Widersprüche in Izabal
Fijáte 389 vom 11. Juli 2007, Artikel 7, Seite 6
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Widersprüche in Izabal
Guatemala, 28. Juni. Indigene AktivistInnen fürchten, dass es zu Konflikten zwischen den Q´eqchí-Gemeinden kommen wird, jetzt, wo der Billigungsentscheid des Umweltministeriums (MARN) in Bezug auf den fünften Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bekannt gemacht wurde, der der Guatemaltekischen Nickelkompanie (CGN) grünes Licht gibt für den Start der Abbauarbeiten in El Estor Izabal. Anfang Dezember letzten Jahres hatte der Nationale Rat für Naturschutz (CONAP) in seinem Gutachten noch die Empfehlungen abgegeben, die Vorhaben aufgrund der bisherigen UVP nicht zuzulassen. (siehe ¡Fijáte! 374) Arnoldo Yat von der Q´eqchí-Defensoría kritisierte die fehlende Transparenz des guatemaltekischen Staates in Bezug auf den Entscheidungsprozess, was bereits zu gewalttätigen Konflikten zwischen den BewohnerInnen der Region geführt hat. Ganz zu schweigen von den gewalttätigen Räumungsaktionen zahlreicher Dörfer zur Jahreswende (siehe ¡Fijáte! 379), währenddessen das Unternehmen Zeit gewinnt, die Arbeiten vorzubereiten. Laut Yat umfasst das CGN-Gelände 248 km², die aufgeteilt und rechtlich auf verschiedene Personen registriert sind, was es der Firma erleichtert, die Abbaugenehmigungen zu erhalten. Von der Regierung wird sie dabei unterstützt, die somit einschneidend in die territoriale Souveränität der Q´eqchís eingreift, so der Koordinator der Defensoría. Die rund 50 betroffenen Gemeinden haben dabei schon längst zahlreiche Dokumente vorbereitet, unterschrieben und gestempelt, in denen sie die Aktivitäten der in der Region sondierenden Unternehmen CGN, Nicromet und der Firma mit dem fast zynisch klingenden Namen Mayaníkel zurückweisen. Doch selbst der Bürgermeister von El Estor mache eher den Anschein, Angestellter der Minenunternehmen zu sein, anstatt sich um das Wohl seiner Gemeinde zu scheren. Auch die Kongressabgeordneten enttäuschten die Gemeinden mit ihrer Gleichgültigkeit angesichts der Sorgen der Betroffenen. So liegt für viele BewohnerInnen die Vermutung nahe, dass die Regierung mit den transnationalen Unternehmen unter einer Decke steckt. Die kürzlich vom MARN akzeptierte Umweltverträglichkeitsprüfung in Sachen Nickelabbau durch die CGN wurde auf einem Gelände von 7 km² durchgeführt und füllt 4´000 Seiten Bericht. Dieser wird der Bevölkerung gerade einmal eine Woche vom Ministerium zur Einsicht zur Verfügung gestellt. In dieser Zeit soll das Dokument durchgesehen, in den betroffenen Dörfern bekannt gemacht und relevante Anmerkungen eingereicht werden. Bereits seit einiger Zeit wurden lokale Diskussionen und Rundtische organisiert, an denen die Bevölkerung, die Regierung und das Unternehmen teilnahmen. Nichtsdestotrotz bleibt die Unzufriedenheit bei den AnwohnerInnen bestehen, denn es gibt keine rechtliche Sicherheit hinsichtlich des Geländes, das angeblich der CGN gehört, was diese mit den Räumungsangriffen untermauern wollte. Die Q´eqchí-Gemeinden warten noch auf die offizielle Benachrichtigung, dass der Nickelabbau losgehe. Ihr ablehnender Standpunkt stützt sich derweil auf externe Untersuchungen von Umweltorganisationen, die die Folgen der geplanten Arbeiten eindeutig für schädlich befinden, sowohl für Gesundheit und Entwicklung der Bevölkerung als auch für den Schutz der Naturressourcen. Regina Rivera, Pressesprecherin des Nickelunternehmens, informierte unterdessen, dass es neben dem Bau der vorgesehenen Metallaufbereitungsanlage in El Estor auch ein Elektrizitätswerk geben soll. Um frühere Befürchtungen zu entkräften, versicherte sie, dass das dafür benötigte Material und die Ausrüstung über die vorhandenen Strassen transportiert werden und nicht über den Río Dulce. Auch der Annahme des immensen Wasserverbrauchs zum Nulltarif für das Unternehmen versuchte sie den Wind aus den Segeln zu nehmen mit der Ankündigung, dass die CGN gedenke fortschrittliche Technologie einzusetzen zur Kühlung des Wassers in einem geschlossenen Kreislauf, so dass der Izabal-See nicht verschmutzt werde. Nach oben |
Während einerseits in El Estor und Umgebung also mit Spitzentechnologie die Naturressourcen aus der Erde geholt und auf den internationalen Markt gebracht werden, leben an den Bergabhängen der Sierra Santa Cruz, ebenda in El Estor und Livingston, mehr als 100 Familien in 26 Gemeinden: Ohne fliessend Wasser, Stromversorgung, Gesundheitsposten oder gar Schulen. Zur nächsten Stadt, El Estor, laufen die BewohnerInnen rund zwei Stunden zu Fuss von La Llorona aus, dem nächsten Dorf, und 14 Stunden, wenn sie in der entlegendsten Gemeinde, Salaucté, leben. Es gibt keine Strassen oder befestigte Wege. Und zugleich stehen sie, wie viele andere Gemeinden im Departement Izabal und andernorts, vor der Aussicht, ihre Dörfer verlassen zu müssen. In diesem Fall wollen die Bürgermeister und Kongressabgeordneten das Land an Holz- und Minenunternehmen in Konzession geben. Die mangelnde Versorgung mit grundlegender Infrastruktur der Dörfer stellt dabei ein billiges Mittel dafür dar, die Bevölkerung zum Wegzug zu bewegen. Grundsätzlich sind die AnwohnerInnen nicht unbedingt dagegen, ein Gelände zu räumen, vorausgesetzt, es wird ihnen ein angemessener Ersatzort und weiterführende Unterstützung zur Verfügung gestellt. So firmierten nun die BewohnerInnen der Gemeinde El Zapote, El Estor, mit den Autoritäten ein Dokument, das den Auftakt für die Verhandlungen über die Umsiedlung von 52 Familien aus dem Kerngebiet der Sierra de las Minas darstellt. Doch auch die Praxis der gewaltsamen Räumungen wird weiter angewendet. So wurden noch Mitte Juni in der gleichen Region, in den Gemeinden San Isidro und San Antonio las Minas, Izabal, die Wohnhäuser der Bevölkerung in Brand gesetzt. Timoteo Mendéz, einer der BewohnerInnen und Fachkraft beim Naturschutzrat CONAP, der an den vorherigen Verhandlungen teilnahm, in denen über die Umsiedlung der Familien diskutiert wurde, berichtete, dass Spezialkräfte der Nationalen Zivilpolizei (PNC) überraschend beim Patronatsfest von San Antonio auftauchten und ohne Verlesung irgendeiner richterlichen Anordnung das Feuer legten: "Es tat weh mit anzusehen, wie die Polizei unsere Häuser angezündet hat mit dem wenigen, was wir besitzen und der Ernte von Mais und Bohnen, während niemand des Dorfes sich zur Wehr gesetzt hat." Der lokale Vertreter des Menschenrechtsprokurats (PDH), Herculano Pop, erhielt anschliessend die Information, dass einige Familie die Nacht nach der Räumung auf dem Feld im Regen verbracht haben. Weder auf die eine noch auf die andere Weise wird der historische Landkonflikt der Region so bald gelöst werden, sind doch erst kürzlich 127 Jahre alte Dokumente aufgetaucht, die nachweisen, dass sowohl GrossgrundbesitzerInnen wie BäuerInnen als legale BesitzerInnen im Register eingetragen sind und unklar ist, wer die älteren Rechte einfordern kann. |
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