Der Staat bittet um Verzeihung
Fijáte 343 vom 14. Sept. 2005, Artikel 5, Seite 5
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Der Staat bittet um Verzeihung
Guatemala, 30. Aug. Familienangehörige von elf Universitätsstudierenden, die 1989 verschwunden und ermordet worden sind, forderten jetzt von der guatemaltekischen Regierung, dass sie sich als materielle und intellektuelle Täterin der Verbrechen bekenne und diese vor Gericht behandelt würden. Anlass war die Veranstaltung zur internationalen Anerkennung der Verantwortung von Seiten des Staates für die aussergerichtlichen Hinrichtungen und das erzwungene Verschwinden der Opfer. Vizepräsident Eduardo Stein oblag die offizielle Vertretung während des Aktes, obwohl Präsident Oscar Berger wegen dem die Veranstaltung eigentlich extra verschoben worden war sich ebenfalls im Nationalen Kulturpalast und sogar nebenan in einer Aktivität des Erziehungsministeriums befand, und bat um Verzeihung, da der guatemaltekische Staat damals das Leben der jungen Menschen nicht geschützt habe. Während des Festaktes, der im ehemaligen Sitz der Regierung und des inzwischen aufgelösten Präsidialen Generalstabs (EMP) stattfand, würdigte die Präsidialen Menschenrechtskommission (COPREDEH) im Beisein von Familienangehörigen, Presse und nationalen wie internationalen MenschenrechtsaktvistInnen das Gedenken an die Opfer. Am 21. August und 10. September 1989 verschwanden im Rahmen der Aufstandsbekämpfungspolitik, die 36 Jahre lang das Land beherrschte, auf gewaltsame Weise die Studierenden Silvia María Azurdia Utrera, Víctor Hugo Rodríguez Jaramillo, Mario Arturo De León Méndez, Aarón Ubaldo Ochoa, Hugo Leonel Gramajo López, Iván González Fuentes, Carlos Contreras Conde, Carlos Humberto Cabrera Ruano und Eduardo Antonio López Palencia, die gefoltert und schliesslich brutal ermordet wurden. Bei der Gedenkfeier, bei der die Abwesenheit von wichtigen FunktionärInnen der Exekutive, wie der Leiterin des Friedenssekretariats (SEPAZ) und allen voran just des Mandatsträgers selbst, auffiel, entfalteten Mitglieder der Studierendengruppierung Widerstandsblock (BR) Transparente und Plakate und stimmten Slogans an, unter diesen "Kein Verzeihen, kein Vergessen Gerichtsverfahren und Strafe". Eine Gruppe von Familienangehörigen der Opfer hatte mit Beratung und Begleitung des Menschenrechtszentrums CALDH den Fall der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) eingereicht. Am 18. Februar dieses Jahres war ein Freundschaftsabkommen zwischen den KlägerInnen und dem guatemaltekischen Staat unterzeichnet worden. Dieser sah eben die Realisierung eines Anerkennungsaktes der staatlichen Verantwortung für den Mord an den Jugendlichen vor. Nach oben |
Erwin Pérez kommentiert in incidencia democrática folgendes: "Die Studierenden, Opfer der Repression, waren AnführerInnen der Vereinigung der Universitätsstudierenden (AEU) und stützten nicht nur die sozialen Forderungen jener Zeit, wie den historisch gewordenen Streik der LehrerInnen, sondern glaubten begeistert an das Ende des Krieges, die reale Demokratisierung des Landes und die Freiheit. Deswegen wurden sie umgebracht. Die repressiven Staatsmächte waren die einzigen Verantwortlichen. Vinicio Cerezo war Präsident und formalrechtlich auch der Generalkommandant des Militärs, und Héctor Gramajo war der Verteidigungsminister. Der erste ist derweil Abgeordneter im Kongress und will wieder auf den Präsidentenstuhl, der zweite starb am 12. März 2004 inmitten eines Bienenschwarms. Während seiner Amtszeit startete er zwei umfangreiche Militäroffensiven gegen die Guerilla, die das Leben von Tausenden von GuatemaltekInnen beendeten. |
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