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Der Fall Rosenberg wird zur Schlammschlacht

Fijáte 437 vom 17. Juni 2009, Artikel 3, Seite 3

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Der Fall Rosenberg wird zur Schlammschlacht

Die Mediatisierung der Zeugenaussagen führte dazu, dass der Fall Rosenberg verstärkt politisiert wurde. Die UNE betrachtet die Deklaration von Pérez León - gegen die Patriotische Partei - als wahr und forderte tiefgehende Ermittlungen. Dagegen bezeichnet die Patriotische Partei die Situation als Inszenierung und beschuldigt jetzt den vormals respektierten Pérez León als kriminell und Erpresser mit einer weitreichenden Verbrechensliste.

Gleichwohl war es die Patriotische Partei, welche die schärfste Zunge gegen die Regierung geführt hatte und als erste Präsident Coloms Rücktritt forderte. Für die UNE bietet sich indes die Gelegenheit, um zu kontern und politischen Raum zurückzugewinnen, den sich die Patriotische Partei mittels des vermeintlichen Mordkomplotts gegen sie erobert hatte.

Gemäss der CICIG ist Pérez León nicht länger geschützter Zeuge. Verschiedene Zeitungen gaben derweil an, er habe mit seiner Familie das Land Richtung VGMexikoNF verlassen.

Die richterliche Verfügung die anordnet, die Ermittlungen in den Fällen Rosenberg und Musa diskret zu halten, um zu verhindern, dass noch mehr über Informationen spekuliert wird und die Politisierung des Falles zunimmt und in der Absicht, bessere Ermittlungsbedingungen zu schaffen, löste vielmehr das Gegenteil aus: Vielfältige Interpretationen verschleiern das Panorama.

So haben sowohl die politischen Kräfte wie die Unternehmenseliten, getrieben von ihren jeweiligen Interessen und ihrer Rivalität, verschiedene Erklärungsszenarien aufgebaut, die das Vorankommen der Arbeit der CICIG erschweren. Diese sieht sich derweil vor der Herausforderung, in diesen turbulenten Wassern zu navigieren, in denen der Verwaltungsapparat der Justiz und vor allem die Staatsanwaltschaft die schwere Last tragen, in diesen Fällen zu ermitteln.

Das Engagement der CICIG, die immer wieder die Notwendigkeit der juristisch-professionellen Arbeit in den Vordergrund stellt, die Ermittlungsbemühungen, die unternommen werden, unterstreicht und ihre eigene Neutralitätsverpflichtung verkörpert, hat unterdessen dazu beigetragen, die Krise, die die Regierung über sich kommen sah, abzuwenden und die politische Instabilität etwas zu reduzieren. Präsident Colom beobachtet, dass das Image der Regierung innerhalb des Landes inzwischen wieder etwas gestiegen sei, während dessen hinsichtlich des Auslandes noch eine Menge zu tun sei, um dieses einigermassen wieder herzustellen.

Der Privatsektor bekundet indes seine Unterstützung der CICIG, stellt jedoch die Staatsanwaltschaft in Frage. Auf der anderen Seite forderte der Unternehmensverband VGCACIFNF in bezahlten Anzeigen in der Presse die gerichtliche Rechnungsprüfung der im Video von Rodrigo Rosenberg illegaler Geschäfte beschuldigten VGLändlichen EntwicklungsbankNF (BANRURAL) und speziell die Ermittlung der Treuhandfonds, die in Verbindung mit dem VGKaffeeNF-Sektor stehen. Bankenaufsichtschef Edgar Barquín versichert derweil, in der BANRURAL würde kein Geld gewaschen. Er fügt hinzu: "Wenn der CACIF Beweise für seine Vorwürfe illegaler Geschäfte hat, soll er bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten, anstatt Anzeigen in der Presse zu schalten."

Die Landwirtschaftskammer hat ihrerseits den Rücktritt des Generalstaatsanwalts Amílcar Velásquez Zárate gefordert, da bislang die ProtagonistInnen der Regierung, die Rosenberg in seinem Video nennt, noch nicht vernommen worden seien. Velásquez verteidigt sich indes, dass weder die CICIG noch die Staatsanwaltschaft die genannten Personen nicht vorgeladen habe, da, im Sinne des Prozesses und aufgrund von Ermittlungsangelegenheiten, noch nicht der geeignete Moment dafür gekommen sei. Ausgeschlossen ist diese Option aber nie gewesen. Unklar bleibt damit, wie viel Glaubwürdigkeit den Aussagen des vermeintlichen Zeugen Pérez León geschenkt wird, die die Beteiligung von hohen RegierungsfunktionärInnen ausschliesst und die Verantwortung der Patriotischen Partei überträgt, der Akteurin, die von der Regierung beschuldigt wird, Pläne zur Destabilisierung des Landes anzuführen.

Parallel dazu gibt es noch einen Nebenschauplatz der Beschuldigungen. Der Unternehmer Gregorio Valdés O´Connell (siehe Hintergrundartikel) reichte mittels seines Anwalts, dem ehemaligen Abgeordneten Telésforo Guerra, Anzeige gegen den Sicherheitsexperten Luis Mendizábal ein, der sich als Freund von Rosenberg bezeichnete und als solcher nach dem Mord an diesem die Kopien des Videos verteilte. Die Anzeige lautet auf unterlassene Anzeige und Beihilfe, denn, so Anwalt Guerra, "Mendizábal wusste von den kriminellen Taten, die der Anwalt denunzierte, und hat nichts gesagt, und damit hätte er dessen Tod verhindern können".

Valdés O´Connell, der von Rosenberg in dessen Video als einer derjenigen bezeichnet wird, die seinen (Rosenbergs) Mord organisiert hätten, versichert unterdessen, dass die Aussagen von Mendizábal vor der Staatsanwaltschaft ihn mit Taten in Verbindung bringen, die er "niemals" begangen habe. Ausserdem wies er die Durchsuchungen seiner Firmen zurück, die nichts mit den mutmasslich denunzierten Tatsachen zu tun hätten. Was Mendizábal ausgesagt haben soll, verschweigt Valdés hingegen. Doch ist öffentlich bekannt, dass beide Personen eine dunkle Vergangenheit haben, die bislang wenig untersucht wurde.


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