Das dritte Drogenmassaker
Fijáte 425 vom 17. Dezember 2008, Artikel 7, Seite 5
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Das dritte Drogenmassaker
Guatemala, 04. Dez. Das dritte grosse Massaker dieses Jahres, das in den Dunstkreis des Drogenhandels situiert wird, wurde Ende November in der Gemeinde Agua Zarca, Santa Ana Huista, Huehuetenango, verübt. Unklar sind noch die genauen Hintergründe. Eine Erklärung lautet, das Drogen- und Killerkartell Los Zetas, das ursprünglich aus Mexiko stammt, habe einem lokalen Drogenkartell eine Falle gestellt und sie zu einem Pferderennen gelockt. Ob mit oder ohne Falle sei es um US-$ 1 Mio. gegangen, nach dem Rennen habe eine hitzige Diskussion und eine darauf folgende Verfolgungsjagd begonnen, bei der mindestens 17 Personen durch Schusswaffen ihr Leben verloren. Sie wurden am Morgen des 1. Dezembers an drei verschiedenen Orten rund um die Gemeinde aufgefunden. Angeblich gibt es weitere 17 Tote, die jedoch von ihren Kumpanen mitgenommen worden sind. Die meisten der Toten sind als Mexikaner identifiziert worden, weitere stammen aus Guatemala. In den Maisfeldern in der Nähe von Agua Zarca wurden nach Hinweisen eines anonymen Anrufes zudem Utensilien gefunden, die darauf schliessen lassen, dass die Mexikaner eine mobile Krankenstation mitgebracht hatten, Bluttransfusions- und Infusionen hingen an Bäumen auf einer geschlagenen Lichtung und wurden im Feld gefunden. Die Presse erwähnt zudem unbeteiligte Personen, die im Kreuzfeuer verletzt oder getötet worden seien, gibt dazu aber keine weiteren Informationen. Eine zweite Hypothese geht davon aus, dass die erwähnten Zetas versucht haben sollen, den örtlich bekannten Kaffeeplantagenbesitzer Mariano Fernando Castillo Ovalle zu entführen, woraufhin dessen Bodyguards sich mit den Drogenkillern angelegt haben sollen, wobei Castillo Ovalle und sein Sohn dennoch ums Leben gekommen sein sollen. Inzwischen sind auf mexikanischer Seite und dank Zusammenarbeit von guatemaltekischer und mexikanischer Kriminal- und Drogenpolizei mindestens sechs Verdächtige verhaftet worden und zahlreiche Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Carlos Castresana, Leiter der Internationalen Untersuchungskommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG), der bereits zahlreiche Empfehlungen hinsichtlich der Umstrukturierung der Kriminal- und Sicherheitspolitik gegeben hat, die bislang vornehmlich unberücksichtigt geblieben sind, insistiert darauf, die Gerichtsverfahren gegen die narcos in der Hauptstadt durchzuführen und generell dort zwei Tribunale einzurichten, die sich explizit mit Schwerstverbrechen beschäftigen sollen. Lokale Beobachtungen sprechen für diesen Tipp, der sich auf die unzureichende Ausstattung der lokalen Behörden und Gerichte bezieht, dass nämlich jetzt die Verdächtigen in Gefängniszellen von Polizeikommissariaten untergebracht sind, die weder eine stabile Infrastruktur des Gebäudes noch eine ausreichende personelle Bewachungspersonalausstattung vorweisen. Offenbar verfügen sowohl die Nationale Zivilpolizei (PNC) wie das Innenministerium dank der Ermittlungen des Drogendezernates (SAIA) über Informationen in Bezug auf die Bewegungen und Beweggründe der Drogenkartelle in der Grenzregion zu Mexiko. Nach oben |
Dabei versuchen sich die Zetas, die, wie vor einiger Zeit bereits bekannt wurde, nicht selten die guatemaltekischen Elitesoldaten der Armeetruppe der Kaibiles für ihre Dienste rekrutieren, von den grossen Golfkartellen zu emanzipieren und gleichzeitig wollen sie sich die lokalen kleineren Kartelle, die in Guatemala bislang eher friedlich nebeneinanderher gehandelt haben, zu Untertan machen. Zugleich hat Mexiko mit Unterstützung und unter Druck der USA seine Drogenpolitik deutlich verschärft und einige Handelswege komplett abgeschnitten. So müssen die rivalisierenden mexikanischen Drogenkartelle neue Routen ausmachen. Doch sind die guatemaltekischen Gruppen weder an die Konkurrenz noch an die Gewalt gewöhnt und müssen nun ihr Territorium verteidigen. So spricht auch Innenminister Francisco Jiménez denn auch von einer neuen Entwicklung und verstärkten Anwendung von Gewalt und Waffen von Seiten des organisierten Verbrechens, das "aussergewöhnliche" Massnahmen erfordere, die er jedoch nicht ausführte. Er beklagte zudem das unzureichende Personal von Polizei und Armee in der Region. Und dieses sehe sich vermehrt konfrontiert mit bewaffneten Auseinandersetzungen mit den narcotraficantes, ohne ihrerseits etwas ausrichten zu können. Carlos Castresana warnt derweil, dass dringend durchgreifende Massnahmen eingeführt werden müssten, denn wenn nichts dergleichen geschehe, wäre das Land spätestens in zwei Jahren in den Händen des Drogenhandels. Manch ein Analyst spricht heute schon von der Machtübernahme als Tatsache. Angesichts der sich häufenden Gewaltverbrechen in der letzten Zeit hatte die Patriotische Partei Jiménez bereits vor den Kongress zu einer Interpellation zitiert und versuchte in aufeinanderfolgenden Sessionen zu belegen, dass der Minister nicht für diesen Posten geeignet sei, da er keine Ahnung von Sicherheitspolitik habe. Nichtsdestotrotz verzichtete sie erneut auf ein Misstrauensvotum. |
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