,,Die Vernunft setzt sich nie durch"
Fijáte 327 vom 2. Feb. 2005, Artikel 4, Seite 4
Original-PDF 327 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte
,,Die Vernunft setzt sich nie durch"
Guatemala, 13. Jan. So überschreibt Carolina Escobar Sarti folgenden Beitrag in der Tageszeitung Prensa Libre: ,,Der Titel des Artikels steht in Anführungszeichen, denn er stammt aus den Aussagen des Innenministers, Carlos Vielmann zu den Vorfällen in Los Encuentros. Der Minister ist der Ansicht, dass ,,trotz der Bemühungen der Autoritäten, die Bevölkerung zu überzeugen, die Maschinen (des Minenunternehmens Montana) ihren Weg fortsetzen zu lassen, sich die Vernunft nie durchsetzt". Er fügt hinzu, dass weiterhin ,,alle Anstrengungen, den Rechtsstaat durchzusetzen, mit der nötigen Menge an PolizistInnen unternommen werden". Ausgehend davon, dass der Minister ein Diener des Volkes ist und wir, die guatemaltekischen BürgerInnen ihm sein Gehalt zahlen, verwirren diese Erklärungen ein bisschen. Die Gemeinden, die sich durch den Minenabbau bedroht fühlen, haben ebenfalls versucht, die Autoritäten davon zu ,,überzeugen", dass der Bergbau nicht die beste Option für ihre Entwicklung ist. Doch sie verfügen nicht über Kontingente von Polizisten und Militärs, um diese umzustimmen. Vielmehr müsste einE MinisterIn, wollte er/sie den Rechtsstaat durchsetzen, erst einmal anfangen, das Recht der BewohnerInnen dieser Gemeinde zu respektieren, bevor er/sie über ihre Gegenwart und Zukunft entscheidet. Es müsste sich der Weg des Dialogs erschöpfen, bevor es zu solchen Situationen wie in Los Encuentros kommt, die sich zu dem reiht, was vor einigen Monaten auf der Finca Nueva Linda geschah. Es scheint sich eine ganz besondere Art und Weise der Regierung abzuzeichnen, solche Konflikte zu lösen. Gleichzeitig verfügt das Minenunternehmen Montana über die ausreichenden Ressourcen, um seinen eigenen privaten Sicherheitsdienst unter Vertrag zu nehmen. So müssten nicht wir alle sie sponsern und ihnen sowohl die Polizei als auch das Militär zur Verfügung stellen, während sich die Gewalt auf unseren Strassen gnadenlos ausbreitet. Das Unternehmen Montana fängt unter einem schlechten Stern an; vielleicht kam es hierher, um das zu tun, was es im eigenen Land nie tun dürfte. Es hat grosse Summen in die Werbung investiert, uns glauben zu machen, dass viele Arbeitsplätze und Entwicklung geschaffen würden. Es hat sehr geschickt mit den PolitikerInnen verhandelt und bietet an, ,,unter den striktesten Umwelt- und Sozialnormen zum Wohl des Landes" zu operieren. Doch wir wissen, dass diese Jobs kurzfristige Plazebos ohne Zukunft sind, dass es in zehn Jahren keine solch versprochene Entwicklung in den bis dann fast wüstenähnlichen Gemeinden geben wird. Andererseits verfügen wir gar nicht über die ausreichenden Konditionen, um die Einhaltung der Umweltnormen zu überwachen (dies sagt der Umweltminister, nicht ich). Doch das wirkliche Problem sind nicht die Arbeitsplätze, nicht das Unternehmen, sei es national oder transnational, noch nicht einmal der Grad der Politisierung dieser Angelegenheit. Nach oben |
Das zentrale Problem ist das Wasser. Denn dieses steht dem Unternehmen nicht nur gratis zur Verfügung (250´000 Liter pro Stunde, für die es keinen Centavo an Guatemala zahlen wird), sondern es wird zudem irreversibel mit der Blausäure Zyanid kontaminiert, in Mengen, die für jegliches Lebewesen schädlich sind, ins Grundwasser zurückgeführt. Würden Sie sich nicht bedroht fühlen, wenn Sie wüssten, dass Sie in zehn Jahren in einer Wüste leben werden? Wollten Sie Ihre kleinen Kinder mit verseuchtem Wasser waschen und beobachten müssen, wie ihnen die Haare ausfallen oder ihre Haut erkrankt? Es reicht zu sehen, was im Tal Valle de Siria in Honduras passiert ist und was in Afrika zu beobachten ist, wo ebenfalls Gold im Tagebau abgebaut wurde. Es ist in Ordnung, dass investiert wird, aber es ist überhaupt nicht in Ordnung, dass in der Hauptstadt über die Zukunft der Gemeinden entschieden wird; es ist gar nicht in Ordnung, dass die Interessen eines ausländischen Unternehmens mehr und besser geschützt werden, als die der guatemaltekischen Bevölkerung. Es ist nicht in Ordnung, dass eine Fussgängerbrücke abmontiert wird, die vor langer Zeit von den AnwohnerInnen gebaut wurde, allein, damit eine Bergbaumaschine passieren kann. Es ist nicht in Ordnung, dass in diesem Kontext jemand sterben muss und auch die Gewalt, die von den Leuten der Gemeinden gegen Fahrzeuge, Personen und Strassen ausgeübt wird, ist nicht in Ordnung. Möglicherweise hat der Minister doch nicht ganz Unrecht, dass in der Angelegenheit des Minenbergbaus nie die Vernunft obsiegt hat. Seitdem das Bergbauunternehmen in dieses Paradies gekommen ist, haben einige unserer PolitikerInnen komplett den Verstand verloren." |
Original-PDF 327 --- Voriges Fijáte --- Artikel Nr. 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 --- Nächstes Fijáte