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Demokratie als lukratives Geschäft

Fijáte 299 vom 17. Dez. 2003, Artikel 1, Seite 1

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Demokratie als lukratives Geschäft

keine längerfristige politische Bildung und keine Begleitung der BürgermeisterInnen, wenn diese einmal ihren Posten erworben haben. Diese Seite der Demokratie ist sehr schwach gegenüber der anderen. Seit den 80er-Jahren hat der Markt der Wirtschaft den politischen Markt kontaminiert, meint de Sousa Santos. ,,Der politische Markt ist heute wirtschaftlicher, die Ideologien sind verschwunden, die Stimmen und politischen Positionen der Parteien haben ihren Preis, und dieser Preis ist die Korruption..." Jährlich werden Aufträge im Wert von 13 Milliarden Quetzales (ca. US-$ 1,5 Mrd.) öffentlicher Gelder an private Firmen vergeben. Präsident Portillo gab einst gegenüber Inforpress zu, dass der Haushaltsetat das grösste Geschäft eines Landes ist. Hinter diesen Geldern verstecken sich Interessen, Manipulation, Korruption und Gewalt. Das Projekt Service für Gemeindeinformation (SIM) von Inforpress hat den Einfluss der Korruption auf Gemeindegeschäfte aus der Nähe verfolgt. So gibt es z.B. Kongressabgeordnete, die gleichzeitig Bauunternehmer sind, die Scheinfirmen gründen, um an den Ausschreibungen öffentlicher Bauten teilzunehmen. Damit treiben sie bei den Verhandlungen die Preise in die Höhe im Wissen darum, dass eine ihrer Firmen den Auftrag bestimmt bekommt. Ebenso gibt es Strassen, die nirgendwohin führen und Schulen, die nur auf dem Papier existieren. Es gibt unzählige Rechnungen über Baumaterial wie Kies und Sand, datiert zwischen dem 9. November (dem Tag der Wahlen) und dem 14. Januar (dem Tag der Regierungsübergabe). Gemäss den Aussagen eines Bürgermeisters in Progreso ist es schwierig, nicht korrupt zu sein: ,,Wenn ich damit einverstanden bin, mit dem Unternehmen eines Kongressabgeordneten einen Vertrag abzuschliessen, bekomme ich von der Regierung das Geld für den Bau einer Strasse in meiner Gemeinde. Wenn nicht, wird die Strasse nicht gebaut. Was soll ich machen? Die Leute brauchen die Strasse..." Die Lösung für dieses Dilemma ver-

steckt sich in den Wahlresultaten: Die vier Bürgermeister, die mit den besten Ergebnissen wiedergewählt wurden, gehören BürgerInnenkomitees an und werden von namhaften Persönlichkeiten ihrer Gemeinde unterstützt. In Interviews mit BürgermeisterInnen, die mit mehr als 70% der Stimmen wiedergewählt worden sind, kam klar heraus, dass ihr Erfolg auf der Beteiligung der Bevölkerung bei Entscheidungen auf Gemeindeebene und auf einer transparenten Geschäftsführung beruht. Eine Untersuchung vom SIM über die Wahlen von 1999 kam zu dem Ergebnis, dass die BürgermeisterInnen, die wiedergewählt wurden, aus Gemeinden stammen, in denen allgemein eine hohe Wahlbeteiligung herrschte. Die Zunahme der wiedergewählten Gemeinderegierungen geht auch dieses Jahr einher mit einer generellen Zunahme der Wahlbeteiligung auf nationaler Ebene: Während 1995 die Wahlbeteiligung bei 46.8% lag, gaben im Jahr 2003 landesweit 56% der wahlberechtigten Personen ihre Stimme ab.


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