Regierungspolitische Perspektiven für 2006
Fijáte 351 vom 18. Jan. 2006, Artikel 3, Seite 3
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Regierungspolitische Perspektiven für 2006
Guatemala, 11. Jan. Soziale Investitionen, Schaffung von Produktionsbedingungen, Umweltnachhaltigkeit und integrale Sicherheit sind die vier Punkte, die die Regierungspolitik während 2006 ausweisen sollen, so das Resümee der zweitägigen Kabinettsitzung, bei der beschlossen wurde, mit der Agenda fortzufahren, die 2004 in Angriff genommen wurde. Laut Bergers eigener Formulierung habe man "konkrete Ziele" abgesteckt, um "die Lebensqualität der Mehrheit" zu verbessern, er vertraue darauf, dass es zum Wohlstand kommen werde, so der Präsident, der diese Phantasie noch bildhaft ausmalte: "2006 wird das Jahr der Ernte dessen sein, was wir während zwei Jahren ausgesät haben", stellt er in Aussicht. Eine halbe Stunde lang präsentierte Vizepräsident Eduardo Stein dann die geplanten Aktionen. Beibehaltene konkrete Priorität für die Exekutive sind die Infrastrukturprojekte wie die Strasse der Franja Transversal del Norte und die Umgehungsstrasse um die Hauptstadt, der Anillo Metropolitano (siehe ¡Fijáte! 348). Der Wiederaufbauplan nach Hurrican Stan würde erst später vorgestellt, stelle aber ebenfalls eines der "Erfolgsziele" für die Regierung dar. Die übrigen Ankündigungen blieben hingegen eher vage. Die beiden Exekutivführer erklärten derweil, dass die Richtlinien als "generell" zu verstehen seien und Antworten auf die je eigene Politik darstellten, die in den jeweiligen Sekretariaten und Ministerien auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. Neben der Ausweitung von Dienstleistungen in den Sektoren Bildung und Gesundheit, sollen die indigenen Völker unterstützt werden und dem Thema der Lösung von Landkonflikten mehr Beachtung geschenkt werden. Zudem sollen die Mittel erhöht werden, um die reproduktive Gesundheit zu gewährleisten und 300 soziale Apotheken sollen eröffnet werden. Die Integration der indigenen Völker soll ganz einfach gelöst werden: Und zwar mit einem Programm, mittels dessen 300 junge Indígenas eine Anstellung in der öffentlichen Verwaltung erhalten sollen. Steins Kommentar dazu klingt schwach: "Es gibt eine sehr lang aufgeschobene Agenda, um den Ausschluss der Indígenas und die Agrarkonfliktivität zu vermeiden." Auch die Konsulardienste im Ausland sollen ausgeweitet und verbessert werden und ferner in den nächsten Monaten die Gehaltspolitik revidiert werden, "um das Einkommen der guatemaltekischen Familien zu verbessern", so der Präsident. Ein weiteres Aktionsangebot ist die Stärkung des Kampfes gegen Korruption und der Transparenz im öffentlichen Dienst. Sowohl Berger als auch Stein erkannten an, dass der Kampf gegen das Verbrechen und die Garantie von öffentlicher Sicherheit eine der Schwächen der bisherigen Administration seien, deswegen kündigten sie die Stärkung der Gemeindearbeit und der Zusammenarbeit mit anderen, nicht weiter definierten Institutionen an. Die dafür geplante "integrale Strategie" beinhaltet laut Vize Stein fünf Prioritäten, deren teilweise umständlichen Betitelungen und ihr inhaltliches Durcheinander bereits als potentielle Umständlichkeiten in der Umsetzung zu interpretieren sind. "1. Primäre fokalisierte urbane Prävention. Diese besteht aus einem Nationalen Pakt für die integrale Sicherheit und aus einem Nationalen Pakt für die Sicherheit von Frauen. Dazu gehört die Ausstattung mit öffentlicher Strassenbeleuchtung von 150 Stadtvierteln in der Hauptstadt und städtischen Gegenden im Landesinneren, da davon ausgegangen wird, dass davon ein grosses Mass an Sicherheit in den Gemeinden abhängt. Angesichts des Problems der so genannten Maras (Jugendbanden, die Red.) soll die Nationale Kommission für Verbrechensprävention mittels multifunktionaler Jugendzentren gestärkt werden. 2. Lokale und Kommunale Prävention mit BürgerInnenbeteiligung. Diese beinhaltet drei fokalisierte Ziele: Erstens, das Programm der Gewährleistung munizipaler Sicherheit - co-finanziert von der Zentralregierung und den Bürgermeistereien, zweitens, die Supervision lokaler Ausschüsse, Ausweitung ihrer Präsenz und Ausstattung mit Schwerpunkt auf die Bereiche des Kulturerbes und Heilige Stätten und drittens, das Programm der Stärkung und Professionalisierung der Nationalen Zivilpolizei (PNC). Nach oben |
3. Justizsektor. In Sachen Unterstützung des Justizsektors soll zum einen der Posten des Vierten Vizeministers gefestigt werden, der geschaffen wurde, um die Themen der Kriminalermittlung im Gerichtswesen und der Staatsanwaltschaft zu begleiten, und zum anderen soll das System des Zivilen Geheimdienstes weiterentwickelt werden." 4. Gefängnissystem. In diesem Zusammenhang soll ein Gefängnis für mindere Verbrechen eingerichtet werden, womit "diejenigen BürgerInnen, die zeitweilig mit dem Gesetz in Konflikt treten, die aber nicht wegen schwerwiegenden Themen der Strafverfolgung verbannt werden, separat untergebracht werden sollen", so der Vizepräsident. Für die Umstrukturierung des gesamten Systems bedürfe es jedoch notwendigerweise einer angemessenen Gesetzgebung, präzisierte er. 5. Sicherheitsgesetze. Die fünfte Achse der integralen Sicherheitspolitik soll sich übersetzen in die Anstrengung, dass diejenigen Gesetze vom Kongress gebilligt werden, die die Staatsinstitutionen mit den notwendigen Mechanismen ausstatten, um Sicherheitsvoraussetzungen zugunsten der Bevölkerung zu schaffen. Für einige PolitanalystInnen müssten die grossmäulig von der Regierung angekündigten Ziele der nächsten zwei Jahre eigentlich Zielvorhaben sein, von denen nach den ersten zwei Amtsjahren inzwischen eine Evaluierung von Fortschritten vorliegen müsste anstatt sie als Aktionspläne jetzt erst in Angriff zu nehmen. Francisco García vom Zentralamerikanischen Institut für Politikwissenschaften (INCEP) ist der Ansicht, dass die Regierungsabsichten mit gewisser Skepsis zu betrachten seien und abzuwarten sei, ob sie erfüllt werden. "Es sind gewisse Bedingungen gegeben, um all das zu realisieren, was geplant wird, doch um die Ergebnisse auch wirklich zu erreichen, bedarf es politischen Willen", so García. Orlando Blanco vom Kollektiv Sozialer Organisationen (COS) fällt ein härteres Urteil. Er erklärt, dass die Regierungsziele selbst das Fehlen eines realen Plans aufwerfen: "Es besteht eine Unbeständigkeit in den Regierungsplänen. Es werden Aktionen durchgeführt, um auf die Konjunktur zu reagieren, aber nicht, um strukturelle Probleme zu lösen." Aktuelle Erfahrungen warnen ebenfalls vor allzu viel Optimismus hinsichtlich weitreichender Veränderungen in den nächsten zwei Regierungsjahren Bergers. In der Zusammenfassung des jährlichen Regierungsberichts, der in den nächsten Tagen veröffentlicht wird, sticht hervor, dass die Ziele, die sich die Amtsführung Bergers für 2005 vorgenommen hatte, völlig aus den Augen verloren wurden. Stattdessen werden andere Aktionen und neue Parameter ins Feld geführt. "Das Fehlen einer Übereinstimmung der Ziele aus dem vorherigen Bericht und den berichteten Aktionen aus dem vorliegenden spiegelt die Spontaneität wider, mit der die öffentliche Politik gehandhabt wird. Es werden vermeintliche Prioritäten gerühmt, doch von einer tatsächlich eingeschlagenen Richtung ist nichts zu erkennen", meint denn auch der Analyst Álvaro Velásquez. |
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