Neue Visionen für das Land?!
Fijáte 370 vom 18. Oktober 2006, Artikel 3, Seite 4
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Neue Visionen für das Land?!
Guatemala, 13. Okt. In 15 Jahren soll Guatemala anders aussehen! Das sieht der gerade von zehn Parteichefs und fünf EhrenzeugInnen unterzeichnete Visionsplan des Landes - kurz PVP - vor. Damit haben sich, so der oft betonte Vorteil dieses Plans im Unterschied zu vorherigen unterzeichneten und schliesslich in irgendeiner Schublade verschwundenen Vereinbarungen, die Parteien unabhängig von ihrer zukünftigen Machtstellung, zur Verfolgung der eingegangenen Verpflichtungen in vier Bereichen kompromittiert: demokratische Sicherheit und Justiz, Bildung, Gesundheit und Ernährung sowie Ländliche Entwicklung. Diese Themenkomplexe waren von der so genannten Facilitatorengruppe als besonders brisant für die Entwicklung des Landes auserwählt worden, und nach Diskussionsrunden mit den Parteien und Konsultationen von ExpertInnen stellte sie die Ergebnisse im "PVP" zusammengestellt. Diese Gruppe besteht aus 15 (und nicht, wie im Artikel "Ende des Grossen Nationalen Dialogs" im letzten ¡Fijáte! mit 14 angegeben) Personen, mehrheitlich aus dem Unternehmenssektor sowie einigen wenigen sozialen AkteurInnen. Mit ihrem Vorhaben orientierten sie sich am spanischen Pakt von Moncloa, firmiert im Oktober 1977, der u. a. die Bedingungen schuf, damit Spanien in die EU eintreten konnte. Während dort der König über die Einhaltung des Pakts wachte, fehlt es in Guatemala an einer entsprechenden anerkannten Autorität, aber auch an den iberischen vorteilhaften Rahmenbedingungen. Nichtsdestotrotz und als Ersatz schlägt die Facilitatorengruppe die ehemaligen Präsidenten Jimmy Carter der USA und Ricardo Lagos aus Chile als Paten vor. Damit der PVP jedoch erst einmal Boden gewinnt, liegt es nun am Kongress, den Themen entsprechende Rahmengesetze zu verabschieden, anvisiert bis zum 01.12. dieses Jahres. Und noch davor müssen zwei elementare Aspekte geklärt werden: Die als Querschnittsthemen für wesentlich bewerteten Kapitel Makroökonomie und Steuerreform und ferner das der Interkulturalität. Denn nur durch die nachhaltige Sicherung der Finanzierung macht der Plan Sinn und allein die Einbeziehung aller Kulturen des Landes erlaubt zumindest die Hoffnung, dass tatsächlich die gesamte Bevölkerung Nutzniesserin sein wird. Die groben Details des PVP: Die Vereinbarung über Sicherheit und Justiz plant die Umstrukturierung der jeweiligen Institutionen, die Schaffen eines Nationalen Sicherheitsrates sowie die eines Nationalen Justizverwaltungssystems. Die Zivile Nationalpolizei (PNC) soll gestärkt und das Gefängnissystem auf Vordermann gebracht werden. In Sachen Ländliche Entwicklung soll es Investitionsförderungen für kleine und mittlere Unternehmen, eine Förderung der Bäuerlichen Landwirtschaftsproduktion von der Subsistenz- hin zur Überschusswirtschaft sowie eine Zugangserleichterung und Regulierung des Landbesitzes geben. Nach oben |
Das Bildungsabkommen beinhaltet die Verpflichtung zum Respekt der Sprach- und Kulturzugehörigkeit sowie die Anpassung der Lehrinhalte an die Lebenswelt jeder Bevölkerungsgruppe; dem Bildungsressort sollen künftig 4% des BIP zukommen, was langfristig auf 7% erhöht werden soll. Im Gesundheitssektor ist vorgesehen, ein Nationales Gesundheitssystem zu schaffen, bestehend aus dem Gesundheitsministerium, dem Sozialversicherungsinstitut (IGGS) und Organisationen die Gesundheitsdienste leisten, der Sektor soll neu geordnet werden, um ihn zu dezentralisieren und den Bedürfnissen der Bevölkerung zu entsprechen und schliesslich soll das Sekretariat für Nahrungs- und Ernährungssicherheit gestärkt werden. Doch der Analyst Erwin Pérez warnt: Die Präsidentschaftswahlen sind nicht mehr fern und es sind UnternehmerInnen und somit potentielle WählerInnen - und nicht zu verachten: Financiers - die den PVP lancieren, während genau diese sich gegen Steuerreformen und eine Stärkung des Staates, die der PVP zur Durchsetzung braucht, seit eh und je wehren. Auch sei mit den Verpflichtungserklärungen der Parteien mit Vorsicht umzugehen, fehle es diesen doch an institutioneller Glaubwürdigkeit, was paradoxerweise das Produkt der Disqualifizierung von Seiten des Unternehmenssektors sei. |
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