Schlechte Noten für die Interamerikanische Entwicklungsbank
Fijáte 344 vom 28. Sept. 2005, Artikel 1, Seite 1
Original-PDF 344 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte
Schlechte Noten für die Interamerikanische Entwicklungsbank
,,Sowohl die Bank wie die guatemaltekische Regierung wissen, dass es bei der Verwendung der Fondsgelder Unregelmässigkeiten gab", urteilte ein im Dezember 2004 von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) diskret veröffentlichter Bericht. Das vom bankinternen Evaluierungs- und Monitoringbüro verfasste Dokument liefert eine verheerende Beschreibung des BID-Darlehensprogramms für Guatemala zwischen 1993 und 2003. Obwohl in dem 81-seitigen Report das Wort ,,Korruption" nur ein einziges Mal vorkommt, ist es gespickt von Begriffen wie ,,Unregelmässigkeiten", ,,Komplikationen" und ,,Ineffizienz". Wir veröffentlichen im Folgenden eine Synthese zweier in Inforpress Centroamericana (1616 und 1619) erschienen Artikel. Guatemala bezieht aktuell BID-Darlehen in Höhe von rund 876 Mio. US-$. In den vergangenen 10 Jahren machten diese 64% aller Darlehen bei multilateralen Institutionen aus. Die von der BID zwischen 1993 und 2003 gewährten Gelder wurden in der Mehrheit für Projekte in den Bereichen Wirtschaftswachstum, Aussenhandel sowie im Energiesektor verwendet. Etwas weniger floss in Projekte im Sozialbereich, knapp 4% der Gelder wurden für die Reform des Staates investiert. Der erwähnte Länderreport 1993 2003 wurde erstellt, um die Programme in Guatemala auf ihre Relevanz und Resultate hin zu evaluieren. Das Ergebnis: Von 19 Projekten weisen 10 Verzögerungen bei der Ausführung auf, bei fünf war es unmöglich, irgendwelche Resultate zu eruieren, sieben weitere erfüllten die notwendigen Voraussetzungen nicht, aufgrund derer sie hätten implementiert werden sollen. Während der Laufzeit der Projekte wurde nicht die Hälfte der 112 geplanten technischen und finanziellen Monitoringbesuche seitens der BID durchgeführt und zwischen 1998 und 2002 entdeckten die meisten externen finanziellen Evaluationen irgendwelche Unregelmässigkeiten und gaben ihre Berichte nur unter Vorbehalten ab. ,,Mängel bei der Überprüfung und Supervision der entsprechenden Stellen hatten zur Folge, dass bekannte und vermutete Unregelmässigkeiten weiter bestanden und den Ruf der Bank aufs Spiel setzten" heisst es in dem Endbericht weiter. Probleme im regionalen BID-Büro, die seit langem bekannt waren, wurden nicht rechtzeitig angegangen, wofür der Autor des Länderreports Erklärungen seitens der Bank sowie der guatemaltekischen Regierung verlangte. ,,Guatemala ist ein Land mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten, dazu zählen: Ein Investitionsdefizit, ein schwacher öffentlicher Sektor sowie ungenügend öffentliche Ausgaben, die ausserdem nicht den Armen zu Gute kommen". Und: ,,Viele der Ursachen, die zum bewaffneten Konflikt führten, sind bis heute nicht behoben," so die Beobachtungen. In der Tatsache, dass der Grossteil der Darlehen in Projekte zur Förderung des Wirtschaftswachstums und fast nichts in die Verbesserung der staatliche Strukturen oder in soziale Projekte floss, liegt wohl eine der Hauptursachen der Ineffizienz der BIDProgramme. Dazu kommen die administrative Schwäche der Bank selber sowie die in Guatemala bis in die höchsten Regierungsgefielde verbreitete Korruption auch wenn es um die Ausführung von Entwicklungsprogrammen geht. Diese Korruption äussert sich z. B. darin, dass mit den BID-Geldern z. T. Aufgaben erfüllt wurden, die eigentlich in der Verantwortung des Staates lägen, womit ganze staatliche Budgetposten ,,freigestellt" wurden und diese in private Taschen fliessen können. Somit wird die Entwicklungszusammenarbeit auch wenn ihre Projekte plangemäss und ,,erfolgreich" ausgeführt werden zur Komplizin der Korruption. Mit Ausnahme dieses Berichts vom BID-Evaluierungsund Monitoringbüro zu Guatemala wird innerhalb der Bank wenig Selbstkritik geübt, entsprechend vermisst man auch das Ergreifen entsprechender Massnahmen, wenn Schwachstellen oder Mängel auftauchen. Auch wenn es nicht direkt Thema der Evaluation war konnte doch festgestellt werden, dass diverse Projekte, deren Fortschritt die Interessen der wirtschaftlich Mächtigen im Lande tangieren würden, nicht vorangekommen sind. Ein Beispiel dafür ist das Programm zur Modernisierung des Finanzsektors, dem vom BID 1993 ein Betrag von 132 Mio. US-$ zugesprochen wurde. Ziel war die Effizienz in der Verteilung der ökonomischen Ressourcen zu steigern, die Verbesserung der Kapazitäten im Zwischenhandel sowie ein vereinfachter Zugang zu Krediten. Dazu wurden verschiedene Massnahmen ergriffen, u. a. eine Modernisierung der Finanzüberprüfungsstelle. Vor allem gegen die Einführung strafferer Reglementierungen im Bankenwesen gab es grossen Widerstand seitens der Privatbanken. Als dann Ende der 90er Jahre eine Krise im Bankensektor ausbrach, wurden auch die Schwachstellen bei der Finanzüberprüfungsstelle sichtbar, die nicht mit der notwendigen Autonomie walten konnte, was die Krise verstärkte. Als nach der Unterzeichnung der Friedensabkommen Ende 1996 die Gelder nach Guatemala flossen, wurde ein Kredit-Boom ausgelöst und durch eine nicht sehr strikte Geldund Steuerpolitik gefördert. Diverse Banken litten unter einem chronischen Liquiditätsproblem und erhielten Unterstützung durch die guatemaltekische Nationalbank (BANGUAT). Durch die Beihilfe der insolventen Banken bürdete sich Guatemala eine Last von rund 470 Mio. US-$ auf, was in der Zeit von 1999 2002 etwa 2% des Bruttoinlandprodukts (BIP) entsprach. Mit anderen Worten, was die Interamerikanische Entwicklungsbank als Liberalisierung des Finanzsektors propagierte, kostete das Land 470 Mio. US-$ plus die 132 Mio., welche die BID in Form eines Darlehens für diese Nach oben |
Reform zur Verfügung gestellt hatte. Im Mai 2002 gewährte die BID ein zweites Darlehen in Höhe von 200 Mio. US-$ für eine Finanzreform. Im März 2004 ersuchte Guatemala um den Erlass von zwei der fünfzehn für die Auszahlung der zweiten Rate des Darlehens gestellten Bedingungen. Dem Gesuch wurde stattgegeben, mit der Begründung ,,dass die Ziele des Programms zu einem grossen Teil erreicht seien". Ein weiteres Beispiel ist das 1994 bewilligte Projekt zur Stärkung des Zollwesens, das eine Mehreinnahme von Zöllen zur Folge haben sollte. Die Umsetzung des Projekts kostete 1,4 Mio. US-$, dauerte acht Jahre plus zwei Verlängerungen, wurde modifiziert, ohne dass die BID ihr Einverständnis dazu gab und schloss im Jahr 2004 mit einem Bericht, in dem keinerlei Informationen vorhanden waren, ob das Ziel des Projekts erreicht war. Die Zolleinnahmen sanken während der Projektdauer und Korruption und Zollhinterziehung waren in den letzten zwanzig Jahren häufig diskutierte Themen und beschäftigen die Medien bis heute. Der Kommentar der Regierung Berger zum Evaluationsbericht der BID-Projekte lautete: ,,Ein Grossteil der Schlussfolgerungen sind sicher richtig". Gründe dafür sieht die aktuelle Regierung in den vier ihr vorangegangenen Regierungen, in den Friedensabkommen, welche das Land von Grund auf verändern und in den exzessiven Bedingungen der BID, die die Ausführung der Projekte verkomplizieren würden. Auch die BID reagierte auf ihrer Internetseite auf den Evaluations- und Monitoringbericht. Die Evaluierung werde geschätzt, aber sie enthalte methodische Schwachstellen sowie inhaltliche Widersprüche. Ebenfalls habe man jeweils sofort auf Unregelmässigkeiten reagiert, wenn solche bekannt geworden seien. Um dies zu beweisen, stellte die Bank ein 17seitiges Dokument ins Netz, das die Ergebnisse von vier Evaluationen in den Jahren 1998 2004 enthält. Im Jahre 2003 wurde Personal des Guatemala-Büros der BID, unter anderem dessen Direktor, Carlos Barbery, ausgewechselt. Doch selbst dies ist laut dem für die Region zuständigen Ökonomen der Bank, Ennio Rodríguez, nicht auf die unter seiner Verantwortung geschehenen Unregelmässigkeiten zurückzuführen, sondern sei eine persönliche Entscheidung gewesen. |
Original-PDF 344 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 --- Nächstes Fijáte