Ratten- und Heuschreckenplage im Petén
Fijáte 189 vom 14. Juli 1999, Artikel 10, Seite 6
Ratten- und Heuschreckenplage im Petén
Guatemala, 10. Juli. Bauern und Bäuerinnen des Petén äussern sich entrüstet über die verbale Drohung, welche der Leiter des Pflanzenschutzprojekts des Ministeriums für Landwirtschaft, Viehzucht und Nahrungsmittel (MAGA), Juan Carlos Barquín Aldecoa, gegen den stellvertretenden Bürgermeister des Dorfes La Gloria, Manuel Tobar, ausgesprochen hat. Laut Andreas Figueroa, dem Präsidenten der NachbarInnenvereinigung des Dorfes La Gloria im Bezirk La Libertad, hat das Problem begonnen, als die betroffenen Bäuerinnen und Bauern sich bei verschiedenen Medien darüber beklagte, die Regierung und das MAGA würde sie nicht unterstützen im Kampf gegen die Ratten- und Heuschreckenplagen. Das einzige, was sie bisher zugesprochen bekommen hätten, seien ca. 25 Kilogramm Pflanzenschutzmittel für über 300 ProduzentInnen. Jetzt wird Tobar dazu aufgefordert, sich beim Präsidenten Alvaro Arzú und dem Leiter des MAGA, für die Veröffentlichung ihrer Klagen zu entschuldigen. Ansonsten würden sie ganz aus dem Hilfsprogramm gestrichen. Am meisten von der Plage bedroht sind die Gemeinden La Libertad und Sayaxché. Bis jetzt wurden schon Ernteeinbussen von 125 Millionen Quetzales kalkuliert, davon ca. ein Viertel der gesamten der Maisernte, die allein 73 Millionen Quetzales ausmacht. Am 11. Juni wurde in den beiden Gemeinden der Ausnahmezustand verhängt. Laut einer Pressemeldung des MAGA vom 14. Juni, hätte man schon seit Mitte März von einer wachsenden Anzahl Ratten in der Region gewusst. Seither sei das Gebiet beobachtet worden, man habe versucht, die betroffenen Flächen einzukreisen und hätte mit der Bevölkerung Informations- und Aufklärungsarbeit gemacht. Im April wurden zum erstenmal Heuschreckenschwärme auf einer Finca in La Libertad entdeckt, welche sich in den letzten Monaten multipliziert haben. Laut Regierungsquellen wäre eine Anfangssumme von 2,5 Millionen Quetzales nötig, um die beiden Plagen zu bekämpfen. Es wurde eine Kommission aus nationalen und internationalen Fachleuten zusammengestellt, welche einen umfassenden Bekämpfungsplan ausgearbeitet hat. Juan Carlos Barquín, Koordinator des Pflanzenschutzprojektes des Ministerium für Landwirtschaft, Viehzucht und Nahrungsmittel (MAGA) informiert, dass die Rattenplage sich über ein Gebiet von 750'000 Hektaren ausgebreitet hat, mit einer Dichte von 500 Ratten pro Hektare (100x100 m). Die Heuschreckenplage erstrecke sich auf ein Gebiet von 250'000 Hektaren. 240 Dörfer seien stark davon betroffen. Die Methode, die Plage zu bekämpfen, sei im Falle der Heuschrecken die Infiszierung mit einem Pilz, der nur diese Tiere befalle. Gegen die Ratten wolle man 40 bis 50 Tonnen vergiftetes Tierschmalz verteilen, um so die Menge um 50 Nagetiere pro Hektare zu verringern. Diese Massnahmen würden innerhalb 4-5 Tagen Wirkung zeigen. Dem Biologen Franz Dieseldorff zufolge, hätte es aber in diesen besonders stark betroffenen Gebieten mindestens 3000 Ratten pro Hektare, was etwa 400 Tonnen Gift benötigte. Dieseldorff erklärte in einem im letzten November veröffentlichten Interview, dass die Plagen unter anderem eine Folge des Hurrikan Mitch sei. Die Ratten seien gezwungen gewesen seien, in trockenere Gegenden zu migrieren. Auch die ausgedehnten Waldbrände des letzten Jahres, hätten eine Änderung des Ökosystems verursacht (siehe fíjate Nr.160, 27. Mai 1998). Ebenso habe das Roden des Urwaldes und das Anlegen von Feldern einen Einfluss. Nach oben |
Falls nicht sofort etwas unternommen wird, muss mit einer Verdoppelung des von der Plage betroffenen Gebietes gerechnet werden, da innerhalb weniger Wochen die Brut der Heuschrecken flugreif ist. Etwa 35'000 ProduzentInnen sind von den Ernteeinbussen betroffen. Die Folgen davon sind katastrophal für die Region. Bankkredite, welche aufgenommen wurden, um Saatgut und Insektizide zu kaufen, können nicht zurückbezahlt werden. Ebenso ist bereits jetzt ein Mangel an Mais in der Gegend auszumachen. Selbst die Vorratskammern seien von den Nagetieren befallen und somit auch die Vorräte vergiftet. Die BürgermeisterInnen der Region sehen sich gezwungen, im Ausland um Hilfe zu bitten, um der Nachfrage nach Mais nachzukommen, informiert der Bürgermeister von La Libertad, René Reinosa Alegría. Es ist auch nicht auszuschliessen, dass sich die Rattenplage auf andere Gemeinden und Departamente ausdehnt. Vielfach werden die Tiere zusammen mit den Produkten auf den Lastwagen transportiert und so wird die Plage in andere Dörfer verschleppt. In Poptún, in San Luís und in Izabal ist bereits eine beachtliche Zunahme an Ratten verzeichnet worden. Es sei auch nicht auszuschliessen, dass die Plage Konsequenzen auf den Viehzuchtsektor hat. Ratten können Krankheiten übertragen, und wenn erst einmal das Vieh betroffen ist, kann das auch für die Menschen gefährlich werden, meint Reinosa Alegría. Deshalb hätten sie beschlossen, auch das Gesundheitsministerium zu informieren. |
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