Totschicke Schuhe zum Int. Tag gegen Gewalt an Frauen
Fijáte 399 vom 5. Dezember 2007, Artikel 3, Seite 4
Original-PDF 399 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 --- Nächstes Fijáte
Totschicke Schuhe zum Int. Tag gegen Gewalt an Frauen
Guatemala, 01. Dez. An der Situation hat sich seit letztem Jahr nichts verändert: Die Zahlen von gewalttätigen Übergriffen an Frauen steigen kontinuierlich. Nach Angaben der Organisation Koordination 25. November - das ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen, an dem auch heuer zahlreiche AktivistInnen und internationale Institutionen die Staaten dazu aufgerufen haben, die Frauen effektiver zu schützen - werden täglich 2 Frauen in Guatemala umgebracht. Die Guatemaltekische Frauengruppe (GGM) bezieht sich auf Daten von staatlichen Stellen, wenn sie informiert, dass zwischen 2000 und 2007 6´025 Anzeigen wegen Vergewaltigung, 139´682 wegen häuslicher Gewalt und 3´281 wegen Mordes an Frauen registriert wurden. Diese Zahlen erschrecken angesichts der Tatsache, dass von 10 Frauen, die unter Gewalt leiden, 6 Opfer ihres Partners sind und allein 2 überhaupt zur Polizei gehen. In nur 7% aller denunzierten Fälle ist es dabei zu einem Gerichtsprozess gekommen, von denen lediglich 3% zu einer Verurteilung der Täter geführt haben. Häufiger sei es, dass die Anzeigen, die von angegriffenen Frauen eingereicht werden, nicht beachtet würden, erklärt Gladys Ollas von der Abteilung für Frauen des Menschenrechtsprokurats (PDH). Gemäss Informationen der Tageszeitung Prensa Libre bleibt der Grossteil der Verbrechen ungestraft aufgrund von unsauberer Verfahrenspflege von Seiten der Justizangestellten. In Huehuetenango wurden beispielsweise zwei Frauen von zwei Jugendlichen vergewaltigt, doch als sie Klage erheben wollten, beschränkte sich der Richter darauf, eine aussergerichtliche Einigung zu ersuchen. Die Jahresdurchschnittswerte von gewalttätigen Morden an Frauen schwanken zwischen 438, angegeben von der GGM, und 442, die bei der PDH registriert werden. Diese beobachtete in den letzten Jahren einen Anstieg dieser Verbrechen von 19%. Giovana Lemus, Repräsentantin der GGM, macht darauf aufmerksam, dass in der Mehrheit der Polizeiberichte die Morde an Frauen als "Verbrechen aus Leidenschaft" bezeichnet werden, womit dem Opfer eine Mitschuld für die Tat zugeschrieben wird. Als makabrer und beleidigender Höhepunkt galt die just Mitte November in Guatemala und El Salvador lancierte Werbekampagne für die salvadorianische Schuhmarke MD: Auf den Plakaten sah man eine Frau auf einer Bahre in liegender Position, die nahelegte, dass die Frau tot war. Nach oben |
An den Füssen trug sie hochhackige bunte Schuhe, an ihrem Zeh hing ein Identifikationszettel vom Leichenschauhaus - übertitelt mit "Está de muerte" - ein Begriff, der in der Spanischen Umgangssprache eine kulinarische Köstlichkeit lobt und ähnlich wie das deutsche "totschick" zwar auf den Tod anspielt, aber eigentlich ein positiver Ausdruck ist. Während die zuständige Werbeagentur Ogilvy aus El Salvador anfänglich noch versuchte, das intendierte Wortspiel zu erläutern und sich gegen die Vorwürfe zu wehren, die in der Region herrschende Gewalt an Frauen zu verherrlichen, zog sie aufgrund des Druckes guatemaltekischer und salvadorianischer Frauenrechtsgruppen sowie der Stadtverwaltung von San Salvador die Werbekampagne nach 14 Tagen schliesslich zurück. |
Original-PDF 399 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 --- Nächstes Fijáte