Fijáte 396 vom 24. Oktober 2007, Artikel 9, Seite 5
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Guatemala auf der Leinwand und auf der Bühne Guatemala, 13. Okt. Der guatemaltekische Filmschaffende Julio Hernández gewann mit seinem neuesten Werk "Gasolina" drei der fünf Preise des diesjährigen Filmfestivals "Kino in Konstruktion", das im Rahmen des 55. Internationalen Filmfestivals von San Sebastian, Spanien, durchgeführt wurde. Nebst der internationalen Anerkennung versprachen die Mitglieder der Jury, dem Film hierzulande Zugang in die Kinos zu verschaffen. Der preisgekrönte Film handelt von drei Jugendlichen, Gerardo, Nano und Raymundo, die Benzin klauen, um nächtliche Spritzfahrten in einem Auto zu unternehmen. Nano und Raymundo sind zukünftige Schwager und in dieser einen Nacht streiten sie sich wegen der ungewollten Schwangerschaft von Nanos Schwester. Nano kommt in eine Zwickmühle, einerseits schmerzt ihn die Situation seiner Schwester, auf der anderen ist seine Freundschaft zu Raymundo, der in derselben Nacht vom Vater seiner Freundin und ebenfalls Vater von Nano verfolgt und verprügelt wird. Reibungen, die in einem Autounfall enden und dazu führen, dass die drei Freunde ein Verbrechen begehen. Es handelt sich bei "Gasolina" um eine Geschichte, in der die Protagonisten ziellos herumreisen und in der jeder Zwischenhalt ein Zusammenprall mit der Realität ist, die die Freundschaft der drei auf die Probe stellt. Eine Freundschaft mit kamikazischen Zügen zwischen Heranwachsenden, die ein schmaler Grat zwischen Verrat, Verzweiflung und Solidarität ist. Es ist aber auch eine intime Geschichte, in der zwischen den Extremen und Polaritäten immer wieder kleine Momente der Ehrlichkeit und Angst aufflimmern, Momente, die eine Jugend bestimmen, ein Land und seine Zukunft visualisieren. Das Geld für die Produktion des Filmes kam zusammen, indem 21 guatemaltekische KünstlerInnen ihre Werke für eine Versteigerung zur Verfügung stellten. Entsprechend gelegen kommt dem Produzenten wohl auch als Teil des gewonnenen Preises die Summe von 10'000 Euro für die Nachbereitung des Films. Etwa im Alter der Protagonisten in Hernández Film ist der neue Jungstar Guatemalas und das "Idol von Lateinamerika", Carlos Peña. Der 19-jährige gewann Ende September den Schlagerwettbewerb Latin American Idol des Unterhaltungskanals von Sony und erreichte somit wohl Guatemala-intern mehr Popularität als die Kandidaten der Präsidentschaftswahl. So hiess es denn in einem der unzähligen Web-Blogs über Carlos: "Carlos Peña ist der Gewinner! Der Präsident von Guatemala wird einen nationalen Feiertag ausrufen! Was sag ich Feiertag! Der Präsident soll abtreten und sein Amt an Carlos übergeben!" Guatemala ist im Idol-Taumel: Massen von Menschen säumten die Strassen vom Flughafen zum Parque Central, wo der "Held" am Tag seiner Rückkehr vom Präsidenten und vom Bürgermeister Alvaro Arzú je eine Orden überreicht bekam. Nach oben |
Als das Vorbild "unserer" Jugend, der seinen Ruhm aus eigener Kraft und ohne einen Rappen Steuergelder zu verschleudern, erhalten hat, wird der Jungstar vom Prensa Libre-Kolumnisten Luis Figueroa gefeiert. Was Figueroa nicht erwähnt ist, dass Carlitos den Wettbewerb nur gewonnen hat, weil zig Tausende von jüngeren und älteren Fans ihn durch das Senden einer SMS von ihren Mobiltelefonen "gewählt" haben. Eine solche SMS hat 1 US-$ gekostet - wer mit einem US-$ am Tag leben muss, gilt als arm - in Guatemala sind dies rund 60% der Bevölkerung. |
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