Es hagelt Kritik
Fijáte 258 vom 24. April 2002, Artikel 5, Seite 5
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Es hagelt Kritik
Guatemala, 16. April. Nachdem inzwischen zwei Monate seit dem Treffen der Konsultivgruppe vergangen sind, bei dem Guatemala scharfe Kritik von Seiten der internationalen Gemeinschaft einstecken musste, hat die Regierung nun mit Hilfe der Interamerikanischen Entwicklungsbank einen Plan ausgearbeitet, in dem das weitere Vorgehen hinsichtlich der Erfüllung von neun vereinbarten Abkommen beschrieben ist. Dabei ist jedoch der Zeitrahmen zu bedenken, in dem all diese Aktionen stattfinden: Welche Beschlüsse auch immer gefasst worden sein mögen, das Geld, um diese auszuführen, wird etwa ein Jahr vor den nächsten Wahlen eintreffen, was der ganzen Situation eine gewisse Besonderheit verschafft und mögliche Zweifel in Bezug auf die letztendliche Verwendung der finanziellen Unterstützung nicht wirklich aus dem Weg räumt. Gerade in Guatemala kann man sicherlich auf die Erfahrung vertrauen, nach der eine neue Regierungspartei im ersten Jahr ihrer Amtszeit erst einmal all jene Projekte und Massnahmen vorantreibt, die den Charakter ihrer Regierung definieren. Das zweite und dritte Jahr werden in der Regel dafür genutzt, die Politiken zu entwickeln und zu konsolidieren, in denen Ergebnisse der Amtsführung zu erwarten sind, und im letzten Jahr geht es schliesslich an die Ernte ihrer Glücks- und Fehlgriffe. Auf der Strecke bleibt dabei natürlich eine längerfristige Entwicklungsmöglichkeit für das Land, das in den folgenden vier Jahren wieder auf viele Überraschungen gespannt sein darf. Vor diesem Hintergrund ist auch das Vorgehen der aktuell regierenden FRG zu verstehen: Mit der Friedensagenda auf ihrer Fahne, die jedoch lediglich aus vielen Erklärungen bestand, wurde weder die Festigung der Demokratie noch die Sicherheit der Bevölkerung, ursprünglich Hauptwahlversprechen, vorangebracht. Stattdessen wurden die Interessen mafiöser Kreise bedient, um die wirtschaftliche Kontrolle zu gewinnen, die einst die Oligarchie und die Unternehmen innehatten; das Thema Sozialpolitik dümpelt währenddessen am Rande vor sich hin. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Alles, was jetzt an Massnahmen und guten Vorsätzen ergriffen wird, geschieht unter Druck und mit improvisierten Programmen. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit der vorgelegte Plan, der sich auf eine Laufzeit von 10 Monaten gründet, nach denen eine grundlegende Bestandsaufnahme durchgeführt werden soll, mit Erfolgen gekrönt sein wird. Innerhalb von 10 Monaten das zu erreichen, was noch nicht einmal ansatzweise in 28 Monaten geschafft wurde, wäre eine erstaunliche Leistung. Doch nicht nur von Seiten der Konsultivgruppe macht man sich Gedanken über die Entwicklung des Friedensprozesses in Guatemala. Schon 1990 in Oslo, bei der Unterzeichnung des "grundlegenden Abkommens über die Friedenssuche mit politischen Mitteln", lag die Schirmherrschaft in den Händen des Weltverbandes der Lutheraner. Von diesem wurden inzwischen vier Internationale Ökumenische Konzile und Foren für den Frieden in Guatemala veranstaltet, an denen auch Gewerkschaftsorganisationen, Ex-Guerriller@s, Campesin@s, AkademikerInnen, UnternehmerInnen, sowie AnalytikerInnen und Indígenas teilnehmen. Beim letzten, Mitte diesen Monats, das nun rund fünf Jahre nach der Verabschiedung des letzten Friedensvertrages stattgefunden hat, ist auch hier die Besorgnis gross. Denn trotz gewonnener Erfahrungen, Erfolge und Fortschritte überwiegt die Ernüchterung und Frustration hinsichtlich der Schwäche des Prozesses und v.a. der ausstehenden Abkommen, die konkreten Nutzen für die guatemaltekische Bevölkerung mit sich brächten. Bei diesen Foren geht es nicht um einen bestimmten religiösen Ausdruck, sondern sie stellen die internationale Bedeutung dar, die die Situation in Guatemala trägt, unter anderem eben auch bei den FührerInnen diverser religiöser Anschauungen. Doch erst die Androhung von finanziellen Kürzungen aus der Kasse der Europäischen Union, die derzeit Hauptgeldgeber an Guatemala ist, lässt die Regierung aufschrecken und verleitete Portillo zu unbedachten Aussagen: "Gelegentlich glauben wir GuatemaltekInnen, dass die Internationale Gemeinschaft besser weiss, was gut für Guatemala ist, und das gefällt uns nicht." Die Internationale Gemeinschaft könne die GuatemaltekInnen nicht ersetzen und genauso wenig deren Aufgaben übernehmen. Auch sollte sie sich nicht mehr als die Regierung und die Gesellschaft um den Kurs des Landes Sorgen machen. So der Präsident auf die Aussagen des Verhandlungsvertreters der EU, Philippe Combescot beim II. Treffen der EU mit Guatemala. Auch wenn nach dessen Aussagen Guatemala derzeit im Rahmen der Internationalen Zusammenarbeit der EU Priorität habe und man von dieser Seite Interesse an der Erweiterung von wirtschaftlichen Beziehungen mit der Region bekunde, müsse grundsätzlich ein deutlicher Fortschritt in der Erfüllung der Friedensverträge erkennbar sein, um die Geldströme am Fliessen zu halten. Nach oben |
Von Seiten des Europa-Parlaments werden deutlich die Punkte aufgeführt und verurteilt, die bei Andauern einen negativen Einfluss auf die Unterstützung Guatemalas durch die EU haben könnten: dabei kommen sowohl die Gewalt- und Einschüchterungsverbrechen derer zur Sprache, die die Gräueltaten des Bürgerkrieges vertuschen wollen, als auch der Amtsmissbrauch von WirtschaftsakteurInnen, die die illegalen Industrien, wie den Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche und Geiselnahmen, kontrollieren. Kritik wird ebenso an den Rechtsverletzungen gegenüber Frauen geübt, die am Arbeitsplatz sexueller Verfolgung ausgesetzt sind. Die Regierung wird aufgefordert, die Verantwortung in der Kontrolle und Sanktion von Untergrundorganisationen, der Sicherheit der Bevölkerung und der Untersuchung der diversen Menschenrechtsverletzung zu übernehmen und endlich signifikante Reformen in Zusammenhang mit den Streitkräften vorzulegen. |
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