'Guate-Gate' entwickelt sich zur Regierungskrise
Fijáte 219 vom 27. Sept. 2000, Artikel 3, Seite 4
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'Guate-Gate' entwickelt sich zur Regierungskrise
Guatemala, 22. Sept. Die Diskussion um die Fälschung eines Gesetzes über Alkoholsteuern, derer die Regierungspartei FRG beschuldigt wird (siehe ¡fijáte! Nr. 216), führte zu einer regelrechten Staatskrise. Was anfänglich von der Presse noch als 'Guate-Gate' bezeichnet wurde, heisst nun im Volksmund 'Guaro (Schnaps)-Gate' und zieht politische Konsequenzen nach sich, die wohl niemand vorausgesehen hat. Der Generalsekretär der PAN, Leonel López Rodas und weitere Abgeordnete dieser Partei haben beim Obersten Gerichtshof (CSJ) eine Untersuchung gegen Ríos Montt und weitere 19 Abgeordnete der FRG beantragt. Der vom CSJ mit dem Fall beauftragte Richter wird aber von der FRG nicht akzeptiert, da er ein Verwandter von López Rodas sein soll. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen entschieden, als Nebenklägerinnen aufzutreten, falls es zu einer Anklage kommt. Gleichzeitig haben Abgeordnete der Unionistas eine Klage gleichen Inhalts bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Die Taktik der FRG sei es, Zeit zu gewinnen, um sich eine Strategie auszudenken, wie sie Efraín Ríos Montt retten können, hiess es aus parteinahen Kreisen. Eine Möglichkeit, die offenbar zur Diskussion steht, ist, Ríos Montt in die Exekutive zu versetzen, ihn z.B. zum Gouverneur eines Departementes oder zum Innenminister zu ernennen. Damit unterstünde er nicht mehr der Gerichtsbarkeit des CSJ oder der Staatsanwaltschaft, sondern derjenigen des Kongresses. Und da die FRG im Kongress die Mehrheit besetzt, könnte sie ihren Chef problemlos jeglicher Schuld freisprechen. Danach könnte er wieder seinen Posten im Kongress einnehmen. Unterdessen hat sich Protest auf der Strasse formiert: Die Bewegung BürgerInnen für Gerechtigkeit und Demokratie, in der 12 Volksorganisationen zusammengeschlossen sind, haben zu öffentlichen Protesten vor dem Kongress aufgerufen, die jeweils am Dienstag stattfinden. "Zuerst Pinochet, dann Ríos Montt!" lautete eine der Parolen; die Protestierenden trugen T-Shirts mit dem Bild von Ríos Montt hinter Gittern. Die Kundgebungen sind Ausdruck des Protests seitens der Bevölkerung, die OrganisatorInnen hoffen, dass sie zu einem 'Festival für die Demokratie' anwachsen und sich aufs ganze Land ausdehnen. Nach oben |
Diese Woche musste die Aktion jedoch frühzeitig abgebrochen werden, da sich Provokateure unter die Protestierenden gemischt haben. Dabei waren Mitglieder der Jugendorganisation der FRG auszumachen, namentlich ein Enkel und ein Neffe Ríos Montt's. Die feministische Organisation Frauen vereint gegen die Straflosigkeit verlangte, dass die Verantwortlichen für die Fälschung des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden. Die Frauen versammelten sich vor dem Kongressgebäude und wollten mit einer symbolischen Zeremonie "den Teufel und schlechte Geister ausräuchern. Wir haben genug von all den Schweinereien, den Lügen, dem Machtmissbrauch und davon, dass das Volk hintergangen wird", erklärte Laura Asturias, Sprecherin der Gruppe. |
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