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Rückblick auf 4 Jahre Portillo-Regierung

Fijáte 300 vom 31. Dez. 2003, Artikel 1, Seite 1

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Rückblick auf 4 Jahre Portillo-Regierung

Ende 2002 schien Guatemala nicht nur ein ideales Durchgangsland sondern auch ein perfekter Lager-, Verarbeitungs- und Umschlagplatz für Drogenhändler zu sein. Solange, bis die VGVereinigten StaatenNF Guatemala die Zertifizierung entzogen und das Land beschuldigten, die US-amerikanische Drogenbekämpfungspolitik nicht zu unterstützen. Von diesem Moment an und fast wie durch Zauberhand flogen ein um der andere Drogenring und Lagerplatz auf, und es wurden Drogen, Waffen und Fahrzeuge in Millionenwert beschlagnahmt. Interessanterweise werden aber immer nur die mittleren und kleineren Fische verhaftet, weshalb die Vermutung nahe liegt, dass es Beziehungen zwischen den Drogenbossen und Regierungsmitgliedern gibt. Als Folge davon haben die Vereinigten Staaten verschiedenen ehemaligen und aktuellen guatemaltekischen Regierungsmitgliedern das Visum entzogen, mit der Begründung, sie seien in Geldwäsche und illegale Geschäfte verwikkelt. Erziehung: In diesem Bereich sind ausschliesslich rote Zahlen zu verzeichnen. Am meisten leiden darunter die VGKinderNF, die keine LehrerInnen mehr haben oder keine Schulmahlzeiten mehr erhalten. Die ersehnten Lebensmittel machten eine Pilgerreise vom VGErziehungsministeriumNF über den Vizepräsidenten, das VGLandwirtschaftsministeriumNF bis hin zum Präsidialen Sicherheitsstab EMP, niemand schien zuständig zu sein. Das Schulsystem ist nach wie vor mangelhaft, der Alphabetisierungsplan ist jämmerlich gescheitert, die Schulreform kommt im Schneckentempo voran, mit mehr Rückschritten denn Erfolgen. VGMilitärNF: Das Militär ist noch ähnlich präsent und territorial verbreitet wie zu Zeiten der VGAufstandsbekämpfungNF. Als Erfolg kann sicher die Übergabe der Schule VGPedro Molina in VGChimaltenangoNF an die Zivilbevölkerung verzeichnet werden. Diese Schule hat jahrelang als VGKaserneNF gedient. Ein kleiner Trost im Vergleich zu den Millionentransfers, die im Verlauf der Regierung Portillos von anderen Ministerien ans VGVerteidigungsministeriumNF getätigt wurden. Portillo und die FRG haben das Militär für ihre eigenen Interessen und Zwecke zu nutzen gewusst. Erinnert sei an die Degradierung von 30 Generälen zu Beginn der Regierungszeit Portillos, das Umgehen sämtlicher Hierarchien mit dem Ziel, den Sohn von VGRíos MonttNF in eine hohe militärische Position zu erheben. Seine Karriere endete brüsk im Sommer 2003, als ein Skandal im Zusammenhang mit dem Institut für Militärpensionen aufflog sowie wegen seiner Rolle an den unter den Namen "Jueves negro" ("VGSchwarzer Donnerstag") und "Viernes de Dolor" ("Freitag des Schmerzes") bekannt gewordenen, gewalttätigen Ereignissen im Rahmen der FRG-Wahlkampagne vom 24. und 25. Juli. Wirtschaft: Zu den nennenswerten Erfolgen in diesem Bereich können die Implementierung einiger Gesetze genannt werden, sowie die makroökonomische Stabilität und das Erreichen, dass gewisse grosse Unternehmer Steuern bezahlen. Wobei dies nicht so sehr Erfolge des Präsidenten der Nation sind, sondern vielmehr des Präsidenten der VGNationalbankNF. Gleichzeitig ist aber ein Rückgang ausländischer Investitionen zu verzeichnen, eine Zunahme der Arbeitslosigkeit, die Schliessung von Firmen sowie die Zunahme des Schmuggels. Der grösste Wirtschafts-Irrtum der Regierung Portillo war, den sich auf dem besten Weg befindenden Steuerpakt über den Haufen zu werfen. Während seiner ganzen Regierungszeit stand Portillo in ständiger Auseinandersetzung mit dem Unternehmenssektor, dem er vorwarf, wegen der Steuerhinterziehung

Schuld am sozialen Elend zu sein, und mit dem er sich in einen legalen Krieg verstrickte, mit dem Resultat, dass ihm keine Zeit übrig blieb, eine griffige Steuerpolitik durchzusetzen. Korruption: Die Liste der Korruptionsfälle, in die Mitglieder der FRG-Regierung involviert sind, ist lang. Erwähnt seien hier nur einige, die es über längere Zeit auf die Titelseiten der guatemaltekischen Zeitungen schafften: Die bereits erwähnten Skandale im Verkehrs- und Kommunikationsministerium (VGMICIVINF) und im Innenministerium, die Hinterziehung von rund 350 Mio. Quetzales durch den Vorstand des VGSozialversicherungsinstitutsNF IGGS, angeführt von Carlos Wohler, der noch heute Vorsitzender des FRG-Ehrengerichts ist. Erinnert sei auch an die Bankkonten von Präsident Portillo und Vizepräsident VGReyes LópezNF in VGPanamaNF, ein Korruptionsfall, der stillschweigend in den Schubladen der Justiz verschwunden ist. Politik: Unter dieses Stichwort fällt der Regierbarkeitspakt, den Portillo mit den verschiedenen Sektoren schloss und nie einhielt, und dessen Umsetzung er an seinen Nachfolger vererbt. Dafür befand er sich in einem ständigen Streit mit der Presse, dem Unternehmenssektor und anderen Gruppierungen, die ihn auf die eine oder andere Weise unter Druck setzten. Der Verschleiss des Präsidenten ging so schnell vonstatten, dass es schon bald nach seiner Amtseinsetzung hiess, nicht er führe die Geschäfte des Landes, sondern sein Vizepräsident sowie Kongress- und FRG-Parteipräsident Efraín Ríos Montt. Wir können also den ernüchternden Schluss ziehen, dass Guatemala wenige Tage vor dem Regierungswechsel schlimmer dasteht als vor vier Jahren. Und dabei haben wir das Thema der parallelen Strukturen, die VGMenschenrechtsverletzungenNF, die von ihnen ausgehen, die fortschreitenden und zunehmenden Probleme in der Landfrage, und vieles andere noch nicht einmal erwähnt. Eine Lehre hat die Bevölkerung aus den letzten vier Jahren sicher gezogen. Dies zeigte das klare NEIN zu Ríos Montt in der ersten Runde der VGPräsidentschaftswahlenNF am 9. November. Das Erbe, das Oscar Berger am 14. Januar antritt, ist ein schwieriges, und wenn er es nicht schafft, in den ersten Monaten eine spür- und sichtbare politische Veränderung einzuleiten, werden wir wohl in vier Jahren eine ähnliche Bilanz ziehen.


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