Oscar im Wunderland?
Fijáte 395 vom 10. Oktober 2007, Artikel 5, Seite 4
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Oscar im Wunderland?
Guatemala, 29. Sept. Dass Guatemalas Vergangenheit unterschiedlich betrachtet und gerade im Wahlkampf je nach Interesse ausgelegt wird, haben wir u.a. an Präsidentschaftskandidat Otto Pérez Molina gesehen. Der im Folgenden gekürzte Bericht über den Auftritt von Präsident Berger vor der UNO-Generalversammlung in der Tageszeitung elPeriódico ist ein Beispiel dafür, dass das auch mit der Gegenwart funktioniert. "…Am Donnerstag nutzte der Präsident von Guatemala, Oscar Berger, die Gelegenheit, sich von den UN zu verabschieden und er zog Bilanz über seine Amtszeit, die er als "eine Erfolgsgeschichte" bewertete. In 17 Minuten übersteigerte sich unser Landesoberhaupt vor Optimismus und Zufriedenheit und rühmte dessen, was er geschafft hat: Reaktivierung und Wachstum der Wirtschaft, solide Finanzstabilität, Reduzierung der Armut, Fortschritte in Sachen Menschenrechte, weitreichende Abdeckung der Bildung, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum der Gesundheitsdienstleistung, Umgestaltung des Flughafens, etc. Wir GuatemaltekInnen, die die Übertragung dieser fröhlichen Geschichte live auf CNN gesehen haben, waren perplex. Von welchem Land redet der Mann bloss? Die "Erfolggeschichte" schien eher wie ein Märchen, sehr ähnlich wie das von Alice im Wunderland. Was sonst sollte man denken, wenn Berger von finanzieller Stabilität spricht, während im letzten Jahr zwei grosse Banken zusammengebrochen sind? Glauben die GuatemaltekInnen wirklich, dass die Armut abgenommen hat, die jetzt noch bei einer Umfrage zu den Lebensumständen einen Wert von 51% annahm, während die extreme Armut 18,8% der Bevölkerung belastet? Berger versicherte, dass es Verbesserung in Sachen Bildung und Gesundheit gegeben habe. Nach oben |
Erinnert er sich denn nicht an die Gründe der wiederholten und langandauernden Streiks der LehrerInnen und des monatelangen Ausnahmezustandes der nationalen Krankenhäuser? Noch mehr jedoch verwundert, dass der Regierungschef vor der ganzen Welt beteuerte, dass sich in Guatemala der Respekt der Menschenrechte verbessert habe. Und die soziale Säuberung, die Todesschwadronen zugeschrieben werden, die sich in den staatlichen Sicherheitskräften eingenistet haben? Wenn das Panorama wirklich so hoffnungsvoll ist, warum hat er dann die Vereinten Nationen darum gebeten, dass sie Guatemala den Rettungsring in den Swimmingpool werfe, in dem das Land untergeht? " |
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