommission (COPREDEH) verweisen auf die Notwendigkeit, die Empfehlungen der Sondergesandten, die bis Ende des Jahres offiziell dem Staat überreicht werden, zu respektieren und so bald wie möglich durch die staatlichen Institutionen und Frauenorganisationen umzusetzen. Nach oben |
Ebenso sei der Nationale Plan gegen Gewalt, kürzlich von der Koordinationsstelle für die Prävention der familiären Gewalt (CONAPREVI) präsentiert, als Staatspolitik zu übernehmen. Dazu gehört in erster Linie, den entsprechenden staatlichen Stellen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um adäquat agieren zu können. So entbehrt die Staatsanwaltschaft für die Frau beispielsweise ausreichend Fahrzeuge, Unterkünfte zur Notunterbringung bedrohter Frauen und Möglichkeiten, den ZeugInnen von Gewaltverbrechen ausreichend Schutz zu bieten. Derweil beschlossen die Aussenminister von Guatemala und Mexiko am 8. Treffen der binationalen Kommission, die Position der Frauen in den beiden Ländern sowie die Zusammenarbeit der jeweiligen staatlichen Sekretariate für Frauenbelange zu stärken. Auf dem Papier bedeutet das, die von beiden Ländern unterzeichneten internationalen Abkommen bezüglich der Rechte von Frauen im staatspolitischen Alltag zu berücksichtigen, was es in der Praxis heisst, wird sich zeigen. Am selben Treffen wurden auch neue Massnahmen beschlossen, um die gemeinsame Grenze besser zu kontrollieren und den Menschen- und Drogenhandel zu unterbinden. Diese Massnahmen werden unweigerlich eine Militarisierung der Region mit sich bringen, doch in diesem Zusammenhang wurde bereits nicht mehr über die Rolle von, bzw. die Auswirkungen der beschlossenen Massnahmen auf Frauen gesprochen. |
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