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Aus der Distanz...

Fijáte 376 vom 10. Januar 2007, Artikel 4, Seite 4

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Aus der Distanz...

Das bedeutete, dass wir grundsätzlich Abschied nehmen mussten von unseren Heldinnen und Helden von damals, um uns der Realität zu stellen.

Wir hatten nicht gedacht, dass ein zutiefst korruptes System selbst gestandene Compas zu verschlingen vermag. Wir hatten auch nicht gedacht, dass jahrzehntelange Diktatur und die Eliminierung einer ganzen Generation der Linken, keine grosse Auswahl an politisierten und erfahrenen OrganisatorInnen und PolitikerInnen hervorzubringen vermag.

Und dass die Not so gross werden würde, dass die Devise: "Rette sich, wer kann" heute vielen Menschen nahe liegender ist als Solidarität und Widerstand, das haben wir uns ebenfalls nicht vorstellen wollen.

Innerhalb der letzten Jahre sind unzählige soziale Bewegungen entstanden, welche sich den Problemen Guatemalas annehmen und sich weiterhin mit den Repressionskräften buchstäblich herumschlagen müssen.

Dass sich die Partei URNG aus den Kämpfen dieser Bewegungen heraushält, hat jedoch nicht nur mit Unvermögen oder Ignoranz zu tun, sondern auch mit der immer noch sehr verbreiteten Angst der Bevölkerung, durch Kontakt mit der ehemaligen Guerilla in Schwierigkeiten zu geraten.

An dieser Angstblockade arbeiten ehemaligen Compas, indem sie die Jahre des bewaffneten Widerstandes der Bevölkerung zugänglich machen und sie in die Geschichte Guatemalas zu verankern versuchen. Nach den Jahren der Enttäuschung und Verwirrung haben sie damit begonnen, sich wieder untereinander zu treffen, um einander ihre eigene Geschichte zu erzählen und ihre schrecklichsten und schönsten Erfahrungen des Krieges auszutauschen. Heute sind aus diesen Erzählungen zwei Bücher entstanden. Auch der Traum von einem Museum, das den Widerstand dokumentieren soll, ist noch nicht ausgeträumt.

Diese Compas von damals treffen wir in ihren Gemeinden wieder, wo sie an Projekten für ihre comunidad arbeiten oder auch auf der Strasse bei Demonstrationen der sozialen Bewegungen. Mit ihnen sind wir heute noch verbunden.

Die internationale Solidarität ist heute dem grossen Feld der NGOs gewichen. Kämpfe aus der Bevölkerung werden von ihnen kaum unterstützt.

Die Volks -und Menschenrechtsorganisationen anderseits haben während einigen Jahren gelernt sich in der Legalität zu organisieren und zu kämpfen. Ihre Aktivität ging auch nach den Friedensabkommen und ohne URNG den gewohnten Gang. Mit VGLandbesetzungNF, Streiks und Demonstrationen und immer noch gefährdet an Leib und Leben zwingen sie die Öffentlichkeit die Probleme des grossen Heeres der Armen wahrzunehmen. Die Regierung reagiert weiterhin mit Gewalt und Repression auf die kleinen Aufstände oder zücken nun, gewitzt seit den Abkommen, eine neue Taktik aus ihren Westentaschen: Die Taktik der Verhandlungen. Schnell werden da und dort Widerständige Menschen an so genannte "runde Tische" zu Gesprächen gebeten, deren Ergebnisse mit weiteren schwungvollen Unterschriften besiegelt werden, um sie dann der Vergessenheit zu übergeben.

Nachtrag:

Am 24. November 2006 ist Jorge Rosal, genannt Chayo, im Alter von beinahe 80 Jahren gestorben. Chayo war während vieler Jahre Europavertreter der URNG. Als Herzspezialist und Vater von vier im Widerstand kämpfenden Kindern legte er, nach der Ermordung einer seiner Söhne, seine bürgerliche Existenz ab, um Nomade für die Guerilla, der URNG, zu werden. Er mitunterzeichnete anstelle seines Comandanten VGGaspar Ilom, dem damals die Einreise nach Guatemala verwehrt wurde, die Friedensabkommen. Chayo war hier in der VGSchweizNF ein begeisterter WG-Besucher und Fan von Hausbesetzungen. Er war unser Bindeglied zu den kämpfenden Compas in Guatemala, er war ihr Sprachrohr hier bei uns und machte es möglich, dass wir die Nähe zu den GenossInnen in Guatemala über Jahre behalten konnten.


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