Proteste legen die Hauptstadt lahm
Fijáte 295 vom 22. Okt. 2003, Artikel 2, Seite 3
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Proteste legen die Hauptstadt lahm
Guatemala, 14. Okt. In den letzten Wochen fanden in der Hauptstadt mehrere Demonstrationen und Strassenblockaden statt. Am 3. Oktober blockierten 2´000 VerkäuferInnen des Marktes El Guarda eine der wichtigsten Strassenkreuzungen der Hauptstadt, El Trebol. Sie protestierten dagegen, dass eine Bushaltestelle in der Nähe des Marktes aufgehoben wurde, was für sie weniger Kundschaft und weniger Einnahmen bedeutet. Die MarktverkäuferInnen legten den Verkehr rund um El Trebol für rund 8 Stunden lahm, was Auswirkungen auf die gesamte Stadt hatte. Gegen Mittag fuhren vier Männer auf Motorrädern durch die Protestierenden und schossen in die Menge. Elf Personen wurden dabei verletzt. In Verhandlungen mit VertreterInnen der Stadtbehörden erreichten die HändlerInnen, dass die Bushaltestelle provisorisch für sechs Monate bleibt. Weiter soll durch den Bau von Fussgängerbrücken an dieser und anderen belebten Strassenkreuzungen die Sicherheit der PassantInnen verbessert werden. Am 6. Oktober waren es BewohnerInnen von Elendsvierteln und marginalisierten Gebieten der Hauptstadt und Villa Nueva, die sämtliche grossen Zubringerstrassen zur Hauptstadt blockierten, was zu einem Verkehrschaos führte. Ihre Hauptforderungen sind die Legalisierung des Landes auf dem sie leben, Wohnbauförderung sowie die Verabschiedung eines integralen Wohnbaugesetzes. Die Strassenblockaden dauerten über 2 ½ Stunden und wurden an einigen Stellen von Sondereinheiten der Polizei aufgelöst, an anderen freiwillig geräumt. Anschliessend an die Blockaden versammelten sich die Demonstrierenden vor der sich in Liquidation befindenden Bank für Wohnungsbau (BANVI) und konnten mit einer Delegation der Kommission für Wohnungsbau des Kongresses verhandeln. Diese unterzeichnete ein Dokument, in dem sie versprach, die Legalisierung des Landes voranzutreiben und im Budget 2004 die Wohnbausubventionen zu berücksichtigen. Die BewohnerInnen der Elendsviertel ihrerseits drohen damit, ihre Proteste in zwei Wochen wieder aufzunehmen, falls bis dahin keine konkretere Antwort auf ihre Forderungen vorliegt. Der Innenminister Adolfo Reyes Calderón erklärte nach dieser Protestwoche strikt, dass die nächste Gruppe, die eine Strasse blockiere, genau 30 Minuten Zeit habe diese zu räumen, ansonsten würde die Polizei eingesetzt. Die nächste Gruppe waren dann am 10. Oktober die Campesinos/-as, die anlässlich des Tags der Würde und des Widerstands der Indígenas und BäuerInnen demonstrierten. Sie beschränkten sich nicht auf die Hauptstadt, sondern blockierten landesweit wichtige Strassen und Kreuzungen. Organisiert wurde der Protest von der Nationalen BäuerInnenkoordination CNOC und der Nationalen Indígenaund BäuerInnenorganisation CONIC. Sie forderten Land, wehrten sich gegen die Räumungen von besetztem Land und gegen die Freihandelsabkommen Plan Puebla Panama (PPP) und ALCA - Acuerdo de Libre Comercio de las Américas. Nach oben |
,,Land, Arbeit und eine integrale Entwicklung für die ländlichen Regionen" war eine der zahlreichen Parolen der Protestierenden. Tausende von BäuerInnen nahmen im ganzen Land an den Strassenblockaden teil. Mit dieser Form des Protestes wollen die Demonstrierenden die Regierung auf ihre Situation und auf ihre Forderungen aufmerksam machen. Doch nicht in erster Linie die Regierung reagierte auf die Proteste, sondern die BewohnerInnen der Hauptstadt, die sich darüber ärgern, dass die Einfahrtsstrassen zu Hauptverkehrszeiten für Stunden blockiert sind und sie zu spät zur Arbeit kommen. Wirklich Verständnis für die Situation der Protestierenden bringt kaum jemand auf und noch weniger wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen den Protesten und der Politik der Regierung. Einzig der Ombudsmann für Menschenrechte Sergio Morales zeigt ein gewisses Verständnis für die, wie er es nennt, Verzweiflungstaten. In einer Presseerklärung sagte er, die Leute würden für ihre Rechte und Gerechtigkeit demonstrieren, doch seien es die falschen, die daraus die Konsequenzen tragen müssen. Morales befürchtet, dass in Zukunft solche Proteste in Gewalt ausarten. Ein Beispiel dafür seien die elf Verletzten des Marktes La Guarda. Weiter versprach er, VertreterInnen seiner Institution dorthin zu schicken, wo Strassenproteste stattfinden, um zu verhindern, dass die Menschenrechte der DemonstrantInnen verletzt werden und es zu Ausschreitungen kommt. |
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