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Die Friedensverträge - immer noch eine gute Idee?

Fijáte 376 vom 10. Januar 2007, Artikel 5, Seite 5

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Die Friedensverträge - immer noch eine gute Idee?

Die Friedensverträge stellten eine klare Agenda dar, mit (notwendigerweise) eingeschränkten AkteurInnen, Gästen, die grundsätzlich berücksichtigt , doch auf dem Feld von AkteurInnen vereinnahmt wurden, die andere Praktiken und Erwartungen und vor allem mehr effektive Macht hatten. Die Regierung von VGAlvaro ArzúNF, die die Verträge unterzeichnete, stellte sie international als eigenen Erfolg zur Schau. Intern jedoch herrschte Argwohn gegenüber jeglichen kritischen Meinungen und Infragestellungen ihrer Amtsführung, in der sie die Umsetzung (oder deren Fehlen) der Abkommen mit Regierungsaktivitäten vermischte, wie beispielsweise mit kostspieligen VGPrivatisierungenNF ohne Regulierung, mit VGKorruptionsgeschichtenNF oder mit in der Straflosigkeit belassene politische Verbrechen, was man auch schon von früheren Regierungen kannte.

Es wurde verpasst, eine neue, breit abgestützte politischen Führung einzusetzen und eine Institutionalität zu garantieren, die diese gestützt und ihr Kontinuität gegeben hätte. Dies liess die korporativen Gruppen erstarken, die glaubten, die Urkunde als Staatsmänner seit Mai 1993 verliehen bekommen zu haben. Entgegen dem Glauben von Arzú und seinen BeraterInnen waren die Abkommen kein Deckmantel für Privatisierungsgeschäfte sondern der Anker, der die alten oligarchischen Beziehungen verstärkte und wirtschaftlich verunmöglichte, was die Politik als Teilnahmechancen anbot. Es gab in der Praxis also weder eine zu respektierende Autorität noch eine soziale Bewegung, die sich auf der Bühne auskannte, um ein Gegengewicht zu stellen. Dieses reale Machtungleichgewicht blockierte die Umsetzung einiger Abkommen, die immer noch logisch und notwendig sind, sowie gangbar aus historischer und ganzheitlicher Sicht.

Was ist nun gewonnen worden? Und welche Aussichten kann es geben? Erreicht wurden gewisse begünstigende Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau des sozialen Netzwerkes, ausreichend, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu erspähen. Obwohl dieser Wiederaufbau zugegebenermassen ungleich vonstatten geht und beeinträchtigt wird von den wirtschaftlichen Emigrationen als Symptom der gescheiterten Integration des Wirtschaftsmodells, das seit Mitte der 80er Jahre Form gewann. Erreicht wurden einige Themen der demokratischen Modernisierung auf der Agenda des Rechtsstaates. Die Institutionen und was wir die "soziale Marktwirtschaft" nennen können, können irrelevant werden - oder aber ihre "sozialen"Aspekte verlieren - falls man ihnen nicht den nötigen Rückhalt gibt und sich ihre Effizienz nicht zeigt.

Der Abschluss dieses Friedensjahrzehnts fällt zusammen mit dem erklärten Ende des Konsens von VGWashingtonNF und Regierungsübernahmen reformistischen Bewegungen in Lateinamerika. Ausser der lärmenden und voreiligen Paranoia ob des so genannten Populismus, deutet alles darauf hin, dass das Pendel beginnt, sich zu Gunsten demokratischer Politiken, des Wiederaufbaus eines starken Staates (nicht eines der Stärke) und von Effizienz (nicht unbedingt grösser, sondern weniger bürokratisch) zu neigen, um die aufgeschobenen Aufgaben und die Verpflichtungen einer zivilisierten Nation in einem neuen Jahrhundert zu erfüllen.

Es besteht kein Zweifel, dass diese neue Etappe den Maya-Führungsleuten eine enorme Verantwortung zur Anleitung von sozialen und politischen Prozessen auferlegt; die Frauen werden eine unabdingbare Kraft darstellen, die auch einen notwendigen Teil der sozialen und politischen Kultur transformieren kann. Die Gemeinden, die den ausgewogenen Umgang mit den natürlichen Ressourcen verteidigen, müssen gemeinsam mit den Umweltbewegungen einen langen und kämpferischen Atem beweisen, und die politischen Parteien werden genötigt sein, engagierter gegenüber ihren Gemeinden und verantwortungsvoller mit er Zukunft ihre Nation und dem Planeten Politik zu machen.

Unter anderem mittels dieser AkteurInnen (sowie der mittelständischen globalisierten UnternehmerInnen, die Politik machen und der EmigrantInnen) werden die ständig überprüften Forderungen der Friedensverträge - wenn auch in niedriger Gangart - zweifelsohne direkter Referenzpunkt für andere Ziele und Utopien sein.


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