HIV/AIDS - der Staat schaut weg
Fijáte 374 vom 13. Dezember 2006, Artikel 6, Seite 6
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HIV/AIDS - der Staat schaut weg
Guatemala, 07. Dez. Es waren vor allem Jugendliche, die anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember in diesem Jahr auf die Strasse gingen, von den Erwachsenen mehr Aufklärung forderten und an die Bevölkerung appellierten, Solidarität mit HIV/AIDS-Betroffenen zu beweisen. So wurden von der Jugendlichenvereinigung CONJUVE mit Unterstützung von UNICEF und anderen internationalen Kinder- und Jugendschutzorganisationen im Landesinneren wie in der Hauptstadt Fackelläufe und Kerzen-Märsche veranstaltet, sowie mit Info-Ständen, Aktionen und Filmen Bewusstseinsarbeit geleistet. CONJUVE ist derzeit dabei, ein landesweites Freiwilligennetzwerk aufzubauen, deren AktivistInnen als MultiplikatorInnen in ihrem Umfeld zu den Themen HIV/AIDS, Drogen und häuslicher Gewalt sensibilisieren sollen. Gemäss World Vision Guatemala wurde 1984 der erste Fall einer HIV-Infektion in Guatemala registriert, während allein in den letzten drei Jahren 50% der heutigen Gesamtzahl bekannt geworden seien. Das guatemaltekische Gesundheitsministerium reportiert 9´172 "bestätigte Fälle", doch sind die Angaben der UN-AIDS-Organisation wohl eher glaubwürdig und belaufen sich auf zwischen 61´000 und 78´000 Personen mit HIV/AIDS-Infektion in Guatemala, mit wachsendem von Frauen. Wurde 1988 noch auf acht Männer eine Frau positiv getestet, ist es inzwischen eine Frau auf zwei Männer. Und den wenigen näheren Angaben zufolge, überrascht wohl vor allem das guatemaltekische Gesundheitssystem, welches das Thema am liebsten ignorieren würde, dass rund 78% der neu-infizierten Frauen nicht dem Vorurteil entsprechen, Sexarbeiterinnen oder Singles zu sein, sondern angeben, verheirat zu sein und ihrerseits eine stabile Partnerschaft zu führen. Eine alarmierende Entwicklung ist auch bei den Gebärenden zu beobachten. Das nationale Krankenhaus Roosevelt gibt an, dass im Jahr 2002 drei von 1000 Schwangeren HIV-positiv getestet wurden, heuer seien es bereits 9 von 1000. Und lediglich 3´699 Erwachsene sowie rund 620 Kinder erhalten im Moment - und vornehmlich in der Hauptstadt - die notwendige medizinische Behandlung von Seiten der zuständigen staatlichen Stellen. Weltweit sind es laut UN-AIDS 24% der rund 40 Mio. der an HIV/AIDS Erkrankten, die medizinisch angemessen versorgt werden. Die vormals eher städtische Verbreitung des Virus hat sich in Guatemala durch die ansteigende Migration generell "verländlicht", besonders betroffen ist die Bevölkerung in den Grenzgebieten zu Mexiko, El Salvador und Honduras. Noch nicht einmal Klageansprüche bewegen die staatlichen Instanzen dazu, das Behandlungsprogramm den Bedürfnissen der Betroffenen anzupassen. Bereits 2003 hatten 49 PatientInnen mit Unterstützung der Nicht-Regierungsorganisation CEJIL (Zentrum für Justiz und internationales Recht) vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) gegen den Staat Guatemala Klage eingereicht, da ihnen die nötige Therapie verwehrt wurde. (¡Fijáte! 299) Sechs von ihnen sind in der Zwischenzeit verstorben und 32 erhalten Medikamente, jedoch durch die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Nach oben |
Doch der Vernachlässigung nicht genug: Im Oktober dieses Jahres wurde der Fall in der CIDH in Washington thematisiert. Zwei ZeugInnen aus Guatemala waren geladen, durch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), CIDH und CIJIL sowie unterstützt durch die Präsidiale Menschenrechtskommission Guatemalas COPREDEH. Doch das amerikanische Konsulat wies den Visumsantrag der beiden zurück mit Verweis auf ihre Krankheit, die gemäss diplomatischer US-Angaben eine "ansteckende Krankheit von signifikanter Bedeutung für die öffentliche Gesundheit" sei. Anwälte der auf diese Weise gedemütigten GuatemaltekInnen bereiten unterdessen eine Klage wegen Diskriminierung gegen das US-Konsulat vor, auch die CIDH interveniert und wirft diesem Prozessbehinderung vor. Während UN-AIDS der guatemaltekischen Regierung nahe legt, die Ausgaben für Prävention, Information und Behandlung von HIV/AIDS zu vervierfachen, veranstaltete der Weltfond zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria sein XIV Jahrestreffen Anfang November dieses Jahr in Guatemala. Die Delegationen besuchten relevante Projekte und verabschiedeten den neuen Haushalt. Aus diesem Topf beantragte Guatemala US-$ 32 Mio. für den Arbeitsbereich HIV/AIDS und US-$ 8,3 Mio. für die Reduzierung von Malaria in fünf Regionen des Landes. |
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