"Manolito" ist gefasst!
Fijáte 418 vom 10. September 2008, Artikel 8, Seite 6
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"Manolito" ist gefasst!
Guatemala, 02. Sept. Ohne jede Gegenwehr hat er sich wohl ergeben, einer der derzeit meist gesuchtesten Männer in Guatemala: Manuel de Jesús Castillo Medrano, ehemaliger Abgeordneter und gewählter Bürgermeister für Jutiapa. Da er aufgrund von zahlreichen Telefonkontakten in Verbindung gebracht wurde mit dem Mord an den drei salvadorianischen Abgeordneten des Zentralamerikanischen Parlaments (PARLACEN) und ihrem Chauffeur im Februar 2007, wurde ihm Anfang des Jahres die Immunität als Staatsfunktionär entzogen und ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Nichtsdestotrotz liess sich Castillo, bekannt als "Manolito", Mitte Februar vom Gemeinderat zum Bürgermeister ernennen, was jedoch erst zwei Wochen später bekannt wurde. (siehe ¡Fijáte! 405) Alle beteiligten Mitglieder des Rates sitzen immer noch in Haft wegen Amtsmissbrauchs. Der Interimsbürgermeister Lisandro Salazar Trejo ist zwar im Amt und hat zwei Nicht-Regierungsorganisationen angeheuert, um die kommunalen Projekte durchzuführen, doch haben die Entwicklungsräte der umliegenden Dörfer bereits das Verfassungsgericht angerufen, dass dieses einen neuen ordentlichen Rat ernenne, da diverse Aktivitäten in der Gemeinde stillstünden und die AnwohnerInnen befürchteten, ohne RepräsentantInnen nicht mit offizieller Hilfe bedacht zu werden. Derweil erklärt sich Castillo unschuldig, nachdem er 239 flüchtig war und mehr als 22 Razzien nach ihm erfolglos blieben. Da der für seine Festnahme zuständige Polizeikommissar den lokalen AgentInnen nicht traute und befürchtete, dass über diese Castillo vorschnell gewarnt werden könnte, wurden jeweils rund 200 PolizistInnen aus der Hauptstadt auf die Suche nach Jutiapa geschickt. "Ich bin hier, weil ich möchte, dass die Situation geklärt wird. Das ist eine unbarmherzige politische Verfolgung, die auf einer Verschwörung beruht, die von anderen Leuten inszeniert worden ist", meint sich Castillo: "Ich bin völlig unschuldig. Ich habe entschieden, mich zu stellen und ich hab um Unterstützung gebeten, um meine Sicherheit zu gewährleisten. Das hab ich vorher nicht getan, weil mein Leben in Gefahr war." Mit schusssicherer Weste und Helm wurde er unter Wachschutz ins Untersuchungsgefängnis gebracht. Entgegen Castillos Aussagen berichten die Autoritäten, sie hätten einen Anruf erhalten, bei dem der Aufenthaltsort des ehemaligen Abgeordneten bekannt gegeben wurde. Gleichwohl beruhe der Sucherfolg eindeutig auf den Geheimdienstlichen Ermittlungen und nicht auf einer freiwilligen Aufgabe Castillos. Richter Nery Medina ordnete am Tag der Festnahme an, gegen Castillo eine Strafprozess zu eröffnen, da "ausreichend Elemente existieren, um die vermeintliche Beteiligung des Beschuldigten (am Mord an den Salvadorianern, die Red.) zu belegen". Somit wird der Lokalbaron, als welcher sich Castillo in Jutiapa durch grosszügige Geschenkaktionen und lokale Feste bekannt gemacht hat - während weder be- noch widerlegt ist, dass er auch im Drogengeschäft tätig ist -, angeklagt wegen Mordes, anhaltenden Betrugs, illegaler Vereinigung, Konspiration, Beihilfe (er wollte nicht den Namen seines telefonischen Gesprächspartners vor, während und nach der Mordaktion im Februar 2007, Montaña 3, alias Alberto Gutiérrez Arévalo bekannt geben, der vor einigen Monaten bereits ebenfalls als mutmasslicher Täter inhaftiert wurde) sowie unsachgemässer Aneignung und Vorenthaltung. Nach oben |
Doch nur drei Tage später ist Staatsanwalt Edwin Marroquín der Ansicht, dass die Anschuldigungen gegen Manolito allein aufgrund der nachgewiesenen Telefonate nicht aufrechterhalten werden könnten. Gleichwohl arbeite die Staatsanwaltschaft derzeit daran zu beweisen, dass Castillo in Verbindung steht mit der Drogenbande von Jalpatagua, einem Verwaltungsbezirk von Jutiapa. Dieser nämlich wird die materielle Täterschaft an dem Vierermord unterstellt. So betrachtet Dina Fernández in ihrer Kolumne in der Tageszeitung elPeriódico die Festnahme von Castillo skeptisch: "Mit aufgekrempelten Hemdsärmeln und einem Erfrischungsgetränk in der Hand verteilte der meistgesuchte Bürgermeister des Landes, Manolo Castillo, angeklagt des Mordes an den salvadorianischen Abgeordneten, am Freitag, als er festgenommen wurde, sein breites Lächeln im Gerichtsgebäude. Der berühmte Manolito wird seine Gründe haben, seine unerschütterliche Miene zu bewahren. Schliesslich brauchte es 4´000 Telefonanrufe an die Polizei, damit diese ihn aufspürte. Und als sie endlich entschieden, ihn zu fassen, fanden sie ihn friedlich zu Hause sich ausruhend, und ich würde mich nicht wundern, wenn er dort den Grossteil seiner erzwungenen Ferien verbracht hat, nachdem er sich mit grossem Getöse im letzten Jahr angeblich auf die Flucht gemacht hat. Das Einzige, was wir aus dieser Überraschungsverhaftung von Castillo ganz klar ziehen können, ist, dass Castillo den Eindruck macht, sich sicher und unangreifbar zu fühlen, um vor Gericht zu gehen. Die Fakten in den nächsten Monaten werden zeigen, ob sich die Umstände gewandelt haben und ob es eine wirklich Verbindlichkeit gibt, das Verbrechen aufzuklären, oder ob sich die tosenden Wasser wieder trüben." |
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