¡Híjole...! Die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Wenn ich ein Oligarch wäre
Fijáte 433 vom 22. April 2009, Artikel 6, Seite 6
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¡Híjole...! Die monatliche Kolumne von Fernando Suazo: Wenn ich ein Oligarch wäre
Wenn ich ein Oligarch wäre, würde ich darauf achten, einen Kongress zu meinen Diensten zu haben, der aus lauter korrupten Abgeordneten besteht, je unpräsentabler sie sind, desto besser. Natürlich würde ich schauen, dass es ein paar Typen darunter hätte, die ihr Gesicht bewahren können, genau so viele wie es braucht, damit die Leute sich an die Scham und Impotenz gewöhnen, "Landesväter" zu haben, von denen sie nichts erwarten können, und sich gezwungen sehen, dies zu akzeptieren, denn: dies ist eine Demokratie. Ein Kongress selbstverständlich, der zugunsten meiner Klasseninteressen entscheidet (die nichts mit den Interessen der Nation zu tun haben): Meine Interessen bezüglich der Naturressourcen, meiner Steuererleichterungen, meiner Strategien für die soziale Kontrolle ... Im Gegenzug würde ich den Abgeordneten erlauben, ihre krummen Geschäfte zu betreiben, würde ihnen Gesetzesaufschübe gewähren, zum Beispiel in Sachen Waffenbesitz, und hätte sie so in der Hand. Ich würde eine amoralische politische Klasse fördern, kurzfristig denkende Parteien, denen jedes Gefühl für ein nationales Projekt abgeht, die "wegwerfbar" sind und immer dazu bereit, eine sündhafte Transaktion zu begehen. Mit den Streitkräften würde ich ihre immensen Privilegien aushandeln (ihren Teil des Budgets, ihre Straflosigkeit für Kriegsverbrechen und für illegale Geschäfte). Im Gegenzug müssten sie bei der Durchsetzung unserer Klasseninteressen kollaborieren und unsere sozialen Kontrollmechanismen mittragen. Die Armee und ich würden nicht erlauben, dass die Öffnung der Militär- oder Polizeiarchive unser Tarnsystem von Straflosigkeit tangieren, welche unser politisches Projekt garantieren - dafür würden wir sogar die Frau des Menschenrechtprokurators entführen und foltern. Es ginge darum, das Justizwesen so korrupt und ineffizient wie möglich zugunsten der Völkermörder, der Diebe am Volksvermögen und der Komplizen des organisierten Verbrechens zu gestalten. Ich würde von den Richtern erwarten, dass sie mit oder ohne Recht die Gesetze wortgetreu anwenden gegen Bauernführer wie Ramiro Choc, gegen VerteidigerInnen der Naturressourcen oder gegen alle jene, welche die kontrollierte Straflosigkeit, das exklusive Gut unserer Klasse, gefährden. Ich würde tolerieren, dass der Präsident der Republik eine Sprache und Gesten wählt, die meine kolonialen, liberalen oder aus der Zeit des kalten Krieges stammenden Vorfahren nie ertragen hätten (wie z. B. einem alten Indio die Hand zu küssen und sich zu seinem Schüler zu erklären; oder zuzugeben, dass es Genozid gab; oder zu versprechen, dass die Militärarchive für die Öffentlichkeit geöffnet werden; oder VertreterInnen der Linken in die Regierung aufzunehmen ...). Der Präsident kann machen und sagen, was er will, solange er vollzeit für uns, die Besitzer des Landes, arbeitet. Wenn ich ein Oligarch wäre, würde ich zur Entwürdigung der Institutionen beitragen und diese über die Massenmedien verbreiten. Damit würde die Privatisierung des öffentlichen Dienstes begünstigt: Kommunikation, Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Wohnungsbau ... Ich würde die Massenmedien, die Jugendbanden, die staatlichen Sicherheitskräfte, die illegalen Körperschaften und klandestinen Apparate aktivieren, um die Angst der Bevölkerung aufrechtzuerhalten (Frauenmorde, tägliche Verbrechen in den öffentlichen Transportmitteln, Gerüchte, die Panik provozieren etc.); ich würde alles daran setzen, dass das Innenministerium und speziell die Zivile Nationalpolizei an Glaubwürdigkeit verlieren. Nach oben |
Ich würde die Anarchie in den Institutionen stimulieren mit dem Ziel, Panik in der Gesellschaft zu provozieren und aufrechtzuerhalten, aber ich würde darauf achten, dass der Kongress mit griffigen Gesetzen diejenigen Delikte bestraft, die aus "finanzieller Panik" begangen werden. Wenn ich Oligarch wäre, würde ich die nationalen Nachrichten kontrollieren, die an die Bevölkerung gelangen: Ich würde dafür sorgen, dass die Menschen durch die Angst, die Entsolidarisierung, die politische Frustration, die Verzweiflung und den Fatalismus demobilisert würden. Ich würde erotische Ersatzbefriedigungen in Form von Bildern fördern, die Gewalt verharmlosen, und zwar insofern, dass diese nie gegen eine bestimmte Klasse oder ethnische Gruppe gerichtet erscheint und auch nicht den Anschein macht, dass ihre Ursache in der Rache oder in der Suche nach Gerechtigkeit für Kriegsverbrechen liegt. Ich würde die Interessen und die Bevorteilung der transnationalen Unternehmen decken und die kommunalen Kämpfe um die Naturressourcen kriminalisieren; alle Nachrichten über Volksabstimmungen auf Gemeindeebene gegen die Megaprojekte würde ich manipulieren oder zensieren. Ich würde darauf achten, dass alle internationalen Informationen, welche die USA und den neoliberalen Kapitalismus betreffen, einen positiven Touch haben. Antiimperialistische Projekte wie jenes von Kuba oder solche, wie sie aktuell auf dem Kontinent mehrfach im Entstehen begriffen sind, würde ich lächerlich machen. Und ich würde deutlich machen, dass weder wir noch die bewaffneten Streitkräfte zulassen, das in Guatemala eine linke Regierung an die Macht käme, so wie das jüngst in El Salvador der Fall war - auch wenn wir dafür ein paar harte Schläge in Kauf nehmen müssten. Wäre ich ein Oligarch, wäre dieses gescheiterte Guatemala mein Paradies. |
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