Die Oligarchie und die Wahlen
Fijáte 389 vom 11. Juli 2007, Artikel 1, Seite 1
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Die Oligarchie und die Wahlen
Als im August 2003 der guatemaltekische Unternehmerverband
Es gibt zwei Interpretationen für dieses Phänomen: Auf der einen Seite steht die Meinung, dass es sich um eine Strategie der Oligarchie handelt, linke und indigene Kräfte einzubinden, um so jegliche Kritik am CACIF und seiner Politik einzudämmen. Dahinter würde keinerlei Umdenken stecken, sondern schlicht und einfach politische Interessen. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die den neuen Diskurs und die entsprechende Umsetzung als Resultat eines Bewusstseinsprozesses innerhalb der wirtschaftlich starken Gruppen sehen. Die neue Sorge um die nationalen Probleme und die Unterstützung der Kandidatur von Rigoberta Menchú seien Ausdruck einer veränderten Perspektive und seit sich verschiedene wirtschaftlich starke Gruppen mit dem Ziel, "Guatemala zu retten", in der Im folgenden Artikel versucht der Ethnologe und Analyst Jorge Murga dieses Phänomen zu erklären und geht dabei hart ins Gericht mit gewissen linken und indigenen ProtagonistInnen. Einige Analysten trauen der Oligarchie ein enormes Entwicklungspotenzial zu: Seit sie begriffen habe, dass die heutigen Probleme nicht mehr sektorieller sondern nationaler Art seien, habe sie aufgehört, unterdrückerisch, ausbeuterisch und rassistisch zu sein. Wer diese Position vertritt, beruft sich auf Ereignisse jüngeren Datums: Die beiden letzten Regierungen oligarchischer Herkunft (diejenigen von Die Oligarchie nimmt den Begriff Demokratie gar so ernst, dass sie ihre Unterstützung nicht auf eine Partei beschränkt. Dieselbe Familie Gutiérrez-Bosch, die Rigoberta unterstützt, finanziert auch gleich die Die Regierungspartei GANA finanziert ihre Wahlpropaganda nicht nur aus den Staatskassen, sondern auch mit Geldern eines anderen Flügels der Familie Gutiérrez-Bosch, sowie der Familien Wer die These des Bewusstseinsprozesses der Oligarchie ablehnt, erkennt immerhin eine Veränderung in deren Diskurs und im politischen Handeln an. KritikerInnen sehen dahinter jedoch eine Strategie, deren politisches Ziel die Vereinnahmung von linken und indigenen Persönlichkeiten ist: |
Es ist verständlich, dass diejenigen, die an das Phänomen der Bewusstseinsbildung innerhalb der Oligarchie glauben, einen gewissen Optimismus ausstrahlen. Analysieren wir aber den Diskurs etwas genauer und schauen ein bisschen zurück. Die demagogische Art eines Alfonso Portillo, die er versteckte, indem er allen das sagte, was sie hören wollten, traf die guatemaltekische Oligarchie unvorbereitet. Sie war es bisher gewohnt, jeweils den Kandidaten zu unterstützen, der am ehesten Aussichten auf einen Wahlsieg hatte und der bereit war, ihre Bedingungen zu akzeptieren (auch Portillo wurde in seiner Wahlkampagne von Dionisio Gutiérrez und Juan Luis Bosch Gutiérrez unterstützt). Doch kurz nach seinem Amtsantritt öffnete Portillo den Markt für Produkte, auf die die Oligarchie das Monopol hatte ( Es begann eine ideologische Kampagne gegen die "korrupteste Regierung der Geschichte" und gegen die "populistischen Ausbrüche" eines Präsidenten, der versucht, sich mit seinen demagogischen Diskursen die Unterstützung der Bevölkerung zu sichern. Und es ist ausgerechnet Alfonso Portillo, der beim Versuch sich zu verteidigen, auf die Korruptionsmethoden der Oligarchie hinweist: "Meine Regierung ist nicht die korrupteste Regierung, sondern diejenige, über deren Korruptionsfälle am meisten geschrieben wird. Sicher gibt es in meiner Regierung Korruption, ich habe das nie abgestritten und ich habe es auch denunziert. Aber es muss auch gesagt werden, dass meine Regierung nie über die grossen Summen der Die jüngeren Dokumente und Vorschläge des CACIF, die sich listigerweise auf Symbole, Prinzipien und Werte der Mayas berufen in der Absicht, die Bevölkerung von ihrem Bewusstseinswandel zu überzeugen, legen deutlich die Absichten der Oligarchie offen: Es geht darum, die rechtlichen und politischen Bedingungen zu schaffen, um sich im Rahmen der neoliberalen Globalisierung, die eine Reduzierung des Staates und eine Konsolidierung des Marktes propagiert, die nationalen Ressourcen anzueignen. Diese Absicht kann auch die beste soziale Rhetorik in den Dokumenten nicht verdecken. Diese Rhetorik floss bereits 2003 in die Regierungspläne der meisten Parteien im Umfeld des CACIF ein und führte zur Wahl des unternehmerfreundlichen Oscar Berger mit seinem Wahlslogan "Mit Berger gewinnen wir alle". Seit seinem Amtsantritt hat er jedoch diverse Massnahmen ergriffen, die dem neuen Leitspruch des CACIF "Wir sind davon überzeugt, dass die heutigen Herausforderungen nicht mehr sektorieller sondern nationaler Art sind" diametral entgegenstehen und klar den sektoriellen Interessen der Oligarchie entsprechen. - In seinen ersten Regierungstagen begünstigte Berger den nationalen Zuckersektor, indem er eine Erhöhung des Zuckerpreises auf dem guatemaltekischen Markt erlaubte. - Das Recht auf Leben der BäuerInnen verneinend, jedoch das Recht der Grossgrundbesitzenden auf Privateigentum schützend, beginnt acht Tage nach Regierungsantritt von Berger eine Reihe gewaltsamer Räumungen von Fincas, die von landlosen BäuerInnen besetzt waren. - Mit der Vergabe von Lizenzen zur Ausbeutung von Minen in diversen Gemeinden im ganzen Land, negiert die Regierung von Berger das Recht der Bevölkerung auf Meinungsäusserung zu und Mitsprache bei solchen Projekten und es beginnt eine gewaltsame Repression gegen alle, die für dieses Recht einstehen. - Trotz offensichtlichem Widerstand seitens eines grossen Teils der Bevölkerung, unterzeichnet die Administration Berger im Jahr 2005 das - Die neoliberale Wirtschaftspolitik der GANA-Regierung, die sich radikal von nationalistischen Wirtschaftpolitiken gewisser südamerikanischer Länder unterscheidet, die effektiv versuchen, im Interesse ihrer Bevölkerung zu handeln ( SchlussfolgerungenDie guatemaltekische Oligarchie hat in den letzten Jahren versucht, in ihren Diskurs eine soziale und ethnische Rhetorik zu integrieren, die einen Bewusstseinswandel vorgeben sollte und hat gleichzeitig das pure Gegenteil von dem gemacht, was sie mit ihrem ideologischen und publizistischen Apparat hat glaubhaft machen wollen. Viele Leute, sei es aus ideologischen Gründen, aus Opportunismus, Unwissen oder politischer Naivität, sehen in diesem Diskurs das Resultat einer positiven Entwicklung zur Lösung nationaler Probleme. Wenn wir aber die Vorschläge und Programme genauer analysieren und mit der Realität vergleichen, erweist sich diese soziale Rhetorik als pure Demagogie. Und: Je mehr eine Person sich der Oligarchie verpflichtet, umso weniger denkt sie ans Wohlergehen ihrer Mitmenschen. |
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