Polizei und Militär in Aguacatán
Fijáte 324 vom 15. Dez. 2004, Artikel 6, Seite 5
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Polizei und Militär in Aguacatán
Guatemala, 28. Nov. Ein Aufgebot von 300 Polizisten und 50 Soldaten stellte in Aguacatán, Huehuetenango, Ruhe und Ordnung wieder her, nachdem die organisierte Bevölkerung einen Tag zuvor 14 Polizisten und einen evangelikalen Pfarrer als Geiseln nahm. Mit der Geiselnahme erzwangen sie Verhandlungen mit einer von der Regierung eingesetzten Kommission, um ein Problem zu lösen, welches das Dorf seit einem Jahr in Zwist leben lässt. Der Konflikt in Aguacatán begann mit der Wiederwahl des Bürgermeisters Pablo Escobar Méndez vor einem Jahr. Die Wiederwahl kam überraschend für den grössten Teil der Bevölkerung und gelang Escobar Méndez nur deshalb, weil es insgesamt etwa 10 Gegenkandidaturen gab und sich die Stimmen auf diese verteilten. So konnte er mit bloss 19,5% der Stimmen seinen Posten behalten. Der Bürgermeister wird beschuldigt, 1,3 Mio. Quetzales hinterzogen zu haben, ein Verdacht, der sich bei einer Untersuchung des Nationalen Rechnungsprüfungshofs (CGCN) verhärtete. Die sozioökonomische Situation in Aguacatán fördert die Unzufriedenheit der BürgerInnen. Die Haupteinnahmequelle der Bevölkerung sind die Geldsendungen aus dem Ausland, die wirtschaftlichen Möglichkeiten vor Ort sind seit dem Rückgang des Preises für Knoblauch, der auf den Feldern Aguacatáns im grossen Stil angebaut wird, sehr beschränkt. Dazu kommen die Abholzung und die daraus resultierende Erosion des Bodens sowie das Fehlen jeglicher Industrie, das die Leute in die Migration drängt. Als Antwort darauf liess Escobar Méndez während seiner ersten Amtszeit eine breite und partizipative Untersuchung durchführen, aus deren Ergebnissen er einen sogenannten langfristigen Entwicklungsplan erarbeitete. Nach den Wahlen vor einem Jahr bildete sich in Aguacatán ein BürgerInnenkomitee, das Prozesse gegen Escobar Méndez einleitete und seinen Rücktritt forderte. Die Bevölkerung verunmöglichte dem Bürgermeister auch, das Bürgermeisteramt einzunehmen, weshalb er sich gezwungen sah, seinen Amtssitz ins 10 km von Aguacatán entfernt gelegene San Juan zu verlegen. Nach oben |
Escobar Méndez selber leugnet sämtliche Anschuldigungen gegen ihn und will von einem Rücktritt nichts wissen. Immerhin erklärte er sich zu Gesprächen mit der Verhandlungskommission der Regierung bereit, der unter anderem der Vize-Innenminister, der Gouverneur von Huehuetenango, das Sekretariat für strategische Analysen sowie Frank LaRue von der regierungseigenen Menschenrechtskommission angehören. Man kann gespannt sein auf das Verhalten dieser Kommission: Deckt sie den demokratisch gewählten Bürgermeister oder stellt sie sich auf die Seite der organisierten BürgerInnen und legitimiert somit deren nicht unbedingt demokratische Vorgehensweise in dem Konflikt? |
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