Sinn und Zweck von Arbeitsreformen?
Fijáte 295 vom 22. Okt. 2003, Artikel 6, Seite 5
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Sinn und Zweck von Arbeitsreformen?
Guatemala, 17. Okt. Rund 1 Mio. der im ländlichen Agrarsektor Arbeitenden sahen sich im Verlauf dieses Jahres mit einer deutlichen Einkommensabnahme konfrontiert - trotz Verabschiedung des Regierungsdekrets für den gesetzlichen Mindestlohn im gleichen Zeitraum. Damit summierten sich im Zeitraum von 1998 bis 2003 etwa 3 Mio., also 40% der in diesem Sektor Angestellten, die unter der Mindestlohngrenze von 30 Quetzales (ca. US$ 3,75) pro Tag arbeiten. Mit diesem Ergebnis führt Guatemala laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) die entsprechende Liste der Zentralamerikanischen Länder an. Präsident Alfonso Portillo ergriff sogleich die Gunst der Stunde und kündigte bis zum Jahresende ein Dekret zur Erhöhung des Mindestlohns um 8% an. Sowohl von Seiten der Privatwirtschaft als auch der Gewerkschaften wird dieses Angebot jedoch zurückgewiesen. Alle Involvierten halten die Initiative sowie das Vorantreiben der Reformen des Arbeitskodexes in erster Linie für eine demagogische Wahlkampfstrategie, mit der sich die regierende FRG ein paar Prozentpunkte sichern will. Weder stellten die die Lohnpolitik betreffenden Regierungsentscheidungen der vergangenen dreieinhalb ,,FRG-Jahre" einen Ansatz der Lösung für die Gehaltsproblematik dar, noch wäre das jetzige Reformvorhaben nachhaltig gekoppelt an die allgemeinen Preiserhöhungen und würde demnach lediglich eine Inflationsanpassung darstellen. Von Seiten der Gewerkschaften wird eine Lohnerhöhung von 25% für den Agrarsektor und 40% für nicht-landwirtschaftliche Arbeit gefordert. Nur so wäre es für die Angestellten möglich, die Kosten des aktuell 2´392 Quetzales (ca. US$ 300) umfassenden Warenkorbes zu decken. Dagegen beklagt der UnternehmerInnenverband CACIF den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und wird in der entsprechenden paritätischen Kommission den Forderungen nicht zustimmen. Nach oben |
Grundsätzlich fehlt es an einem Monitoring von Seiten des Staates für die tatsächliche Einhaltung der vorgegebenen Standards durch die selten willigen Firmen. Es wäre zuallererst wichtig, so viele AnalystInnen, entsprechende öffentliche Einrichtungen technisch wie ökonomisch angemessen auszustatten. Gleiches gilt für die seit Mai zu diskutierenden 15 Reformen des Arbeitskodexes, die derzeit auf ihre dritte Lesung im Kongress. Diese schliessen das Recht auf Grundsätzliche Entschädigung (d.h. Zahlpflicht der Arbeitgeber für die geleistete Arbeitszeit auch im Kündigungsfall), das Arbeitsverbot für Kinder unter 14 Jahren, die Einführung einer maximalen Wochenarbeitszeit von 32 Stunden für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren und die Einbeziehung von Hausangestellten in das Sozialversicherungssystem. Sexuelle Belästigung aller Art soll von nun an mit einer Geldstrafe belegt werden, und es sollen Schutzmassnahmen zugunsten der Angestellten aufgestellt werden. Gegen Letzteres wehren sich die privaten Unternehmen, da sie u.a Gefahr laufen, von ihren Untergebenen vor Gericht zitiert zu werden. Die Gewerkschaften dagegen kritisieren die Unvollständigkeit der Reformen und verlangen die Einbeziehung des Rechts auf gerechte Behandlung des/r Arbeitenden sowie der Organisationsfreiheit. |
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