Wer ist Gregorio Valdés?
Fijáte 437 vom 17. Juni 2009, Artikel 2, Seite 1
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Wer ist Gregorio Valdés?
Ein Name, der im Zusammenhang mit den Anschuldigungen von Rodrigo Rosenberg immer wieder auftaucht, ist jener von Gregorio Valdés O'Connell. Er wird von Rosenberg direkt beschuldigt, zusammen mit dem Präsidenten der Republik, dessen Frau und dessen Privatsekretär, den Mord an Khalil Musa und dessen Tochter sowie seinen - Rosenbergs - Mord zu verantworten. Von Valdés heisst es, dass er seit 1986 Financier der verschiedenen Regierungen sei und enge Verbindungen zum organisierten Verbrechen habe. Trotzdem hat Valdés, der aus einer der Elitefamilien des Unternehmertums stammt, bisher wenig Aufmerksamkeit von den guatemaltekischen Medien erfahren. Inforpress Centroamericana hat dem abgeholfen und eine ausführliche Zusammenstellung über Valdéz geschäftliche Machenschaften zusammengestellt. Ein wunderbares Beispiel, um die Verfilzung von Geld, Macht, Politik, Militär und illegalen Geschäften aufzuzeigen. Im Jahr 2005, unter dem damaligen Präsidenten Oscar Berger, beabsichtigte die guatemaltekische Regierung, den Kauf von zehn Flugzeugen und die Reparatur von weiteren zehn bei einem Unternehmen von Valdés zu beauftragen. Das Unternehmen namens Distribuidora Piper ist eine Tochterfirma der US-amerikanischen Bell Helicopter Textron. Das Flugzeug-Geschäft wurde publik, weil es ohne öffentliche Ausschreibung hätte abgewickelt werden sollen und auf Druck des guatemaltekischen Kongresses versprach der damalige Verteidigungsminister Carlos Aldana, den Auftrag öffentlich auszuschreiben, was jedoch nie geschah. Das Geschäft wurde auf Eis gelegt, da Valdés O'Connell die einzige ernsthafte Offerte einreichte (seine Konkurrenten, die russische Rosobonexport und die brasilianische Embraer erfüllten scheinbar die notwendigen Kriterien nicht). Das suspendierte Geschäft wurde vor zwei Jahren wieder aufgenommen, als Präsident Colom nach einer Brasilienreise den Kauf von sechs Flugzeugen des Typs Súper Tucano ankündigte, bestimmt für Polizei- und Militäreinsätze im Kampf gegen den Drogenhandel. Embraer hat nun doch das Rennen gemacht, bezahlt werden sollen sie mit einem Darlehen von 99 Millionen US-$ der Brasilianischen Exportbank. Dieses Beispiel zeigt die Stellung, die Gregorio Valdés O'Connell in der politischen Welt Guatemalas hat, sei es als Financier von Wahlkampagnen, als Vertragspartner bei öffentlichen Bauten oder im Dienstleistungssektor. Aktuell ist er einer der Hauptlieferanten des Staates: Sowohl sein Bau- und Baumaterialienunternehmen CONYMA wie auch das Festnetztelefonunternehmen TELENORSA oder eben die Distribuidora Piper stecken dick im Geschäft mit dem Staat: Von 2005 bis 2007 gingen im Fluggerätebereich Aufträge des Staates Guatemala für 23,8 Mio. Quetzales an Unternehmen von Valdés. Die Auftraggeber waren das Innen- und das Verteidigungsministerium sowie das Sekretariat für administrative Belange und die Sicherheit des Präsidenten (SAAS). Unter anderem wurden Waffen, Munition und Hubschrauberersatzteile geliefert. Doch nicht nur der guatemaltekische Staat gehört zu Valdés´ Kunden: Im Jahr 2000 verkaufte er über sein Unternehmen Distribuidora Piper einen Helikopter an den damaligen nicaraguanischen Präsidenten Arnoldo Alemán. Valdés O'Connell ist zusammen mit Luis Francisco Valdés Zeceña Geschäftsführer der Construcción y Materiales, S.A. (CONYMA). CONYMA erhielt in den Jahren 2007 und 2008 dreizehn staatliche Aufträge mit einem Volumen von 304 Mio. Quetzales. Von Januar bis April 2009 wurden an das Unternehmen sieben Projekte mit einem Volumen von 331,7 Mio. Quetzales vergeben. Derweil erhielt TELENORSA seit 2005 Aufträge in Höhe von 28,1 Mio. Quetzales. Bezeichnend für den Erfolg von Valdés O'Connell ist seine Fähigkeit, immer die richtigen Geschäftspartner zu finden und opportune unternehmerische Allianzen einzugehen. So wurde TELENORSA, spezialisiert auf den Kommunikationsservice in ländlichen Gebieten, genau im Jahr 1997 gegründet, als der damalige Präsident Alvaro Arzú das staatliche Telefonunternehmen GUATEL privatisierte. Heute ist TELENORSA Exklusivpartner des Fonds für telekommunikative Entwicklung, der 1996 gegründet wurde und mit staatlichen Geldern Kommunikationsprojekte auf dem Land fördert. Zu verdanken hat Valdés O'Connell den Erfolg von TELENORSA nicht zuletzt Alberto Arzú Arriola († 2007). Arzú Arriola, Mitglied der Oligarchen-Familie García Granados, besetzte einen wichtigen Regierungsposten unter Präsident Arzú und gründete 1987 zusammen mit Valdés O'Connell das Unternehmen Frutos del Mar, das sich später zum guatemaltekischen Hauptproduzenten und -exporteur von Garnelen entwickelte. Der Vollständigkeit halber noch ein Blick auf die Geschichte von Distribuidora Piper: Das Unternehmen wurde 1986 von Grossgrundbesitzer und Kaffeebaron José María Valdés Garcia, Gregorios Vater, gegründet. (Vater Valdés war lange Jahre wichtiger Teilhaber und Präsident der Banco del Agro. Diese fusionierte im Jahr 2000 mit der Banco Agrícola Mercantil zur Banco Agromercantil, deren aktueller Präsident Gregorios Bruder José Luis Valdés O'Connell ist.) Vielleicht begann das Geschäft als Zulieferer des Staates im Jahr 1974, als Vater Valdés Garcia der guatemaltekischen zivilen Luftfahrt ein zweimotoriges Flugzeug Piper Azteca verkaufte…) Ursprünglich gegründet als Unternehmen für die Reparatur und den Verkauf von Helikoptern der Marke Bell, wandelte sich die Distribuidora Piper bald zum führenden Händler im Aviatik-Bereich sowie zum Zulieferer für Militär- und Polizeiequipment. Nebst Schmierfett für die Staffel der guatemaltekischen Luftwaffe liefert das Unternehmen auch die Ausrüstungen und Monturen für die Anti-Aufstandseinheiten der Zivilen Nationalpolizei (PNC). Nach 1994 wurden verschiedene Unternehmungen gegründet, die sich auf die Vermietung von Flugzeugen und den Flugtaxi-Dienst spezialisierten und ihren Sitz in den Hangars 7 und 13 des Flughafens La Aurora haben. Genau dort, wo u.a. auch die Distribuidora Piper ihre Büros hat. Die beiden Hangars wurden im Rahmen der Untersuchungen im Fall Rosenberg kürzlich von der Staatsanwaltschaft und der Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) durchsucht. Grund dafür war vermuteter Drogenhandel, der über diese Unternehmen abgewickelt werden soll. Nach oben |
Anwalt Rosenberg deutet an, dass der Drogenhandel hinter dem politischen Komplott steckt, den er in seinem Video denunziert. Die dunklen Geschäfte, in die das Imperium von Valdés O'Connell involviert ist, wurden bisher nie untersucht. Den Finger auf die Wunde gehalten hatte jedoch bereits vor Jahren Celerino Castillo, ein Ex-Agent der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA, der in einem Buch sehr detailliert die Verbindungen der Distribuidora Piper und Valdés O'Connell mit dem Drogenhandel und mit Geheimdienstaktivitäten aufzeigt. Gemäss Castillo soll Váldéz O'Connell der Privatpilot des CIA-Chefs in Guatemala und des Chefs der DEA gewesen sein. Ein weiterer Fall, der den Unternehmer indirekt mit dem Drogenhandel in Verbindung bringt, ist jener seines Geschäftspartners Carlos Benjamín Castañanza Gutiérrez, der als Pilot für den unterdessen an die USA ausgelieferten Drogenbaron Otto Herrera sowie als Fluglehrer für dessen kolumbianischen Zulieferer arbeitete. In einem bei Valdés O'Connell angemieteten Helikopter stürzte im Jahr 1994 der damalige Präsidentschaftskandidat der Rechtspartei Movimiento de Liberación Nacional (MLN), der Kaffeeunternehmer José Pablo Donado García, tödlich ab. Der Unfall wurde klar als ein Sabotageakt beurteilt, mit dem Ziel, Donado García zu eliminieren. José Ruben Zamora, Direktor der Tageszeitung elPeriódico wies kürzlich auch die engen Verbindungen zwischen Valdés O'Connell und Roy Dedet nach, der seit Anfang der 90er Jahre als Pilot der jeweiligen Präsidenten arbeitet und dem enge Beziehungen zum Drogenhandel nachgesagt werden. Als Sprössling des Valdés-Clans, der seinen Reichtum durch Kaffeehandel und Viehzucht angehäuft hat, ist Gregorio auch in den grossflächigen Anbau von Ölpalmen involviert, aktuell noch für die Produktion von Seife und Kosmetika. Im Garnelenhandel ist Valdés O'Connell eng liiert mit dem Kubaner Domingo Moreira, ehemalige Führungsperson von Mas Canosas Fundación Cubano Americana (FNCA), die sich als "Stimme und Aktion aus dem Exil gegen die Diktatur Castros" bezeichnet. Wer eine solche Biographie aufzuweisen hat, muss sich nicht wundern, des Mordes angeklagt zu werden … Nachtrag:Der grösste vom Staat in den letzten Jahren vergebene Auftrag in Höhe von 870 Mio. Quetzales ging 2008 an das Unternehmen Easy Marketing, welches mit der Herstellung der neuen guatemaltekischen Identitätskarten beauftragt wurde. Gemäss jüngsten Untersuchungen der staatlichen Rechnungsprüfungskommission hatte bei der Vergabe dieses Auftrags die Korruption ihre Hand im Spiel: Easy Marketing erfülle diverse Bedingungen nicht, die in der Ausschreibung festgelegt waren. Das Unternehmen wurde z.B. erst am 8. Februar 2007 ins Handelsregister eingetragen, verfügte also nicht über das verlangte Minimum von drei Jahre Arbeitserfahrung. Ebensowenig hatte das Unternehmen eine bereits bestehende Datenbank mit mindestens 20'000 Personen vorzuweisen, was ebenfalls eine Bedingung für den Zuschlag war. Als Verantwortliche für das Unternehmen sind im Handelsregister Andrea Contreras Vidaurre, sowie zwei 28- bzw. 29-jährige Mitgesellschafter aufgeführt. Völlig unbekannte Namen. Als Aktionär hingegen zeichnet u. a. Gregorio Valdés O'Connell. Gemäss Aussagen der Geschäftsleitung von Easy Marketing habe das Unternehmen mit der Bewerbung keine illegale Handlung begannen. Zwar verfüge es selber nicht über die verlangte Erfahrung im Bereich der Herstellung von Identitätspapieren, das von Easy Marteking in Vertrag genommene Sub-Unternehmen, der französische Multi SAGEM, hingegen schon. SAGEM wurde bereits in mehreren Ländern beschuldigt, öffentliche Angestellte geschmiert zu haben, um an ähnliche Aufträge zu kommen. (Derweil ein Dankeschön an die unbekannte Person, welche im deutschsprachigen Wikipedia höchst aktuell die Biographie von Valdés aufgearbeitet hat.) |
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