Schwarze Hand oder soziale Säuberung?
Fijáte 390 vom 1. August 2007, Artikel 4, Seite 5
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Schwarze Hand oder soziale Säuberung?
Guatemala, 16. Juli. Erfolgreich verbreiten sie Angst und Schrecken, längst nicht mehr nur in der Hauptstadt, sondern auch und besonders in marginalisierten Vororten und immer öffentlicher auch in anderen Gegenden des Landes: Die so genannten Jugendbanden oder "maras", zu denen zum Grossteil junge Erwachsene bis schätzungsweise 35 Jahre gehören, seien sie nun auf eigene Rechnung "aktiv" oder vom organisierten Verbrechen instrumentalisiert sei dahin gestellt. Doch, so beobachtet das Innenministerium, die Angst der Bevölkerung vor den maras wird von Interessensgruppen ausgenutzt, um in den Stadtvierteln eine Art Psychose zu verbreiten, die wiederum zu aussergerichtlichen Hinrichtungen führen kann. Im Juni zum Beispiel wurde in Bárcenas, im Munizip Villa Nueva nahe der Hauptstadt die Ankunft der mareros per anonymen Flugblättern angekündigt. Diese warnten die AnwohnerInnen davor, bloss nicht nach 16 Uhr aus dem Haus zu gehen, wenn sie nicht überfallen werden wollten. Die Panik wuchs so schnell, dass innerhalb von zwei Tagen regelrechte Bürgerwehren organisiert waren, bestehend aus bewaffneten BewohnerInnen mit Sturmmasken, die sich daran machten, die Gegend zu kontrollieren und Fahrzeuge zu checken, womit sie laut Innenministerin Adela Camacho de Torrebiarte eindeutig in die Illegalität verfielen. Gleichzeitig konnte sie selbst der Bevölkerung nicht versichern, mit den staatlichen Mitteln deren Sicherheit zu gewährleisten. Vornehmlich im Raum Villa Nueva, dem für die hier herrschende Gewalt bekanntes Munizip, erhalten seit einer Woche 15 Schulen speziellen Schutz. "Die PolizeiagentInnen sind zu Unterrichtsbeginn und -schluss anwesend, um zu verhindern, dass die SchülerInnen überfallen werden", informiert die zuständige Polizeidiensthabende angesichts der konstanten Bedrohungen durch mareros. Ganze Schulen haben bereits ihre Tore geschlossen, da sie als Institution erpresst wurden und sich dem nicht erwehren konnten. Die Sorgen der Autoritäten und Eltern in Chimaltenango basieren derweil auf speziellen Erfahrungen. Hier werden die minderjährigen SchülerInnen von den maras als Erpressungsgehilfen missbraucht. Mehr als 100 Minderjährige sind in diesem Zusammenhang in diesem Jahr bereits festgenommen worden. Juan Ramos, lokaler Vertreter des Menschenrechtsprokurates (PDH) erklärt, dass die mareros die Kinder benützten in dem Wissen, dass diese aufgrund ihres Alters mit leichten Strafen davonkommen. Dabei zahlen die Erpressten zwischen 5´000 und 20´000 Quetzales, die von ihnen per Telefon oder schriftlich gefordert werden. Ausserdem hat die PDH festgestellt, dass die Erpresser es vorziehen, dass die Opfer das erpresste Geld in Mülleimern hinterlegen, die sich in der Nähe von Schulen befinden. So können die mit dem Überbringen des Geldes beauftragten SchülerInnen es mitnehmen ohne grosses Risiko, dabei geschnappt zu werden. Nach oben |
In Coatepeque, Quetzaltenango, haben sich derweil klandestine Gruppen gebildet, die sich selbst Bewaffnete Nicht-Regierungs-Kräfte (FANOG) nennen. Diese wiederum drohen den "Antisozialen" - womit Bandenmitglieder gemeint sind - und deren Familien mit dem Leben. Mario Polanco von der Menschenrechtsorganisation Gruppe gegenseitiger Hilfe (GAM) vermutet hinter den FANOG-Führungsleuten ehemalige Militärangehörige oder auch Agenten der Nationalen Zivilpolizei (PNC). Die lokale Staatsanwaltschaft hat indes weder von der Gruppe noch von deren Drohungen etwas gehört. Und die FANOG agieren unterdessen weiter. |
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