Wie der Landkonflikt in Xoncá/Nebaj eskaliert
Fijáte 268 vom 11. Sept. 2002, Artikel 7, Seite 5
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Wie der Landkonflikt in Xoncá/Nebaj eskaliert
Fortsetzung des Berichts "Räumung der Finca Santa Maria in Xoncá/Nebaj", ¡Fijáte! Nr. 263 vom 3. Juli 2002. Vorbemerkung: die umstrittene Finca heisst San Miguel und nicht Santa Maria, wie im erwähnten Artikel gemeldet: Guatemala, 2. Sept. Die Geschichte rund um den Kampf um die Finca San Miguel spitzt sich zu: Der Katasterbericht von CONTIERRA, dem staatlichen Büro zur Lösung von Landkonflikten, stellt zwar fest, dass nur zwei der acht caballerías (eine caballería entspricht 44,72ha) dem Finquero Samayoa und die restlichen sechs caballerías den Gemeinden Xoncá, Pulay und Río Azul gehören. Sie sind ihnen in den fünfziger Jahren, nachdem Jacobo Arbenz gestürzt und die Landreform rückgängig gemacht worden war, von der Familie Samayoa Villatoro geraubt worden, die ihre einflussreiche Stellung als Bürgermeister der Gemeinde Nebaj ausnützten. Laut den Recherchen von CONTIERRA zwangen die Samayoas die indigenen Familien, für sie zu arbeiten. Weigerten sie sich, wurden sie von ihrem Land vertrieben und ihre Bodentitel ersetzt durch andere zu Gunsten der Familie Samayoa. Die BäuerInnenfamilien lebten seither als Vertriebene in umliegenden Gemeinden. Erst im Frühjahr 2002 wehrten sie sich mit einer temporären Besetzung gegen diese Willkür und forderten ihr Land zurück (s. Artikel in ¡Fijáte! Nr. 263). Die Verhandlungen zwischen den rechtmässigen BesitzerInnen der Finca und der Familie Samayoa, für die das Gutachten von CONTIERRA als Basis diente, verliefen im Sand. Der Finquero verlangte einen Rückkauf der acht caballerías (also auch jenen sechs, die nach CONTIERRA eindeutig den Gemeinden gehörten). Es gelang dem Finquero Humberto Samayoa offensichtlich mühelos (und wie es in Guatemala Tradition ist), sich die Staatsanwaltschaft und zwei RichterInnen gefügig zu machen. Mit der fadenscheinigen Begründung, die Vorstandsmitglieder der Comité pro Tierra von Xoncá müssten Aussagen im Zusammenhang mit der Entführung des Bürgermeisters von Cotzal machen, wurden sie am 23. August auf die Staatsanwaltschaft vorgeladen, mit dem Versprechen, dass sie nur Hausarrest zu gewärtigen hätten. Die erwähnte Entführung steht in keinerlei Zusammenhang mit den Landkämpfen der Leuten von Xoncá. Die Zitierten machten sich auf den Weg, wurden aber gewahr, dass eine grosse Zahl schwer bewaffneter Polizisten der Policía Nacional Civil auf sie warteten, mit der Absicht, sie zu verhaften. Sie konnten sich gerade noch rechtzeitig der Verhaftung entziehen. Nach oben |
Am 24. August gab die Staatsanwaltschaft, im Einvernehmen mit dem Richter Moises Oswaldo Herrera und der Richterin Sara Griselda Yoc Yoc, der Polizei den Befehl, die Häuser der Vorstandsmitglieder des Comité pro Tierra zu durchsuchen. Den Durchsuchungsbefehlen waren gleich auch die Haftbefehle für die betreffenden Personen angehängt. Bei den mit Gewalt durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden Gegenstände zerstört und 7000 Quetzales gestohlen. Die Defensoría Maya bezeichnete in einer Presseerklärung das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als rassistisch und diskriminierend, und das ausgerechnet in einem Moment, wo der neue Generalstaatsanwalt mit einer Einsetzung lokaler Menschenrechts- und Antidiskriminierungsprokuraturen prahlt. |
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