Genozid, der stärkste Ausdruck von Rassismus
Fijáte 324 vom 15. Dez. 2004, Artikel 4, Seite 4
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Genozid, der stärkste Ausdruck von Rassismus
Guatemala, 29. Nov. Die Wunden sind noch nicht verheilt, noch sind viele Massengräber zu exhumieren, während weder der Staat noch die Gesellschaft die Tragweite der Problematik vollständig zu erfassen scheinen. Dies ist eine der Schlussfolgerungen aus der Politischen Deklaration, die bei der Pressekonferenz am Ende des ,,Ersten Treffens zu Rassismus und Genozid" verlesen wurde. 647 Personen, darunter 338 Frauen und 309 Männer aus allen Teilen des Landes, Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Angehörige von Opfern und Überlebende der Massaker Anfang der 80er Jahre, VertreterInnen aller Kulturen des Landes, erarbeiteten bei dieser Konferenz vom 22. bis 24. Nov. einen Forderungskatalog an die Regierung, an den Kongress, ans Justizsystem, an die Kommunikationsmedien und an die Gesellschaft an sich, in dem sie auf die ausstehende Agenda zum Aufbau einer plurikulturellen, mulitethnischen und gerechten Nation verwiesen. Während eingeladene Herren wie der Präsident des Obersten Gerichtshofs (CSJ), der Oberstaatsanwalt und der Vizepräsident der Republik, denen das Dokument überreicht werden sollte, auf die eigene oder auch stellvertretende Teilnahme verzichteten, unterstrich Frank LaRue als einziger anwesende Staatsvertreter das Anliegen der Konferierenden: ,,Es gibt immer noch Leute selbst in öffentlichen Positionen, die weiterhin die Massaker verleugnen. Es ist der Moment gekommen, dass der Staat und die Gesellschaft darüber reden, was in Guatemala passiert ist." Neben der Anklage des Justizsystems, im Wesentlichen einsprachig zu sein und Autoritäten mit Maya-Herkunft in der Justizverwaltung nicht anzuerkennen, nahm das Plenum Stellung zu Themen wie dem rassistisch geprägten Zugang zu Land, dem Minenbergbau und den Freihandelsabkommen, die ,,die Rechte der indigenen Völker bedrohen". Bis zum heutigen Tage werde ein System von Vorurteilen und Werten alimentiert und perpetuiert, welches sowohl auf individueller als auf kollektiver Ebene den politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausschluss der Mehrheit der guatemaltekischen Gesellschaft schafft. Als Konsequenz des historischen, systematischen und kontinuierlichen Missbrauchs seien die indigenen Völker verurteilt zu einem Leben in offensichtlicher Armut, extremer Armut und prekären Lebensumständen. In den Arbeitsgruppen auf der Konferenz, die die Themen analysierten, welche letztendlich in das politischen Abschlussdokument einfliessen sollten, stimmte man darin überein, dass die Globalisierung und die neoliberalen Politiken zusätzlich dazu beitrügen, die Marginalisierung der bereits benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu stützen. Nach oben |
Ein weiteres Untersuchungsergebnis beleuchtet, dass einige Kommunikationsmedien systematisch Stereotype verbreiteten, die die bestehende Rassismus-Problematik verstärkt. Dem Pressesektor wurde zudem vorgeworfen, das Thema der Gewalt gegen Frauen unangemessen zu behandeln. Abschliessend forderten die Teilnehmenden die Einführung von effektiven Mechanismen für die Beteiligung und Repräsentation der indigenen Völker im Staat und im demokratischen System. Der Name dieses Treffens löste in gewissen Kreisen Unbehagen und Kritik aus. Dania Rodríguez Martínez fragte sich zum Beispiel in einer Analyse im Reporte Diario Nr. 638 von I-DEM, ob das, was in Guatemala vorgefallen ist, tatsächlich als rassistisch motivierter Genozid bezeichnet werden könne. Gemäss der GenozidDefinition des Statutes von Rom handle es sich auf alle Fälle um Genozid, Rodríguez Martínez gibt auch zu, dass die Mehrheit der Opfer aus der indigenen Bevölkerung stammten und dass das rassistische Denken dem grössten Teil der guatemaltekischen Bevölkerung inhärent sei. Sie bezweifelt jedoch, dass die Ausrottung der indigenen Bevölkerung das Hauptziel des Genozids gewesen sei und der Grund, auf dem das Militär das Morden und Töten basiert habe. Sie glaubt vielmehr, dass es darum gegangen sei, den politischen Feind, die Guerilla, zu bekämpfen und dass die indigenen Gemeinden deshalb Ziel der militärischen Aktionen gewesen seien, weil sie (aus historischpolitischen und geographischen Gründen, die Red.) der Guerilla als soziale Basis gedient hätten. Weiter verweist sie darauf, dass auch Nicht-Indígenas und Personen aus allen sozialen Schichten Opfer von Verfolgung, Folter, Mord und Massaker geworden seien. Doch auch Rodríguez Martínez streitet nicht ab, dass unabhängig der Diskussion darum, ob der Genozid rassistischen Ursprungs sei, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden seien, die verfolgt und bestraft werden müssten und dass der Straflosikgkeit ein Ende gesetzt werden müsse. |
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