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Psychotisierende Gewalt

Fijáte 432 vom 08. April 2009, Artikel 3, Seite 4

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Psychotisierende Gewalt

Entgegen der Ankündigung durch Präsident Colom, die Gewalt würde schon am nächsten Tag zurückgehen, forderte diese am Mittwoch weitere Opfer, darunter ein 85jähriger Mann, der kurz vor dem Überfall den betroffenen Bus erst betreten hatte, sowie ein zweimonatiges Baby, dessen Mutter erst, nachdem sie nach der Schiesserei im Bus heimgerannt war, dort feststellte, dass ihr Kind von einem Querschläger getroffen war. In Folge dieser Nachrichten kochten die Emotionen erneut hoch.

Konkreter Anlass für die Gewaltepisode am 24. sei, so Colom und Gándara, die Aufdeckung eines Meutereiplans für den 8. April in den vier Haftanstalten, um die kürzlich inhaftierte Gruppe des mexikanischen Drogenkartells "Los Zetas" zu befreien. Diese sitzen unter anderem auf Grundlage der Ermittlungen der Internationalen Kommission gegen die VGStraflosigkeitNF in Guatemala (VGCICIGNF) wegen der VGMassakerNF, die es seit letztem Jahr zwischen Drogenbanden gegeben hat, in Untersuchungshaft. Die Mordaktion am 24./ 25. und die damit beabsichtigte Provokation eines Regierungs- und Sicherheitschaos sollte die Aufmerksamkeit der Zuständigen auf sich ziehen und die Flucht der Inhaftierten erleichtern, so die Vermutung.

Während sowohl Menschenrechtsorganisationen Coloms Auftritt als ängstlich und schwach bewerten und konkrete Taten statt Worte fordern - darunter den Schutz von RichterInnen und die Säuberung der staatlichen und Regierungsreihen von FunktionärInnen, die den Kampf gegen die Sicherheit und gegen das organisierte Verbrechen behinderten - versichert der Präsident zuversichtlich, dass es ´nach der langen Nacht, die auf Guatemala liege, ein institutionelles Morgengrauen geben werde´. Drei Aktionen kündigte er sogleich an: die Schaffung einer Sonderermittlungskommission, die sich um die Morde an den Busfahrern kümmern wird, die zügige Beantragung der Verlängerung des Mandats der CICIG sowie die Verstärkung der öffentlichen Sicherheit. Im Moment sind diesbezüglich vermehrt SoldatInnen auf die Strasse geschickt worden.

Doch der Aspekt der CICIG-Aktivitäten, die inzwischen durchgreifende Resultate zeitigen, wird neben anderen gleichzeitig als ein Grund genannt, wegen dem das organisierte Verbrechen und die in irgendeiner Form mit diesem in Verbindung stehenden Personen nervös zu werden scheinen.

Dazu summieren sich die just für den 24. angekündigte und mittlerweile tatsächlich vollzogene Verabschiedung des VGWaffenNF- und Munitionsgesetzes, die Ankündigung einer Nationalen Vereinbarung zum Fortschritt der Sicherheit und Justiz, dann, ebenfalls am 24., die Eröffnung des Archivs der VGNationalpolizeiNF, das vom VGMenschenrechtsprokuratNF (PDH) seit 2006 analysiert und gesichert wird, für die Allgemeinheit, sowie die Präsentation eines ersten Berichtes darüber (siehe sep. Artikel). Und schliesslich die überraschende Festnahme von ehemaligen Miltärs wegen der Millionenhinterziehung im VGVerteidigungsministeriumNF unter Ex-Präsident Portillo (siehe sep. Artikel). Alles also tatsächlich Schritte, die noch manch anderen, der sich bislang unter dem allgemeinen Schweigen und der garantierten Straffreiheit sicher gefühlt hat, aufschrecken können.

Gemäss der Angaben des Nationalen Forensikinstituts (VGINACIFNF) sei die Mordrate nach der Eskalation Mitte der vorletzten Woche tatsächlich bereits erheblich zurückgegangen und die von Colom genannten Festnahmen durchgezogen.


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