Plataforma Agraria: Die Regierung hat versagt
Fijáte 292 vom 27. August 2003, Artikel 2, Seite 3
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Plataforma Agraria: Die Regierung hat versagt
Guatemala, 18. Aug. Im vergangenen Dezember erklärte Präsident Alfonso Portillo eine nationale Notsituation und versprach, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um der von den fallenden Kaffeepreisen betroffenen Bevölkerung die Ernährungssicherheit zu garantieren. Im Februar konkretisierte er dann sein Versprechen und sprach davon, Lebensmittel zu verteilen und den arbeitslosen KaffeepflückerInnen Land zur Verfügung zu stellen, damit sie Mais und Bohnen zur Selbstversorgung anpflanzen können. Die Kaffeekrise hat unterdessen auch in den Regionen San Marcos und Quetzaltenango zu akuter Lebensmittelknappheit unter der Bevölkerung geführt, was sich vor allem auf schwangere Frauen und Kinder gesundheitsschädigend auswirkt. Die Leute, ihrer Haupteinnahmequelle, dem Kaffeepflücken, beraubt, weichen in den informellen Sektor aus, doch verdienen sie auch in diesem Bereich nicht genug, um ihre Familien zu ernähren. Immer öfter nehmen deshalb Eltern ihre Kinder aus der Schule und schicken sie arbeiten, damit sie etwas zum familiären Einkommen beitragen. VertreterInnen des Zusammenschlusses Plataforma Agraria kritisieren die Regierung, ihr Versprechen nicht oder nur halb eingelöst zu haben. Von den fünf Vorschlägen der Plataforma Agraria wurden nur zwei in Angriff genommen: Landverteilung und Lebensmittelhilfe und auch das nur halbherzig. Zwar wurden Lebensmittel verteilt, aber viel zu wenig und viel zu spät. Das für die Verteilung der Lebensmittel verantwortliche Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung (MAGA) hat an Stelle der versprochenen sechs bisher nur zwei Lebensmittelpakete pro Familie verteilt. Abgemacht war auch, dass die Lebensmittelverteilung im Februar hätte beginnen sollen, damit die Familien bis zur Mais- und Bohnenernte mit den Grundnahrungsmitteln versorgt wären. Das MAGA begann aber erst im Juli (nachdem die BäuerInnen Ende Juni Demonstrationen in der Hauptstadt durchführten) mit der Verteilung von Lebensmitteln und zwar nur an 40 Tausend statt an 70 Tausend Familien. Die anderen, von der Plataforma Agraria geforderten Massnahmen, wie Landverteilung, Konfliktbearbeitung bei Arbeitskonflikten und produktive Projekte für die arbeitslosen KaffeepflückerInnen blieben bisher mangels Geld auf der Strecke. Nicht nur ernährungstechnische sondern auch arbeitsrechtliche Probleme haben die von der Kaffeekrise betroffenen PflückerInnen zu vergegenwärtigen. Nach oben |
Bedingt durch die niedrigen Weltmarktpreise, werden auf den Fincas nur noch temporär ArbeiterInnen eingestellt. Damit entledigen sich die FincabesitzerInnen der Verantwortung, ihre Angestellten ganzjährig zu versorgen, und diese wiederum verlieren sämtliche Arbeitsrechte, da die Situation der ,,temporären Anstellung" im guatemaltekischen Arbeitsgesetz nicht existiert. Temporär Arbeitenden wird auch nicht das Recht zugestanden, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Verschiedene, in der Dachorganisation CNOC zusammengeschlossene BäuerInnenorganisationen haben nach einem zweijährigen Diskussions- und Analyseprozess den Vorschlag für die Änderung von 45 Artikeln des guatemaltekischen Arbeitsgesetzes ausgearbeitet. Die CNOC will damit erreichen, dass auch temporär und nicht organisierte Angestellte ein Recht auf Sozialversicherung, Mindestlohn, Ferien, Bildung und Weiterbildung und auf das 13. Monatsgehalt haben. Der Vorschlag der CNOC befindet sich im Moment in einem Ratifizierungsprozess innerhalb der sozialen Organisationen, von denen man sich Unterstützung für diese Gesetzesänderung erhofft, und soll im ersten Semester 2004 dem Kongress vorgelegt werden. Dieser Gesetzesvorschlag widerspricht gänzlich demjenigen, den die Landwirtschaftskammer im Mai präsentiert hat. Sie nämlich will den Mindestlohn abschaffen und die ArbeiterInnen nach Leistung bezahlen. Ausserdem fordert die Landwirtschaftskammer vom Staat, das Privateigentum juristisch besser zu schützen, was, zusammen mit Dialogmechanismen, die Landkonflikte verringern soll. |
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