Zeit der Berichte
Fijáte 283 vom 23. April 2003, Artikel 2, Seite 3
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Zeit der Berichte
Guatemala, 11. April. Die im obigen Interview beschriebene Situation wird durch verschiedene Berichte nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen bestätigt und durch konkrete Beispiele und Zahlen ergänzt: Laut des aktuellen Berichtes der Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) war das Jahr 2002 das gewalttätigste der sog. Nachkriegszeit. Dabei gehörte das "Recht auf Leben" zu dem am meisten verletzten und verzeichnet in den Statistiken einen Anstieg um 3´699 Fälle innerhalb eines Jahres auf insgesamt 5´826. Die Analyse der GAM weist darauf hin, dass die Art der Bedrohungen, Einschüchterungen und gewalttätigen Übergriffe gegen MenschenrechtlerInnen, JournalistInnen, soziale AktivistInnen und Oppositionelle ein Phänomen darstellten, das, so hatte man geglaubt, den Praktiken der Vergangenheit, ergo des internen bewaffneten Konflikts angehörten. Unter den herausragenden Zahlen, die der Bericht präsentiert, welcher lediglich die öffentlich angezeigten bzw. registrierten Fälle beinhaltet, gehören 1´547 Morde, 1´056 Totschläge, 924 Verletzte durch Schusswaffen, 479 Verletzte durch Stichwaffen, 213 Lynchversuche, 184 Vergewaltigungen, 161 Fälle von Folter, 154 Fälle von Kindesraub. Es überrascht wohl auch weder die Feststellung des Dokuments, dass bei einem hohen Anteil dieser Verbrechen aktive bzw. pensionierte Agenten der staatlichen Sicherheitskräfte und klandestine Gruppen beteiligt waren, noch, dass bislang in keinem einzigen dieser Fälle ermittelt worden ist. Die Aktivität der Untergrundgruppen nehme möglicherweise im laufenden (Wahl-)Jahr noch zu, so Mario Polanco von der GAM. Für Polanco enthüllt der Bericht den hohen Grad an sozialem Zerfall, des Klimas der Unsicherheit und Gewalt, in dem das Land lebt. Dies alles steht zudem in engem Zusammenhang mit der sozioökonomischen Situation des Landes; die Extreme Armut hat sich in 2002 deutlich verschärft. Auf diese nimmt auch der Bericht der UN-Sondergesandten Hina Jilani Bezug, der Ergebnis ihres Guatemala-Aufenthaltes im vergangenen Jahr und für die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen bestimmt ist, die sich in ihrer 59. Konferenz vom 17. März bis 25. April in Genf dessen Analyse gewidmet hat. Jilani äussert sich in ihrem Dokument verzweifelt angesichts der Haltung des guatemaltekischen Kongresses, der nicht die notwendigen Gesetze erlasse, um den Schutz der Menschenrechte zu verbessern, und der keinen Finger krümme, um gegen die Rechtsvergehen zu ermitteln. Die UNO entschied für Mitte des Jahres die Eröffnung eines Büros des Hochkommissariats für Menschenrechte in Guatemala, wie dies auch von der guatemaltekischen Delegation in Genf gefordert wurde. Ausserdem wird die UNO im Verlaufe des Jahres ihre Sonderbeobachterin für aussergerichtliche Hinrichtungen, Asma Jahangir, zu einer Bestandesaufnahme nach Guatemala schicken. Ende März schloss auch die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) einen Besuch in Guatemala ab und legte den dazugehörenden Bericht vor. Nach oben |
Die CIDH ist ein Organ der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA), welche zwei VertreterInnen in der CICIACS (s.o.) stellen wird. In ihrem Bericht kommt die CIDH zum Schluss, dass "die Einmischung der Armee in Belange, die gemäss Friedensabkommen nicht in ihre Kompetenz gehören sowie die Übergriffe seitens und die Korruption innerhalb der Zivilen Nationalpolizei (PNC) zu den grössten Hinternissen für die Entwicklung effizienter Sicherheitskräfte und somit zur Bekämpfung und Prävention der Kriminalität gehören". Der Rechtsstaat und die Demokratie könnten sich in Guatemala nicht entwickeln, solange das Justizsystem nicht in der Lage sei, die gravierenden Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit zu ahnden sowie diejenigen der Gegenwart und die herrschende Korruption zu bekämpfen. Die CIDH betont einmal mehr die Wichtigkeit der Friedensabkommen als Werkzeug für den Aufbau eines demokratischeren Landes. |
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