Vom Sehen und Hören
Fijáte 299 vom 17. Dez. 2003, Artikel 10, Seite 6
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Vom Sehen und Hören
Guatemala, 2. Dez. Präsident Portillo hat die Fernsehkanäle 5 und 9, die beide seit längerem im Besitz des Staates und deshalb laut Gesetz nicht zu versteigern sind (die Art und Weise, wie normalerweise Fernseh- und Radiokonzessionen vergeben werden), ans ,,Volk" übergeben. Das Versprechen ist ein altes, doch eigentlich hatten die StudentInnen der Universität San Carlos damit gerechnet, einen der beiden Kanäle zu bekommen, wie dies Portillo im September 2002 versprochen hatte. Die USAC sendet momentan 15 Stunden pro Tag auf einem Kabelkanal. Doch Portillo hat anders entschieden: Die Lizenz des Kanals 5, der früher dem Militär gehörte, wurde für die nächsten acht Jahre an die Akademie für Maya-Sprachen (AMLG) vergeben, diejenige des Kanal 9 an den guatemaltekischen Kongress. Die Reaktionen auf diese Lizenzvergaben waren unterschiedlich: In Indígenakreisen wurde die Nachricht grundsätzlich positiv aufgenommen. Sie gilt als ein Zeichen der Umsetzung des in den Friedensabkommen festgehaltenen Rechts auf Information in den verschiedenen Maya-Sprachen und als generelle Anerkennung der Existenz der indigenen Bevölkerung. Gleichzeitig hofft man aber, dass diese Geste nicht auf der symbolischen Ebene stecken bleibt, sondern dass die Regierung auch die entsprechenden Mittel zum Betreiben eines Fernsehsenders zur Verfügung stellt. Gilberto Atz von der Nationalen Koordination der Campesin@-Organisationen, CNOC, betonte die Wichtigkeit des Einbezugs aller indigenen Gruppen, um zu vermeiden, dass der Fernsehkanal von einem Sektor dominiert, monopolisiert und zu politischen Zwekken missbraucht wird. Víctor Hugo Herrera von der Guatemaltekischen Vereinigung der Radio-Schulen (FGER) begrüsste zwar die Lizenzvergabe an die ALMG, ist aber gleichzeitig der Meinung, dass damit noch nicht genug getan sei. Die indigenen Völker seien historisch vom gesellschaftlichen Geschehen ausgeschlossen gewesen, weshalb neben einem ,,eigenen" Fernsehkanal auch weiterhin der politische Kampf um die indigenen Rechte nicht zu vernachlässigen sei. Alfred Kaltschmitt, der für seine rassistische Einstellung bekannte Kolumnist von der Tageszeitung Prensa Libre, hingegen geht wie selbstverständlich davon aus, dass erstens von Mayas gemachte Fernsehprogramme totlangweilig seien und zweitens, dass die Vergabe der Lizenz gegen den 1. Nach oben |
Artikel der guatemaltekischen Verfassung verstosse, laut dem alle Menschen gleich sind. Auch die Vergabe des Kanals 9 an den guatemaltekischen Kongress wurde ambivalent aufgenommen: Derselbe Alfred Kaltschmitt findet es hochspannend, Minute für Minute verfolgen zu können, was die ,,Väter der Nation" den lieben langen Tag im Kongress so treiben. Auch einige ParlamentarierInnen begrüssen die Lizenzvergabe und erhoffen sich eine bessere Kontrolle der Kongressarbeit durch die Bevölkerung. KritikerInnen jedoch befürchten, dass der kongresseigene Fernsehkanal politisiert und von der Kongressmehrheit dazu missbraucht wird, unpopuläre Entscheide via ,,Fernsehshow" beliebt zu machen. Während die Vergabe der Fernsehkanäle als demokratisches Ereignis gefeiert wird, weitet der mexikanische Medienmogul, Angel González, sein Reich auf die guatemaltekischen Radiofrequenzen aus. Gonzáles, der bereits Besitzer der meisten guatemaltekischen Fernsehsender ist, hat am 19. November 17 Radiofrequenzen gekauft und ist nun im Besitz von insgesamt 70 Radiostationen. Normalerweise werden Radiofrequenzen, die zum Verkauf stehen, von der Telekommunikationsbehörde dreimal in den wichtigen nationalen und internationalen Tageszeitungen sowie per Internet ausgeschrieben und an den Meistbietenden vergeben. Bei dieser jüngsten Frequenzvergabe wurden aber die Daten einzig in der Zeitung La Hora ausgeschrieben, ohne Zeit und Datum, wann die Versteigerung stattfindet. So kam es, dass Gonzáles pro Radiofrequenz rund US-$ 50´000 bezahlte, während normalerweise die Preise bei den Versteigerungen bis zu US-$ 250´000 hinauf getrieben werden. Derweil kämpfen die unkommerziellen Gemeinschaftsradios um eine Revision des Telekommunikationsgesetzes, die es auch den ,,Kleinen" ermöglichen soll, legal zu einer Radiofrequenz zu kommen. |
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